Die Sache mit dem Kreuz – no gods, no masters

Es södert mal wieder dank der CSU. In Deutschland als Partei seit jeher für die Rechtsauslage, parlamentarisches Gekuschel mit Altnazis und deren Verharmlosung im postnazistischen Deutschland zuständig ordnet sie jetzt an in jeder bayerischen Amtsstube ein Kreuz anzubringen. Und das, obwohl es Amtsträger*innen in Deutschland nicht gestattet ist religiöse Symbole im Amt zu zeigen. Der Staat soll neutral sein, Neutralitätsgebot nennt sich dieser Rechtsgrundsatz. Das Kreuz, welches Söder dann höchstselbst im Eingangsbereich der bayerischen Staatskanzlei anbrachte, ist ein Geschenk eines Münchener Kardinals, wurde von diesem geweiht und enthält Darstellungen der Kreuzigung Christus‘. Zum Glück erklärt Söder dann aber noch mal, dass es sich dabei nicht um ein religiöses Symbol handelt: „Das Kreuz ist nicht ein Zeichen einer Religion“. Puh, gerade noch mal Glück gehabt.

 

Und so wird das Neutralitätsgebot in Deutschland immer weiter ausgehöhlt. Bundesweit klagen zum Beispiel Lehrerinnen auf das Recht mit einem islamischen Kopftuch unterrichten zu können, einige Entscheidungen stehen dazu noch aus. In Bayern, seit jeher ein erzkonservativ-katholischer Sumpf und Ausgangsregion der NSDAP in Deutschland, hat man es damit noch nie so genau genommen und Kreuze in Klassenzimmers waren und sind dort Usus. Der Staat zieht auch immer noch die Kirchensteuer ein, die Kirchen verfügen über diverse arbeitsrechtliche Ausnahmen und riesigen Immobilienbesitz, im strengen Sinne ist die BRD kein säkularer Staat.

 

Auch die ebenso großen wie hohlen Phrasen bleibt Söder natürlich nicht schuldig: „Das Kreuz ist das grundlegende Symbol der kulturellen Identität christlich-abendländischer Prägung“. Viel Ahnung scheint er von diesen Begriffen nicht zu haben, sind doch sowohl das Abend- wie auch das Morgenland christlich. Die beiden Begriffe gehen auf das christliche Schisma zurück, als die Teilung des Römischen Reiches in Westrom (Abendland) und Ostrom (Morgenland) auch eine Teilung der Kirche hervorbrachte. Nicht identisch sind die Begriffe mit Okzident und Orient, was in den meisten Köpfen aber offenbar gleichgesetzt wird. Mit der „kulturellen Identität“ spricht er zudem einen klassischen reaktionären Punkt an, der sich zum Beispiel heute bei der Identitären Bewegung wiederfindet.

Was ist denn jetzt das Abendland?

 

Der Begriff des Abendlandes ist zudem ein völlig sinnentleerter, verstehen doch ziemlich viele Menschen ziemlich unterschiedliche Dinge darunter. Die einen meinen damit den Okzident, Europa, den Westen. Wieder andere (vor allem im revolutionär-konservativen und faschistischen Spektrum) führen mit dem Begriff eine imaginierte Traditionslinie vom Römischen Reich über Karl den Großen, das Heilige Römische Reich Deutscher Nation und das Dritte Reich fort und sehen das abendländische Reich als einzig mögliche Erfüllung des deutschen Volkes. In der Zeit der Sowjetunion musste das Abendland dann gegen Horden aus dem Osten verteidigt werden (wie gegen die Hunnen und Türken damals), Pegida sieht inzwischen das Abendland dagegen in Russland und Osteuropa verteidigt und sowohl den Islam als auch den Westen als Feind an. Ursprünglich gab es auch den Namensvorschlag „Pegida“ anders zu nennen: „Patriotische Europäer gegen die Amerikanisierung des Abendlandes“, kurz „Pegada“. Einen Namen, den sich dann die Pegidaabspaltung um Kathrin Oertel schnappte. Für einige ist das Abendland die westliche Moderne, für andere das Europa vor der französischen Revolution. Für das Byzantinische Reich war das Abendland der Untergang, fielen die Kreuzfahrer damals nicht nur exklusiv in islamisch kontrollierte Regionen ein. Sie plünderten auch mehrfach Byzanz und verhalfen somit dem osmanischen Reich zum Aufstieg.

 

Söder ist das alles egal. Ihm geht es nur um Befindlichkeiten, auf die man wieder Rücksicht nehmen müsse. Christliche Tradition zum Beispiel. Da hat er sogar durchaus einen Punkt, hält die EU mit Deutschland an der Spitze Griechenland gerade hart unter der Knute und setzt damit, wenn man so will, die alte abendländische Tradition der Kreuzfahrer mit wirtschaftlichen Mitteln fort. Die Antwort Bayerns auf eine wie auch immer geartete Bedrohung der hiesigen Gesellschaft durch „den Islam“, wie real oder auch nicht sie sei, ist also Religion. Und Identität. Tolle Sache, damit gab es bisher ja auch noch nie Probleme.

Säkular oder gar nicht

 

Und es ist auch eine direkte Kampfansage an die Linke. Ein Kernthema linker Politik war schon immer die Religionskritik. Basis anarchistischen Denkens ist die Dekonstruktion aller künstlichen Autoritäten. Dazu zählt neben dem Einfluss von Zwangskollektiven wie Ethnie, Nationalität/Volk und Geschlecht auch die vollständige Ablehnung eines metaphysischen Hirngespinstes, welches genauso real ist wie Harry Potter und Alice im Wunderland. Die befreite Gesellschaft wird atheistisch sein oder gar nicht. In Zeiten, in denen der politische Islam immer weiter durch einen expansiven Drang gekennzeichnet ist (auch innerhalb und gegen die verschiedenen islamischen Strömungen) kann die Antwort keine religiöse sein. Wo auch immer Religion zur Ideologie wird, also mehr als privaten Trost spendet, muss die radikale Linke intervenieren. Der öffentliche Raum muss areligiös werden, alle religiösen Gemeinschaften können gerne sofort enteignet und unter anarchosyndikalische Kollektivverwaltung gestellt werden. Egal ob DITIB oder die katholische Kirche.

 

Die Säkularisierung hat an Schärfe verloren, in Zeiten des autoritären Aufbegehrens werden immer mehr reaktionäre Ideologien und Denkmuster nach öffentlichem Raum greifen. Auch Religionen und was Leute daraus dann an kruden Ansichten und Begründungen ableiten gehören dazu. Dem ist Einhalt zu gebieten. Religiöse Gefühle sind keine Befindlichkeiten, auf die man besonders Rücksicht nehmen sollte. Auf atheistische Gefühle nimmt auch niemand Rücksicht. Man hat ja alle Möglichkeiten sich des eigenen Verstandes zu bedienen und die Sinnlosigkeit religiöser Ansichten zu verstehen. Mit Ausnahme vielleicht des Todestrostes lassen sich alle positiven Eigenschaften von Religion komplett von dem ganzen irrationalen Quatsch trennen, dies hat alles nichts mit Religion zu tun. Daher ist es eine Notwendigkeit sich gegen sämtliches Ausbreiten von Religion zu stellen.