Demobericht „Verteidiger Europas“ – Aistersheim – 03.03.2018

Heute fand in Aistersheim der zweite Kongress unter dem Label „Verteidiger Europas“ statt. Dieser ist ein Vernetzungstreffen der sich als Elite der völkischen, faschistischen und neonazistischen verstehenden Organisationen im deutschsprachigen Raum. Vertreten waren unter anderem die FPÖ, die AfD, das IfS von Götz Kubitschek zusammen mit seinem Antaois Verlag, Info Direkt, Ein Prozent und diverse andere. Einzige Frau und einzige Person aus dem nichtdeutschsprachigen Raum war Brittany Pettibone, eine Youtuberin aus den USA. Hier ist sie im Zuge des „Defend Europe“-Desasters der Identitären Bewegung bekannter geworden, da sie diese für den englischsprachigen Raum pushte und seitdem die Lebenspartnerin von Martin Sellner ist. Eine übersichtliche Einordnung des Kongresses bietet dieses Interview mit Mensch Merz.

Am Vormittag kam es zu Blockaden bei der Anreise zum Kongress, organisiert wurden die morgendlichen Proteste vom Infoladen Wels. Die sichtlich überforderte Dorfpolizei agierte wirr und bat die Blockierenden doch bitte wieder aufzustehen, so was mache man doch nicht und es sei ja auch per Gesetz verboten. Nach einer Weile kamen die blockierenden Aktivist*innen dieser zaghaften Bitte dann auch nach – und setzten sich einfach wieder hinter den Polizeikräften auf die Straße, was diese noch mehr überforderte. Im Laufe des Tages kam dann aber professionellere Polizei in größerer Anzahl hinzu. Bis zum frühen Nachmittag wurden einzelne Personen aus dem Kongressumfeld teilweise handgreiflich. Die Security des Feldparkplatzes wurde übergriffig, einige Leute pöbelten aggressiv den sich formierenden Gegenprotest an.

Kurz nach 13 Uhr traf dann der Bus aus Wien ein und es wurde eine Sponti vom Rastplatz zum Dorf gemacht. Über abgeerntete Felder, schneebedeckt und zugefroren, machten sich etwa 70 Antifaschist*innen auf und versuchten in den Sperrbereich um das Schloss zu kommen, in dem der Kongress abgehalten wurde. Vor dem Parkplatz wurde die Security, deutlich erkennbar an den „Ordner“-Binden am Arm, gewalttätig. Ein Ordner, der später als mutmaßlicher Neonazi identifiziert wurde, griff ohne Vorwarnung mit Pfefferspray an und verletzte drei Personen. Insgesamt gab es vier Verletzte im Laufe des Tages. Erst nach einem Gerangel kam die Polizei und hinderte die Aktivist*innen am Weiterkommen. Ein Kesselversuch wurde sofort durchbrochen.

Vor der Kirche hatte sich schon der offiziell angemeldete Gegenprotest gesammelt, insgesamt waren es etwa 400 Personen, die gegen die Faschisten im Schloss demonstrierten. Mit Rede- und Musikbeiträgen wurde über die Situation in Österreich aufgeklärt, so über die Faschismuskontinuitäten nach 1945, die völkischen Burschenschaften, die protofaschistische Regierung Kurz aus ÖVP und FPÖ und generell den rassistischen, antifeministischen und nationalistischen Umtrieben im Land. Aus dem Dorf fanden sich einige Anwohner*innen ein und hörten zu, andere waren dagegen ganz offensichtlich nicht von dem Trubel begeistert. Ein spezieller Herr pöbelte den gesamten Tag über konsequent alle Personen an, die er nicht dem Dorf zuordnen konnte: Antifas, Polizei, Faschos – egal.

Im Gegensatz zu Demonstrationen im Deutschland stellte Vermummung kein Problem dar. Was in Berlin oder Hamburg zu sofortigen Ansagen und Anzeigen geführt hätte, wurde in Aistersheim nicht einmal angesprochen. Auch sonst agierte die Polizei sehr deeskalierend und wirkte auch nicht ganz so demofest wie eben Einheiten in Berlin oder Hamburg. Wie tief der Faschismus immer noch Alltag in Österreich ist, zeigte das Gedenken an die im Zweiten Weltkrieg am Vernichtungskrieg beteiligten und im Kampf für den Nationalsozialismus gefallenen Soldaten. Eine Platte am Friedhof hinter der Kirche und ein kleines Monument an anderer Stelle im Dorf zeigen deutlich, wie wenig man Interesse an einer konsequenten Geschichtsaufarbeitung hat. Da werden Täter der NS-Wehrmacht zu Helden, derer man gedenkt. Auf dem Kongress selber waren Personen wie Lutz Bachmann oder Martin Sellner zugegen, alle Informationen dazu sind beim Twitteraccount Mensch Merz unter dem Hashtag #Aistersheim zu finden.