Rache für Sarah

Es folgt ein Gastbeitrag der Gruppe Pawlitchenko, den wir auf unserer Plattform veröffentlichen.

Der Fall Sarah Rambatz sorgte vor der Bundestagswahl für einiges Aufsehen. Eine Person leakte einen Screenshot aus einer geschlossenen Gruppe und verursachte neben dem Verlust vom Listenplatz zur Wahl für einen volksdeutschen Mob, der sich volkstümelnd in sexistischen, antisemitischen, sexuellen, Todes- und sonstigen Gewaltphantasien erging und die Sarah und Familie direkt bedrohten. Durch Recherche haben wir den Täter ausfindig gemacht. Es handelt sich dabei nicht um einen Neonazi oder einen irgendwie organisierten Rechten. Es handelt sich um das, was gemeinhin als „besorgter Bürger“ firmiert. Der eigentlich unauffällige Nachbar von nebenan, der einem einen Bausparvertrag schmackhaft machen möchte, ein Auto verkaufen oder eine Lebensversicherung. Um einen normalen Alltagsrassisten also, von denen es viel zu viele gibt und die das Leben in Deutschland so deutsch machen.

Vice-Artikel mit guter Zusammenfassung des Mobsturms: https://motherboard.vice.com/de/article/vbb9y9/diese-nutte-gehort-totgebumst-mordaufrufe-gegen-linken-politikerin-nach-facebook-post?utm_medium=link

Wir haben Screenshots von einem Teil der Beleidigungen und Drohungen gesammelt und zusammen mit einem Schreiben an seine Arbeitsadresse geschickt. Zusätzlich ging mit einem Fakeprofil eine Nachricht sowohl an ihn als auch an seine Lebensgefährtin, die inhaltsgleich mit dem Brief war. Wichtig war uns, dass der Täter sich des Umfangs des von ihm verursachten Mobs voll bewusst wird und hoffentlich reflektiert, was so in jedem Maße durchschnittliche Personen wie er mit ihren Alltagsrassismus und ihrem Deutschtum bei Menschen anrichten.

Antisemitismus und Rassismus waren auch nach dem alliierten Sieg über das Dritte Reich nie wirklich weg. Nachdem aber die bürgerlichen und sozialistischen Revolutionsnationen die Zivilisation zwangsweise nach Deutschland gebracht hatten, waren sie für wenige Generationen eher „untergärig“. Kaum jedoch dass die Sowjetmacht den Deutschen nicht mehr im Nacken saß, begannen – nach dem nationalistischen Rausch der Wiedervereinigung – Neonazis, unter dem Gejohle ganz gewöhnlicher Bürgerinnen und Bürger „national befreite Zonen“ in Ostdeutschland zu errichten. Die folgenden Reformen nach Wegfall der Systemkonkurrenz bestanden vor allem in Verelendungsprogrammen für breite Bevölkerungsschichten, die die Menschen mehr als zuvor in die Rolle vereinzelter Arbeitskraftbehälter drängten.

Während die Kluft zwischen arm und reich immer weiter zunimmt, nährt die Angst vor der eigenen Überflüssigkeit in einem System gnadenloser Konkurrenz Hass und Neid. Statt dass man sich dagegen wehrt, sich für Reallöhne abzurackern, die auf obszön niedrigem Niveau stagnieren, um einen absurd hohen Außenhandelsüberschuss zu erzielen, mit dem der Krisengewinnler Deutschland seine europäischen Nachbarländer destabilisiert, verachtet man hierzulande all jene, deren Lebensinhalt nicht Deutschlands Titel als Exportweltmeister ist. Statt dass man nach Wegen sucht, die gigantischen Produktivkräfte nutzbar zu machen, um ein solidarisches Europa aufzubauen, vergeht man hier lieber vor Missgunst beim bloßen Gedanken daran, in den anderen europäischen Ländern könnte nicht genug geschuftet werden.

Auf diesem Ressentiment wurde vor vier Jahren die AfD begründet, die seitdem immer weiter nach rechts rückt und dabei nicht etwa an Zustimmung verliert, sondern im Gegenteil auf ihrem Marsch in die Vergangenheit das schlummernde Potential einer sich radikalisierenden „Mitte“ hebt. Dabei muss sie sich noch nicht einmal Mühe geben, denn sie wird nach Kräften unterstützt: von Massenmedien, deren Geschäftsmodell der permanente Skandal ist. Und von einem politischen Establishment, das bis heute weder einen vernünftigen Umgang mit dem radikalen Islam noch mit den Problemen gefunden hat, die es mit sich bringt, wenn unzählige Menschen aus verheerten patriarchalen Gesellschaften nach Europa fliehen, und dessen bestes Argument für sich zu sein scheint, nicht die Partei der offenen Reaktion zu sein. Von dieser wiederum erwartet noch nicht einmal ihre eigene Wählerschaft mehrheitlich, dass sie zum Lösen irgendwelcher Probleme imstande wäre. Diejenigen dagegen, die zuallererst ins Fadenkreuz jihadistischer Mordbanden und religiösen Alltagsterrors genommen werden – also Frauen, sexuelle Minderheiten, Jüdinnen und Juden –, geraten durch den Rechtsruck nur noch mehr in Bedrängnis.

Das erschreckende, aber leider eben nicht erstaunliche Ausmaß der Versuche, unsere Genossin Sarah mit Drohungen sexueller Gewalt gegen sie, ihre Familie, ihren Freundes- und Bekanntenkreis einzuschüchtern, steht in einer Reihe mit ungezählten ähnlichen Attacken auf Feministinnen, die auf diese Weise zum Schweigen gebracht werden sollen, und gibt beredtes Zeugnis von dieser Entwicklung.

Der deutsche Mob ist traditionell autoritätshörig und wartet auf ein Zeichen von oben, um nach unten losstiefeln zu können. Das ernüchternde Wahlergebnis der am härtesten gehypten Partei der letzten Dekaden wird von gewaltbereiten Neonazis im ganzen Bundesgebiet als Signal verstanden werden, „ihrem Volk“ den Weg frei zu prügeln. Auf einen Staat, dessen Sicherheitsapparat sich in wildem Aktionismus eine völlig marginalisierte Linke zur „linksextremistischen“ Gefahr zusammenspinnt, während er mit der realen Bedrohung durch den Islamismus schon chronisch überfordert ist, und dessen unübersehbares Problem mit institutionellem Rassismus von den Verantwortlichen einfach ausgesessen wird, sollte niemand zu große Hoffnungen setzen.

Umso wichtiger wird in dieser Situation die Solidarität mit allen potentiellen und tatsächlichen Opfern des Mobs. Und umso wichtiger wird es, über den Umgang mit den jeweils aktuellen Krisenphänomenen hinaus Wege in eine Welt jenseits unerbittlicher Konkurrenz zu finden.
Ein Angriff auf eine von uns ist ein Angriff auf uns alle. Wir stehen solidarisch an der Seite unserer Genossin Sarah. Wer die menschliche Gesellschaft will, muss die deutsche überwinden – Sozialismus oder Barbarei.

Gruppe Pawlitschenko“

AfD im Bundestag: 8 Dinge, die du jetzt tun kannst

Ja, die AfD ist jetzt im Bundestag. Und mit ihr viele Rechtsradikale und Faschist*innen Menschen – die vom Rest der Partei toleriert werden. Die AfD ist eine faschistoide Partei. Das ist bitter, denn es ist das Ergebnis einer demokratischen Wahl. Die BRD hat in ihrer antifaschistischen Funktion auf die Gesellschaft offensichtlich versagt.

Man muss die Wahl und ihr Ergebnis als Weckruf sehen und anfangen, sich zu engagieren – was viele tun. Daher geben wir ein paar Tipps, wie ihr sinnvoll mit dem Kampf gegen rückständiges Gedankengut und für eine bessere Gesellschaft beginnen könnt.

1. Rote Hilfe beitreten

Machen wir uns nichts vor – im Kampf gegen faschistisches Gedankengut passieren auch mal Dinge, die nicht unbedingt mit der aktuellen Gesetzgebung im Einklang sind. Die Polizei sowie die Staatsanwaltschaften sind zudem dafür bekannt, es ihrerseits auch nicht immer so genau mit den Gesetzestexten zu nehmen und verteilen gerne mal Anzeigen, von denen sie vorher wissen, dass sie nicht zu einer Verurteilung führen. Der Staatsapparat kann sich das leisten, für Einzelpersonen ist das eine große Belastung.

Und genau hier kommt die Rote Hilfe ins Spiel. Sie ist der Rechtsbeistand für genau solche Fälle und trägt auch gerne mal die Hälfte der Prozesskosten. Sie kümmert sich um Personen, die auf einer Demonstration festgenommen wurden (zum Beispiel wegen einer friedlichen Sitzblockade) und wartet vor der Gefangenensammelstelle, bis alle draußen sind. Mit Kaffee und Keksen. Dafür braucht sie aber Geld. Mit einer Mitgliedschaft kannst du ganz praktisch dazu beitragen, dass aktiven Leuten in Not geholfen wird – und eventuell auch dir einmal, wenn du friedlich an einer Sitzblockade teilnimmst.

2. Kampfsporttraining

Dein erster Impuls wird vielleicht sein: „Aber ich will doch nur friedlich was gegen Faschos machen!“ Es wird auch niemand von die verlangen, in die nächste Nazikneipe zu rennen und eine Schlägerei anzufangen. Selbstverteidigung ist einfach eine sehr sinnvolle Sache. Du lernst dich und deinen Körper besser kennen, machst etwas für deine Fitness und triffst andere Leute. Die positiven Effekte von Sport sind in unzähligen Studien nachgewiesen, unter anderem führt sportliche Betätigung zu einer erhöhten Ausschüttung von Glückshormonen. Natürlich lernst du auch dich zu verteidigen – und das ist immer praktisch, auch ohne gewalttätige Neonazis im Hinterkopf. Die es aber auch gibt. Denn Rechtsradikale zeichnen sich auch durch physische Übergriffe auf sämtliche Personen aus, die nicht rechtsradikal sind. Wenn es dann mal dazu kommen sollte, bist du vorbereitet. Es ist auch völlig ok, wenn du verschiedene Sachen ausprobierst, wichtig ist aber ein Straßenfokus. Und vielleicht gibt es sogar ein linkes Gym bei dir in der Nähe – praktisch für weitere Kontakte.

3. Zeitung lesen

Wissen ist Macht. Diesen Spruch hast du bestimmt schon tausend Mal gehört. Aber da ist was dran. Vor allem wenn es um politisches Engagement geht, sollte man sich mit den ganzen Begriffen schon ein bisschen auskennen. Außerdem ist es super praktisch, wenn du anderen Leuten genau erklären kannst, warum Höcke ein Faschist ist, Feminismus überhaupt nichts Schlimmes bedeutet, was Dialektik eigentlich ist und wie Deutschland seine wirtschaftliche Macht zum Nachteil ärmerer Länder ausspielt. Zu all diesen Themen (und natürlich zu vielen weiteren) wurde schon eine Menge Bücher geschrieben. Die haben aber in der Regel den Nachteil, sehr anspruchsvoll und wortgewaltig zu sein, und eventuell auf aktuelle Entwicklungen nicht mehr genau zu passen.

Und genau dafür gibt es Zeitungen. Diese haben unterschiedliche Schwerpunkte und Ausrichtungen, liefern aber an sich einen guten Einstieg ins politische Tagesgeschäft. Ob du dir ein (Probe)Abo holst, erst mal die online kostenlos verfügbaren Artikel anschaust oder mal am Kiosk zugreifst, ist ganz dir überlassen. Falls es eine Tageszeitung sein soll, empfehlen wir das Neue Deutschland. Die hat sich in den letzten Jahren ganz ordentlich gemacht und ist dem direkten Konkurrenten, der Taz, durch ihre klarere Ausrichtung überlegen und verzeichnet weniger Totalausfälle in Artikelform. Soll es inhaltlich etwas anspruchsvoller sein, gerne auch mit konstruktiver Kritik gewürzt, ist die wöchentlich erscheinende Jungle World die erste Adresse. Hier gibt es auch immer wieder Sachen zum Islamismus zu lesen. Etwas theoretischer geht es dann in der monatlich erscheinenden Konkret zu, auch die Analyse & Kritik ist mal einen Blick wert.

4. Know your Nazis

Es ist wichtig, sich mit den problematischen Gruppen und Personen in deiner Nähe auszukennen. Genauso wie es auch wichtig ist, sich überregional über aktuelle Entwicklungen auf dem Laufenden zu halten. Man muss ja schließlich wissen, mit was man es zu tun hat. Auf Deutsch erscheinen regelmäßig zwei antifaschistische Zeitungen, die sich speziell auf das nationalistische Geschehen konzentrieren: das Antifa Infoblatt und der Rechte Rand. Dort sind Hintergundartikel, Analysen und Recherchen zu finden. Im Laufe der Zeit solltest du auch in verschiedene Faschismustheorien reinschauen, um diesen genau ausmachen zu können.

Neben diesen Zeitungen solltest du schauen, ob du regionale Bündnisse und Strukturen hast. Auf Facebook lässt sich das leicht finden. Dort hast du auch noch weitere Infoseiten, die täglich Nachrichten aus dem linken Aktivismus teilen und teilweise auch selber schreiben. Dazu zählen zum Beispiel Antifa Info & Mobilisierungen, We’re Watching You, Aus der Geschichte nichts gelernt und All Fascists Are Bastards. Auch bei der Antifa Kampfausbildung geht es gesitteter zu, als der Name es vermuten lässt. Dazu gibt es dann immer diverse regionale Recherchestrukturen wie zum Beispiel die Recherche Nord oder Antifa Recherche Wien, die sich auf regionale Strukturen spezialisieren. Wichtig ist eigentlich nur, dass du dich informierst.

5. Support your local Antifa

In jeder Stadt/Region gibt es lokale Bündnisse und Strukturen bzw. Antifagruppen. Schau einfach online nach, was es in deiner Nähe so gibt. Ein bundesweiter Anlaufpunkt ist zum Beispiel die Interventionistische Linke. Vielleicht bist du aber auch eher an antirassistischen oder feministischen Gruppen oder an Stadtteilinitiativen interessiert, auch da gibt es sicherlich Sachen für dich. Schau dir die Angebote in Ruhe an und melde dich eventuell bei den Gruppen via FB. Vielleicht bieten diese offene Treffen oder sogenannte Antifa-Cafés an. Dort kann man sich mit Leuten treffen und vernetzen. Sei freundlich und frage nach, ob es so etwas gibt. Leider sind einige Gruppen nach außen hin sehr verschlossen, aber lass dich davon nicht entmutigen. Es gibt immer Möglichkeiten anzufangen.

6. Bewahre deinen eigenen Kopf

Es wird immer wieder Leute geben, die scheinbar mehr Ahnung als du haben, mehr gelesen, mehr dies, mehr das, mehr jenes. Und die versuchen werden, dich zu beeinflussen. Wichtig ist dabei, dass du dein selbstständiges Denken nicht verlernst. Rechte kommen gerne mit vielen Statistiken und komischen Herleitungen her. Das klingt imposant und macht Eindruck. Wenn es dann aber darum geht, am Ende doch nur Homosexuelle ins Lager zu stecken, ist das doch alles egal.

Auch gibt es keine Säulenheiligen. Nur weil Karl Marx mal was Schlaues geschrieben hat (ziemlich viel sogar), musst du das erst mal nicht als absolute Wahrheit hinnehmen. Verstehe die Gedankengänge und Aussagen, dann kannst du sie besser greifen und einordnen. Bei der Beschäftigung mit politischen Ideologien ist es wichtig, sich zu allem eine kritische Meinung zu bewahren. Versuche dabei aber freundlich und aufgeschlossen zu sein, niemand mag penetrante Arschlöcher.

7. Vorträge besuchen. Demotrainings etc.

Eine gute Möglichkeit Leute zu treffen und was zu lernen sind Veranstaltungen wie Vorträge, Filmvorführungen oder Demotrainings. Irgendwas findet auch in deiner Nähe regelmäßig statt. Zu einem Film oder einen Vortrag kann man auch mal Bekannte mitnehmen, damit man nicht ganz alleine da ist. Dazu musst du dich natürlich etwas informieren – über lokale Seiten und Twitteraccounts zum Beispiel. Da gibt es dann die ganzen Infos zu Sachen in deiner Nähe. Vielleicht entdeckst du so auch Initiativen in deiner Nähe, von denen du gar nichts gewusst hast und kannst dort mitmachen.

8. Be active

Neben dem regelmäßigen Informieren über rechte Aktivitäten ist auch wichtig selber aktiv zu sein. dazu gehören dann banale Dinge wie durch deine Nachbarschaft zu laufen und nach rassistischen Stickern oder Graffitis Ausschau zu halten. Diese kannst du dann entweder entfernen oder selber überkleben. Größere Dinge wie Stromkästen mit „Nazikiez“-Graffiti kannst du auch dem Energieunternehmen melden – und öffentlich Stress machen, wenn nicht darauf reagiert wird. Durch das Spazierengehen lernst du deine Ecke besser kennen und findest vielleicht raus, dass Rechte bei dir in der Nähe wohnen, weil es immer neue Sticker gibt.

Natürlich zählen dann auch Dinge wie Demoteilnahmen und Vorträge dazu. Vielleicht wirst du irgendwann mal selber Dinge organisieren wollen, für den Anfang kannst du aber in deinem direkten Umfeld vorsichtig mit politischen Themen anfangen. Auch hier mag niemand penetrante Arschlöcher. Laber deine Eltern nicht stundenlang voll, wenn es sie nur nervt und du nichts erreichst. Vielleicht gibt es Personen, die Sympathien für die AfD äußern oder ein bisschen nach Verschwörungstheorien klingen – hier kannst du ansetzen und versuchen, mit dem Wissen aus Zeitungen und Vorträgen die menschenfeindlichen Ansichten des Gegenübers auszuhebeln.

Demobericht What the fuck/Marsch für das Leben 16.09.2017

Am Samstag fand in Berlin wieder einmal der sogenannte „Marsch für das Leben“ der selbstbezeichneten „Lebensschützer*innen“ statt. Nach außen moderat auftretend, haben wir es mit einer Suppe aus christlich-reaktionären Fundamentalist*innen zu tun. Über den Kampf gegen gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen, Ablehnung vernünftiger Sexual- und Körperaufklärung, Abtreibungsverbot und offene Ablehnung aller Lebens- und Sexualmodelle jenseits der heiligen Ehe aus einem Mann und einer Frau mit Sex im Dunkeln unter Decke sind sie anschlussfähig in diverse rechte und reaktionäre Spektren von CDU/CSU über kirchliche Verbände, NPD, Junge Freiheit, AfD, Compact bis hin zur Identitären Bewegung.

What the fuck

Beginnen sollte der „Schweigemarsch“ um 13:00 vor dem Bundestag. Der linksradikale Gegenprotest wurde wie auch die letzten Jahre schon vom inzwischen queerfeministischen „What the fuck“-Bündnis organisiert. Start war 10:30 am Wittenbergplatz. Die Polizei zeigte sich von Anfang an von ihrer so hassenswerten Seite. Einige Kisten mit Demomaterial wie Kondomen, Glitzer und Flyern wurde beschlagnahmt – und zwei Aktivist*innen gleich mal für mehrere Stunden in Gewahrsam genommen. Bereits 2015 wurde eine Aktivistin von der Polizei angezeigt: Glitzer sei im Auge eines Polizisten gelandet und dies Körperverletzung. Die Klage hatte Erfolg. Von der völlig sinnfreien Kistenbeschlagnahmungs-Ingewahrsamnahme verlief die Demo aber ohne Vorfälle, von ein paar Eierwürfen aus einem Haus mal abgesehen. (Antwort aus dem Lauti: „Nächste Mal fallen deine Eier!“)

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Die Route führte über den Potsdamer Platz am Bundesfinanzministerium auf Unter den Linden, um dann pünktlich gegen 13 Uhr mit geschätzt 1.500 Teilnehmer*innen am Brandenburger Tor zu enden. Dort hatte das bürgerliche „Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung“ eine Kundgebung angemeldet, um später zum Alexanderplatz zu laufen. Als Schwerpunkt neben der Aufklärung über den „Marsch für das Leben“ und dessen antifeministische Inhalte ging es um Prostitution bzw. Sexarbeit. Neben dem LGBQTI*-Frontblock gab es einen entsprechenden Block an zweiter Stelle und an der Kurfürstenstraße einen entsprechenden Redebeitrag. Negativ anzumerken ist hier, dass negative Aspekte wie Menschenhandel, Zwangsprostitution und sexuelle Gewalt nicht angesprochen worden – von einer Generalkritik der Reproduktion patriarchaler und antifeministischer Muster dabei und einer konsequenten antikapitalistischen Kritik der Verdinglichung mal ganz abgesehen.


Die Musikauswahl war wie von den letzten gewohnt spaßig und überzeugte mit Bass, Breaks und Druck. So macht Demo dann auch mehr Spaß, der Sonnenschein tat sein übriges. Nach offiziellem Ende der WTF-Demo ging es dann erst mal zu den Fundis vor den Reichstag. Es war unklar wann diese genau starten würden und für eventuellen Blockadespaß war es dementsprechend zu früh.

Eklig, reaktionär, fundamentalistisch

Per Tourimasche ging es dann auch recht entspannt zum Unheil der Fundis, die Cops versuchten mögliche Störungen frühzeitig fernzuhalten. Per Bauzaun und mit Hamburger Gittern wurde die Wiese vorm Bundestag doppelt abgetrennt, nichts sollte das christliche Happening stören. Einzelne Protestgrüppchen und Aktionen wurde schnell und rabiat entfernt entfernt.

Die Masse der Fundis selber offenbarte ein groteskes Bild: Neben einem älteren Herren mit Compact-Beutel und einem Mann mit IB-Shirt gab es ganz viele Glaubensbewegte zu sehen. Und zwar aller Altersgruppen. Haverbeck-Doubles, Kleinkinder,Jugendliche und die entsprechenden Eltern – es gab alles zu sehen. Mittendrin immer wieder Nonnen, Personen im stillen Gebet oder mit einem seligen Lächeln der Erleuchteten auf den Lippen. Von der Bühne gab es dann den üblichen reaktionären Mist von religiösen Abtreibungsgegner*innen zu hören, rührselige Beziehungsgeschichten, eine Mutter ließ dann auch noch ihren Sohn mit Trisomie 21 sprechen. Alles war durchzogen von der Bezugnahme auf die Bibel und den christlichen Glauben. Gleichstellung, sexuelle Vielfalt, freie Lebensentwürfe und entsprechende Themen kamen kaum vor. Es ging hauptsächlich um Abtreibung und die Fremdkontrolle über den weiblichen Körper.

Gegen 14:30 setzte der Schweigemarsch sich mit etwa 4000 Leuten dann in Bewegung – und kam nicht wirklich weit. Dank einer größeren Blockade an der Ecke Friedrichstraße/Unter den Linden konnten die Fundis nur eine stark verkürzte Route mit Umleitung durch das Brandenburger Tor zurück zum Bundestag laufen. Während das Marsches gab es einige Störversuche, die Cops gingen aber äußerst rabiat vor, zogen Leute raus und kesselten diese. Von Festnahmen war jedoch keine Rede.

Fazit

Bei der WTF-Demo waren mehr Leute als letztes Jahr – da hatte es auch anfänglich stark geregnet. Zahlenmäßig war man den Fundis aber trotzdem wieder unterlegen. Parallel lief allerdings noch eine große Antira-Demo unter dem Slogan „We’ll come united“ mit mindestens 15.000 Leute – die Fundis wurden also insgesamt durch linken Protest klar in die Schranken verwiesen. Auch die Verkürzung der Route ist ein Erfolg, was aber auch einer hier nicht wirklich aggressiv vorgehenden Polizei lag. Eine EHU hätte den stehenden Protest locker zur Seite schieben können. Inhaltlich gab es auf der einen Seite die zu erwartende reaktionäre Grütze mit dem Abtreibungsschwerpunkt zu hören, auf der anderen Seite einen teilweise nicht wirklichen umfassenden Protest an den bestehenden Verhältnissen. Spaß gemacht hat’s trotzdem, wir sehen uns im nächsten Jahr.

AfD in Templin

Am 8. September möchte die AfD in Templin ein Sommerfest feiern. Wir, eine kleine Gruppe von Antifas, finden das zum kotzen. Erst treibt die AfD den Rechtsruck in Templin voran und dann wollen sie hier noch feiern. Wir merken seit dem ersten Auftreten der AfD in der Stadt den Wandel, die Nazis werden aggressiver, rechte Straftaten nehmen zu – die Akzeptanz wächst jedoch. Nach Auftritten der AfD geht auch der Dritte Weg auf Stimmenfang, der Kandidat der AfD posiert Hand in Hand mit Neonazis, rechten Esoterikern und Verschwörungstheoretikern. Dazu kommen noch Gauland und Kalbitz die das Problem nur verstärken. Wir wollen dieses Sommerfest rassistischen Gedankenguts stören, jedoch sind wir zu wenig um wirklich ein Zeichen zu setzen. Deshalb hoffen wir auf eure Unterstützung! Kommt am 8. September nach Templin und helft uns das Fest zum Alptraum werden zu lassen.

Treffpunkt: 8. September/ 18 Uhr/ Templin Bahnhof