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„Antifa ist Rechtsschutzversicherung“ – Interview mit Mensch Merz

Die Gruppe „Von nichts gewusst“ betreibt sowohl einen eigenen Blog als auch den Twitteraccount @menschmerz und gibt Vorträge. Spezialisiert hat sie sich auf die Identitäre Bewegung, ist aber auch zu anderen Themen des radikal rechten Spektrums mit einem profunden Wissen ausgestattet. Bereits im letzten Jahr hatten wir einb Interview vor der erfolgreich blockierten Demonstration der Identitären Bewegung in Berlin veröffentlicht. Nach gut einem Jahr gibt es wieder reichlich Gesprächsstoff, allen voran durch die von der Gruppe geführten Prozesse gegen rechte Medien und die FPÖ-Beteiligung an der Regierung in Österreich.
 
1. Gratulation erst einmal von unserer Seite aus zum gewonnenen Prozess gegen EinProzent. Worum genau ging es dabei?
 
Interviews mit schlechten Nachrichten zu beginnen ist wirklich nicht toll, aber: Wir haben nur einen ersten Teilerfolg gegen „EinProzent“ errungen. Das Landesgericht in Wien hat uns Recht gegeben. Allerdings ist das Urteil wegen der anstehenden Berufung vor dem Oberlandesgericht nicht rechtskräftig.
Doch worum ging es uns: Ausgangspunkt in dem konkreten Prozess war ein Artikel auf der Plattform von „EinProzent“. In diesem wurde Jerome unterstellt maßgeblich an schweren Ausschreitungen gegen das identitäre Hausprojekt in Halle beteiligt gewesen zu sein und mit seinen Vorträgen eine Art „geistiger Brandstifter“ dessen zu sein. 
Uns ging es nicht nur um die Beseitigung des konkreten Artikels – der im Besonderen für Jerome durchaus starke Konsequenzen hatte – sondern auch darum, dass wir uns als Linke, die konsequent von den unterschiedlichsten rechten Medien angegriffen und verleumdet werden, nicht alles gefallen lassen müssen. Und dass es Wege gibt, sich juristisch dagegen zu wehren und den Rechten Grenzen aufzuzeigen. 
 
 
2. Ein Prozent hat, wie du sagst, Rechtsmittel eingelegt, der Prozess wird also in der nächsthöheren Instanz verhandelt. Außerdem steht im Juni noch ein zweiter Prozess gegen Info Direkt an. Was genau wollt ihr damit erreichen?
 
Natürlich wollen wir gewinnen 🙂 Abseits dessen ist aber ein wichtiger Teil unsrer aktuellen Strategie, dass wir eine möglichst breite Öffentlichkeit mit diesen Prozessen erreichen wollen. Wir wollen auf die systematische Dimension dieser Hetzkampangen der Rechten hinweisen, die in Österreich längst Alltag sind. Dazu versuchen wir das Interesse von Pressevertreter*innen zu erreichen, wir halten aber auch Vorträge und schreiben selbst Texte, in denen wir unsere Erfahrungen reflektieren und in Verbindung mit den Erfahrungen anderer Personen, die schon solche Klagen geführt haben, setzen. Wir wollen ein Bewusstsein dafür schaffen, dass solche Prozesse nicht nur durchaus sinnvoll sein können, sondern auch, dass sie zumeist eine sehr große Belastung für das Umfeld und die (politischen) Gruppen der klagenden Menschen sind. Belastungen, die wir aber solidarisch meistern können.
 
3. In aktuellen Vorträgen wird von euch über Anti-Antifa-Strategien von rechten Akteur*innen aufgeklärt, ihr selber seid auch Ziel davon. Die Prozesse sind eine Gegenwehr gegen rechtsradikale Verleumdungskampagnen. Wie gehen Rechte, vor allem über ihre eigenen Medien und Plattformen, vor und warum haben sie damit durchaus Erfolg?
 
Grundlegend ist es wichtig zwischen Österreich und Deutschland zu differenzieren. In Österreich ist die Situation in Angesicht von großen rechtsextremen Medien, wie unzensuriert, und kleineren – aber sehr stark in der Szene verankerten -, wie InfoDirekt, durchaus nochmal eine andere und durchaus „schlimmere“. Jedoch können wir in Deutschland allen voran in Bezug auf die AfD und außerparlamentarische Organisationen und Vereine, wie Pegida und EinProzent beobachten, dass es auch in Deutschland mittlerweile sehr starke rechtsextreme Stimmen gibt. 
 
Die Frage, warum solche personenfixierten Hetzkampangen Erfolg haben, ist nochmal schwieriger zu beantworten. Einer der Gründe, den wir immer wieder sehen, ist der, dass diese Artikel den Hass, der die Ideologie der extremen Rechten fundamental prägt, konkreten Personen zuordnen. Deswegen sind Hetzartikel gegen weibliche Personen meist auch nochmal viel krasser, weil sich dort dann nicht nur der Hass auf alles „Linke“ entladen kann, sondern auch noch die Misogynie der Rechten Raum findet. Die Artikel zu Sarah Rambatz bilden hierbei wohl traurige Höhepunkte. Die Ideologie der Rechten läuft am Ende immer auf die physische Eliminierung derer hinaus, die nicht in ihr Welt passen oder sich diesem fügen wollen. Diese Umstand manifestiert sich immer in der Rezeption der personenfixierten Hetzartikel. Denn immer sind die Ergebnisse schrecklichste Gewaltdrohungen, Aufrufe zum sexuellen Missbrauch oder gar Mord. Immer! 
 
Und in ganz bitterer Art und Weise ist grade diese Rezeption ein Erfolg. Denn welcher Mensch möchte sowas über sich lesen? Wer hat keine Angst, wenn online Tag für Tag Leute darüber diskutieren, wann und wie sie dich am besten zu Hause abpassen können? Einschüchterung wirkt. Erst recht, wenn wir uns anschauen, wieviele Tote und schwerst verletzte Menschen durch extrem Rechte seit 1945 verursacht wurden.
 
Ein anderer Moment für den Erfolg ist eng geknüpft an diesen, zum Teil auch von breiten gesellschaftlichen Schichten vertretenen Hass auf alles „Linke“. Es ist das bürgerliche Auftreten und die bürgerliche Inszenierung der extrem rechten Medien. In Österreich wird das Magazin „Info Direkt“ zum Beispiel nicht durchweg als rechtes Pamphlet erkannt, sondern Menschen nehmen die Berichte für bare Münze. Jerome wurde so zum Beispiel bei Vorstellungsgesprächen für Projekte auf die Artikel über ihn angesprochen. 
 
Es wird immer gefordert, dass Jugendliche mehr Medienbildung erhalten müssen. Das gilt wohl, grade auch, wenn es darum geht reaktionäre Quellen kritisch zu lesen, für große Teile der Gesamtbevölkerung.
 
4. Was schlagt ihr vor? Wie kann man sich schützen und dagegen vorgehen?
 
Es klingt nach einer alten Binsenweisheit. Aber allein unsere Erfahrungen während der bisherigen Prozesse haben wieder einmal gezeigt: Bildet Banden! 
 
Vielfach zielen die Taktiken der extremen Rechten daraufhin ab, einzelne Personen anzugreifen, sie zu separieren und dann fertig zu machen. Es ist wohl am allerwichtigsten starke solidarische Gruppen gegen diese Angriffe zu formen. Solche Prozesse, wie in unserem Fall, sind alleine gar nicht finanzier- und machbar. Die Wichtigkeit füreinander da zu sein und niemanden allein zu lassen, wird wohl immer wichtiger. Auch, weil in diesen Gruppen Erfahrungen verarbeitet, ausgearbeitet und geteilt werden können.
Und abgesehen davon, nur um das kurz anzureißen: Techniken wie Datenverschlüsslung, Aussageverweigerung, Umgang mit Repressionsbehörden uvm. werden in Zeiten wie diesen umso wichtiger. Also: Informiert euch! 
 
5. Auffallend ist in diesem Zusammenhang auch die Differenzierung im rechten Spektrum. In den letzten Jahren sind diverse Plattformenentstanden, seien es Facebookseiten, Twitteraccounts, Blogs, Onlinemagazine oder klassische Printmedien. Einige sind an Parteien oder Organisationen angeschlossen, so zum Beispiel die Sezession an das IfS (Instut für Staatspolitik) und unzensuriert.at mit enger Verknüpfung an die FPÖ. Der Gründer des völkischen Magazins „Blaue Narzisse“ bringt jetzt ein völkisches Wirtschaftsmagazin auf den Markt. Trotz einiger inhaltlicher Differenzen lässt man sich größtenteils in Ruhe. Wie seht ihr diese Entwicklung?
 
 
Diese Entwicklung ist ja durchaus nicht neu. Schon in den 1990er Jahren hatte Phänomene, die wir unter dem Label „Neue Rechte“ zusammenfassen, durchaus Erfolge zu verbuchen. Es gab dann halt nur eine längere Flaute und in diese sind dann Projekte, wie die vom IfS initiierte „Sezession“ gestoßen. Aber schon früh haben sich auch Medien, wie das von Menzel gegründete Projekt „Blaue Narzisse“ um zielgruppengerechte Onlineangebote bemüht. Es ist glaub ich wichtig auf diese längere Genese hinzuweisen und nicht alles als etwas abzutun, was in den letzten 3-5 Jahren entstanden ist.
 
Dennoch und das skizziert ja auch die Frage: Durch Soziale Medien wie Twitter, Facebook & Co. hat das alles natürlich nochmal einen enormen Auftrieb erlebt. Grade auch, weil es der extremen Rechten in den letzten Jahren mit der enorm starken Fixierung auf das Narrativ „Europa verteidigen!“ gelungen ist, eine Punkt zu finden, der durchaus in der Lage ist, starke Gräben zumeist kurzzeitig als Nebenbaustelle zu betrachten. Jedoch scheint es wichtig auch hier zu sagen: Das ist natürlich keine ewig währende Einheit. Immer wieder zeigen sich ja tiefe Risse. Sowohl in der Ideologie, als auch allen voran organisatorisch. 
In Österreich können wir schon lange eine enge Kooperation zwischen parl. Extremer Rechter, in Form der FPÖ, und Organisationen der außerparlamentarischen Rechten beobachten. Auch in Deutschland verstärkt sich durch die AfD diese Kooperation. Organisationen bekommen so Geld, rechte Personen Jobs, Institute werden gegründet, parlamentarische Anfragen können gestellt werden und vieles mehr. 
 
Das sind zwar alles in allem Entwicklungen, die nicht gänzlich neu sind. Fakt ist aber, dass sie aktuell extrem hohe Wirkungen gesellschaftlicher Gestaltungsmacht zu entfalten wissen. Und das ist durchaus eine Entwicklung, die nicht nur wir als äußert bedrohlich empfinden. 
 
6. Sowohl die AfD in Deutschland als auch die FPÖ in Österreich sind zentrale Bausteine im rechten Sektor. Die FPÖ ist inzwischen erneut in der Regierung und (ehemalige) Neonazis bekleiden Regierungsämter und arbeiten in den Ministerien. Innenminister Kickl hat mit einer loyalen Spezialeinheit den Verfassungsschutz raiden lassen. Welche Auswirkungen hat die ÖVP-FPÖ-Koalition auf die Gesellschaft?
 
Natürlich ist die Koalition zwischen ÖVP & FPÖ auf der Bundesebene wirklich enorm wichtig und auch äußert schnell und hart in der Umsetzung ihrer bisherigen politischen Agenden. Wichtig erscheint aber aus unserer Perspektive diese Fokussierung etwas aufzubrechen. Auch auf Landesebene gibt es in Österreich allerlei reaktionäre Koalitionen. Und immer wieder zeigt sich – aktuell auch in Wien – dass grade die SozialdemokratInnen immer noch stark gespalten sind in der Frage, wie sie denn nun mit den extrem Rechten umgehen sollen. Im Zweifel aber – so scheint es bisher zumindest – wird am Ende dann mit ihnen koaliert und versucht ihre Themen zu besetzen. Eine fürchterliche Strategie. 
 
Auf der anderen Seite aber hat die FPÖ seit Jahren sehr viel Mitspracherecht auf Ebene der Gemeinden und grade für kleinere lokale emanzipatorische Projekte, oder auch zum Beispiel Projekte der Jugendarbeit, hat dies seit Jahren bereits auswirken. 
Es ist falsch, die aktuelle Situation in Österreich nur auf die Koalition im Bund zu reduzieren. In diesem Land liegt noch viel, viel mehr im Argen. 
 
7. Wie macht sich das für Antifaschist*innen bemerkbar? Nimmt die Repression zu?
 
Grade im System der österreichischen Justiz befinden sich seit eh und je viele Menschen aus völkischen Burschenschaften. Auch die Polizei hat eine große Mehrheit in ihren Einheiten die sich politisch auf Seiten der FPÖ verorten. Der Umgang mit und gegen Antifaschist*innen war also schon vor dieser Koalition nicht so wirklich toll. Es sei hier nur an den Prozess gegen Josef erinnert der damals schon eine Farce war. 
 
Dennoch, dass sich sowohl das Innenministerium, als auch das Verteidigungsministerium in der Hand eines blauen Ministers befinden ist stark zu kritisieren. Dass mit Kickl eine Person zum Innenminister berufen wurde, der vorher immer wieder durch schlimmste Äußerungen und einen politischen Hardliner-Kurs aufgefallen ist, macht die Sache nicht unbedingt besser. 
 
Ob Repression wegen dem allein zunimmt ist an dieser Stelle schwer zu beantworten. Wichtiger ist wohl der Punkt, dass viele Ländern – grade innerhalb der europäischen Union – aktuell ihre Polizeieinheiten hochrüsten und immer mehr die Grenzen zwischen Militäreinheiten & PolizistInnen verschwimmen. Immer mehr und immer härter werden diese Einheiten dann auch eingesetzt. Es sei hier nur an die Tage von G20 erinnert, als österreichische und deutsche Spezialeinheiten die Schanze gemeinsam räumten. Die zunehmende Repression gegen widerständige Gruppen muss eher in dieser europäischen Dimension als Trend betrachtet werden. 
 
8. Relativ überraschend wurden führende Mitglieder der Identitären Bewegung Ziel von Hausdurchsuchungen und Ermittlungen. In den letzten Wochen lief es nicht unbedingt gut. Sellner wurde zwei Mal die Einreise nach Großbritannien verwehrt, die geplante Demo in Berlin wurde wegen finanzieller Probleme im Zusammenhang mit den Ermittlungen in Österreich noch nicht angemeldet. Wie ist der Status Quo der IB?
 
Es gibt derzeit gegen die „Identitäre Bewegung Österreich“ mehrere Ermittlungen. Eine – und in diesem Rahmen wurden die Hausdurchsuchungen durchgeführt – ist wegen dem Verdacht auf Verstöße gegen das Finanzstrafgesetz. Es wird hier davon ausgegangen, dass die verschiedenen Vereine der IB und der Versandhandel „Phalanx Europe“ Steuern hinterzogen haben. Andere Anschuldigen betreffen die Gründung einer kriminellen Vereinigung und Verhetzung. Hiervon sind diverse Führungskader und einige Sympathisanten betroffen. Wobei die hier vorgenommene Trennung so von der Staatsanwaltschaft aufgebracht wurde. Zur Zeit werden die verschiedenen Ermittlungen immer in einen Topf geworfen. Grade auch von den „Identitären“ selbst, die in den letzten Wochen immer mehr versuchen die wohl ziemlich sicher anstehenden Prozesse zur großen „Kadershow“ umzufunktionieren. Hierbei haben sich zuletzt allen voran Martin Sellner und Patrick Lenart hervorgetan. Die „Identitären“ scheinen – zumindest in Form ihrer Kader – die höchstmögliche mediale Aufmerksamkeit generieren zu wollen. Das mit dem Paragraphen bezüglich der Bildung einer kriminellen Vereinigung ein in Österreich durchaus Umstrittener ihnen auch in die Hände spielt, muss hier wohl nicht weiter ausgeführt werden.
 
Beachtenswert ist, dass es ihnen bislang durchaus gut gelingt den Fokus auf ihre Themen zu lenken. So ist zum Beispiel ihre internationale Vernetzung bislang kaum im Blickfeld der Medien und auch das Netzwerk, indem sie sich bewegen, wird fast gar nicht genauer betrachtet. Es bleibt zu hoffen, dass sich das noch im Verlauf ändern wird. Jedoch – und das zeichnet sich bereits jetzt ab – die derzeitigen Ermittlungen schränken die „Identitären“ stark ein. Sie können grade keine anderen Themen setzen und andere Projekte gehen zwangsläufig im Schatten eines möglichen Verbots unter. Die Frage ist wohl, wie sich die anderen Gruppen, allen voran in Deutschland und Frankreich dazu positionieren werden. Diese ganzen Dynamiken sind jetzt noch gar nicht abzusehen und einzuschätzen. 
 
Was aber bislang bleibt ist die traurige Erkenntnis, dass Österreich in der Auseinandersetzung mit der extremen Rechten weiterhin auf juristische Repression zu setzen scheint. Dass in Österreich grade aber zivilgesellschaftliche und demokratiestärkende Projekte mehr als bitter notwendig sind, geht bereits aktuell vollkommen unter. Solange Organisationen nur verboten werden, sich aber keine Projekte finden, die mit den Menschen arbeiten, die sich von solchen Ideologien angesprochen werden, werden sich immer wieder neue Organisationen gründen. Juristische Repression allein wird hier wenig ändern. Wenn sie denn überhaupt gelingt. Vielleicht stehen die „Identitären“ auch am Ende als große Sieger dar. 
 
9. Den Anspruch, eigenständig eine Bewegung darzustellen, hat die IB im deutschsprachigen Raum offensichtlich aufgegeben. Man fügt sich stattdessen in die Mosaikrechte ein und begnügt sich mit der Rolle eines(pseudo)aktivistischem Posterboys. Andererseits bemüht man sich immer noch um Immobilien und Stützpunkte. Welche Bedeutung hat die IB realpolitisch?
 
Die „Identitären“ sind ein wichtiger Teil der außerparlamentarischen Rechten in Deutschland und Österreich. Punkt. Klar, gemessen an ihrem eigenen Anspruch sind sie natürlich gescheitert. Aber wieviele neonazistische Gruppen wollten das 4. Reich aufbauen? Da hat auch kein Mensch immer gesagt: Oh, ihr seid gescheitert. Es ist aktuell viel wichtiger einerseits genau zu beobachten, wie sich die „Identitären“ weiterentwickeln, anderseits wo und wie sie ihre Leute in anderen Organisationen positionieren. Die „Identitären“ sind (immer noch) hervorragend vernetzt. Und das sogar durchaus sehr breit. Grade in Deutschland sind sie in einlösbarer Teil des großen Netzwerks rund um Götz Kubitschek und das IfS. Einige ihrer Kader sind immer noch wichtige Stimmen im rechten Diskurs und aktuell sind es eben die „Identitären“ die durch die Repression zu den großen „Märtyrern“ der Szene gemacht werden. Was eventuell ihre Position auch innerhalb der Szene nochmal stärken könnte. 
 
Auf der anderen Seite: Die aktuelle Taktik sich in Städten mittels Immobilien Stützpunkte zu schaffen und dort aktiv zu werden ist doch durchaus erfolgreich. Natürlich: An das große Vorbild „Casa Pound“ reicht das bei weitem nicht heran. Aber eine Situation wie in Halle, bei der dauerhaft eine Gefahr für Menschen von den dort festsitzenden Rechten ausgeht, ist schon krass. Und sie dort wegzukriegen ist äußert schwierig, wie aktuell alle Bemühungen vor Ort zeigen. Natürlich muss sowas immer auch in Relation gesehen werden. Nazis haben schon vor Jahrzehnten ganze Stadtteile terrorisierst. Neu ist das alles nicht. Aber: Die „Identitären“ werden wohl erstmal bleiben.
 
10. Seit unserem Interview im letzten Jahr hat sich die IB verstärkt auf Kampagnen konzentriert, die nicht mit dem klassischen Corporate Design versehen worden sind. Zum Beispiel die krachend gescheiterte Defend Europe-Aktion, die immer noch nicht veröffentlichte Patriot Peer-App (für die aber fleißig Spenden gesammelt wurde), die antifeministische Plattform „radikal feminin“ und die Kampagne „120db“. Warum verzichtet man auf das eigene Design und haben diese Kampagnen irgendwelche Erfolge vorzuweisen?
 
Anders als in Österreich wurden die „Identitären“ in Deutschland von Beginn an viel stärker in der Auseinandersetzung als „rechtsextrem“ bezeichnet & beschrieben. Das hat es ihnen von Beginn an durchaus schwer gemacht ihre Botschaften medial breiter zu streuen. In Österreich hat dieses semantische Verwirrspiel von ihnen ja jahrelang funktioniert. Das Corporate Design deswegen leicht zu verändern (wie bei Defend Europe) oder ganz wegzulassen (wie bei 120db) ist deswegen nur logisch. Das Ziel der „Identitären“ war immer an größere gesellschaftliche Debatten anzudocken und – nicht nur ihrer Logik folgend – gelingt sowas eben besser, wenn nicht von Anfang an feststeht, wes Geistes Kind du bist.
 
Fakt ist aber auch, dass die „Identitären“ sich in den letzten Jahren durchweg mit ihren Projekten übernommen haben. Apps, wie „Patriot Peer“, sind ein Projekt für ein mittelgroßes Unternehmen. Nicht sowas wie die „IB“. Auch bei „Defend Europe“ sind die Kosten ja explodiert und wären nicht amerikanische Gelder so stark geflossen, wäre die ganze Aktion sicherlich ziemlich schnell vorbei gewesen. Auch in kleineren Rahmen finden sich immer wieder dubiose Spendensammlungen, die dann irgendwie „verschwinden“.
 
Dennoch: Für ihre Zielgruppe sind die Aktionen bislang immer große Erfolge gewesen. Und das gilt es zu beachten: Aktionen richten sich ja nicht nur – wenn auch bei den „Identitären“ dominierend – an eine „Outgroup“, sondern sie haben für die Gemeinschaft auch immer formende Momente. So groß das Debakel der 120db Aktionen war: Diese Aktionen haben schon für ein neues Selbstbewusstsein bei den weiblichen Kadern gesorgt. Und aktuell wird zum Beispiel die Wiener Ortsgruppe der „IB“ sehr stark von weiblichen Kadern, die an dieser Aktion beteiligt waren, „wiederbelebt“. 
 
11. Viele rechtsradikale Orgas vernetzen sich inzwischen international. Ein Ideen- und Gedankenaustausch ist nicht neu, so haben Autoren wie Schmitt und Mohler international Einfluss ausgeübt und ein Franzose wie Benoist hat mit seinem Konzept der Metapolitik wiederum Personen in Deutschland und Österreich beeinflusst. Die unmittelbare Zusammenarbeit von antimodernen und faschistischen Gruppen und Parteien in diesem Ausmaß ist dagegen recht neu. Welche Gefahr geht davon aus?
 
Diese Frage vermischt einige Bereiche, die zwar alle miteinander verknüpft sind, aber dennoch getrennt werden sollten. Extrem Rechte Gruppen in Europa hatten immer schon, zum Teil außerordentlich, gute Kontakte untereinander. Es wird zwar immer so getan, als sei diese „Internationalität“, zum Beispiel bei den „Identitären“ was Neues. Mit Blick auf Netzwerke, wie „Blood & Honour“ können wir aber leicht sehen, dass solche Netzwerke die extreme Rechte in den letzten Jahrzehnten immer schon maßgeblich geprägt haben.
 
Aktuell erleben wir aber, dass Ideen, die Armin Mohler einst unter der „konservativen Revolution“ ideologisch motiviert subsummierte und die eigentlich vielmehr eine antiemanzipatorische Konterrevolution beschreiben, immer stärker gesamtgesellschaftliche Rezeption erfahren. Mit der AfD ist eine Partei in Deutschland groß geworden, deren Teile sich radikal völkisch verorten und in Österreich ist mit der FPÖ eine Kraft an der Macht, die in allen ausländischen Medien durch die Bank weg als rechtsextrem eingestuft wird. Auch in anderen Ländern, wie Polen, Ungarn, Tschechien uvm. sind die Autoritären in Positionen, die ihnen ermöglichen Gesellschaft radikal umzuformen. Letztlich haben wir es hierbei immer mit AntidemokratInnen zu tun. Ihr Ziel ist immer die Exklusion von Menschen und der Teilhabe von Menschen an Gesellschaft. Und hier ist auch die große Gefahr zu sehen. 
 
Neben all den direkten Übergriffen die Ideologien der Rechten zur Folge haben, erleben wir grade in vielen Staaten die Beseitigung emanzipatorischer Werte und Standards, für die in den Jahren zuvor hart gekämpft werden musste. Und diese Maßnahmen treffen Menschen hart. Geflüchtete, Menschen ohne Obdach, ohne Bildung, LGBT und so viele mehr. Letztlich muss klar sein: Diese Politik tötet. Abschiebungen nach Afghanistan töten, das Ausschalten von Hilfsorganisationen tötet. Das Einstellen von Winterpakten tötet. 
 
12. Wie wird sich eurer Meinung nach die radikale Rechte in Deutschland und Österreich in den nächsten Jahren aufstellen und welchen Einfluss kann sie ausüben?
 
Grade in Deutschland ist wohl die AfD einer der wichtigsten Player. Hier gilt es weiterhin genau zu beobachten, wer für sie arbeitet, wohin die Gelder fließen und wer mit ihnen kooperiert. Egal ob auf Landes- oder Bundesebene. Grade die anstehende Stiftung der AfD im Bund wird hierbei sicherlich „interessant“. Auch die diversen außerparlamentarischen AkteurInnen, wie EinProzent, IfS & Co. werden sicherlich dafür sorgen, dass sie weiterhin als Teil wahrgenommen werden und ihr Stück vom Kuchen bekommen. 
Jedoch haben grade die riesigen Neonazifestivals zuletzt auch gezeigt, dass der organisierte Neonazismus immer noch brandgefährlich ist in Deutschland und längst nichts, was eins nicht mehr beachten braucht. Hier gilt es wohl ebenso hinzuschauen.
 
In Österreich ist eine der großen Fragen, wie sich die Regierungsbeteiligung der FPÖ auswirken wird. So sind ja die völkischen Burschenschaften durch die Vernetzung mit der FPÖ mal wieder stärker auch in den Fokus staatlicher Repression gekommen. Die „Identitären“ scheinen aktuell darunter zu leiden, dass ihre Anliegen fast gänzlich von der FPÖ abgedeckt werden. Wie die AkteurInnen mit der Dominanz der FPÖ umgehen wird sich zeigen.
Jedoch und davon ist fest auszugehen: Die Vernetzung zwischen beiden Ländern wird wohl eher zu- als abnehmen. Grade die Gruppen rund um EinProzent, InfoDirekt, IfS & Co. haben in diese Vernetzung sehr viel Arbeit und Geld gesteckt und es ist wohl davon auszugehen, dass das weiter fortgesetzt wird. 

 

14. Und zum Abschluss: Wie geht es der Erdbeere?

 
Die Erdbeere ist immer noch sauer, dass sie beim Prozess gegen EinProzent nicht als Zeugin aufgerufen wurde. Es ging ja sehr viel um sie und ihre Postings in den sozialen Netzwerken. Sie hatte extra ein 3-seitiges Manifest verfasst: „Warum die fotosynthetische Revolution nur antifaschistisch sein kann“ und wollte dies eigentlich verlesen. Zum Glück ist es dazu nicht gekommen! 
Aber sonst geht es ihr gut. Derweil arbeiten wir beide fleißig an unserem neuen Vortragsformat. Hier wird die Erdbeere verschiedene Passagen aus den Büchern führender „Identitärer“ analysieren und kommentieren.

Demobericht Schnellroda 20.01.2018

Viel hört und liest man über Schnellroda und das Anwesen des dort ansässigen Faschisten Götz Kubitschek. Eng verwoben ist der Name mit der Zeitung „Sezession“, dem Antaios-Verlag, der Orga „Ein Prozent“, dem hochtrabend „Institut für Staatskunde“ (IfS) genannten Schulungszentrum für faschistische Kader wie zum Beispiel der Identitären Bewegung. Kein Wunder, ist er doch federführend in allen ivolviert. Kubitschek und Frau Kositza wissen sich zu vermarkten und konnten in den letzten zwei Jahren diverse Fascho Foto Lovestorys in den großen Medien einsacken. Die Realität ist dann so unspektakulär wie der wolkige Samstag mit knapp über null Grad, an dem dort gegen die gerade stattfindende Winterakademie des IfS demonstriert wird.

Schnellroda ist ein Dorf. Und mit Dorf ist hier DORF gemeint. 200 Einwohner*innen dürfte es haben, ohne Kubitschek würde niemand diesen Ort außerhalb eines 10-Kilometer-Radius kennen. Auf den Äckern liegt noch Schnee, der Boden ist moddrig. Von Halle aus hat das Kollektiv „IfS dichtmachen“ die Anreise organisiert. Am Bahnhof laufen grölende Fußballfans ein, der Hallesche FC spielt. Ein paar Cops schauen argwöhnisch, der Dresscode all black everything fällt eben doch auf.

In Schnellroda selber gibt es fünf interessante Punkte. Einmal den Sammel-, Demostart- und Endpunkt sowie die zwei Standorte, an denen Infostände über das IfS und co aufklären. Dann das Gehöft von Kubitschek (auf dem groß Antaios steht) und die Gaststätte „Zum Schäfchen“, in dem die Winterakademie stattfindet. Am Sammelpunkt laufen einem Lothar und Katharina König über den Weg, Antifa bleibt eben Lamdarbeit. An den beiden Infopunkten hängen ein paar Transpis und es gibt Infobroschüren mit Rechercheartikeln aus den letzten beiden Jahren. Viel Aufmerksamkeit bekommen diese aber nicht. Es ist anzunehmen, dass inzwischen eh alle im Dorf wissen, wer ihr Nachbar ist. Aufmerksamkeit erregen sie trotzdem, fahren doch etliche Autos vorbei. Spätestens jetzt weiß man im Dorf, dass wieder einmal eine Schulung stattfindet. Es haben sich wohl schon Anwohner*innen solidarisch mit den Protesten geäußert und gegen Kubitschek positioniert. Es ist allerdings verständlich, wenn man in einem so kleinen Ort darauf verzichtet dies zu öffentlich zu tun, vor allem wenn sich die Person der Ablehnung regelmäßig Schläger wie Mario Müller einlädt.

Viel gibt es in Schnellroda nicht zu sehen. Neben dem Gehöft von Kubitschek und der Gastronomie „Zum Schäfchen“, welche auch schon bessere Zeiten gesehen hat, fällt eigentlich nur eine Südstaatenflagge auf einem Hof auf. Rednecks im Hinterland von Sachsen-Anhalt, was es nicht alles gibt. Ansonsten ist ziemlich viel Polizei aufgefahren, man will mögliche Konfliktsituationen von vornherein unterbinden. Auch zwei Hunde sind dabei. Im Endeffekt waren die Cops aber auch nur untätig. Während beim letzten Mal noch zig Faschos draußen standen und pöbelten, gab es hier bis auf ein paar Versprengte niemanden, der irgendwie Aktionsbedarf hatte. Mario Müller ließ sich zu einer kurzen Provokation verleiten, bei der ihm dann aber die Nase geklaut wurde. Ja, so wie bei dem Kinderspiel. Auf der abschließenden Demo durchs Dorf wurde das dann auch entsprechend mit einigen „Du hast die Nase schön“-Chören von den Antifaschist*innen honoriert. Diese zog einmal durch die kleine Ortschaft, Zwischenkundgebungen beim Schäfchen und hinter Kubitscheks Gehöft. Müller fotografierte die Demo ab, ansonsten passierte nichts. Nach der Demo reiste man dann ungestört ab und kurz nach 18 Uhr war man wieder in Halle.

Was bleibt, ist eine an sich unspektakuläre Veranstaltung. Aber Antifa bleibt Landarbeit und man macht das ja alles auch nicht ausschließlich aus Spaß an der Freude, sondern aus einer Notwendigkeit heraus. Vor allem auf dem Land. Und jetzt hat man das alles mal mit eigenen Augen gesehen – auch wenn es nicht viel war.

Betrug, Verrat, Egoismus – die Identitäre Bewegung und Defend Europe

Über Monate hinweg hatte die Identitäre Bewegung kaum ein anderes Thema: Defend Europe! Mit einer für die faschistische Gruppierung bisher einmalige Medienkampagne wurde ein weltweites Medienecho hervorgerufen. Über die Connection Laura Southern/Brittany Pettibone wurde zudem der nordamerikanische Markt erschlossen, ein großer Teil der etwa 230.000 US-Dollar Spendengelder kamen aus den USA und Kanada. Führungsidentitröte Martin Sellner ist inzwischen in einer Beziehung mit Pettibone. Ein Umstand, der eigentlich egal sein sollte, würden beide nicht versuchen, ihn möglichst gewinnbringend zu vermarkten. Eine neofaschistische Lovestory über den Ozean hinweg – vielleicht das Einzige, was wirklich von Defend Europe bleibt.

Menschenfeindlichkeit mit Wahn

Die Aktion selber hat den faschistischen Charakter der Identitären Bewegung endgültig offen dokumentiert. Um die Dringlichkeit des Unterfangens zu unterstreichen wurde eine unmittelbares Untergangsszenario für Europa aufgemacht. Wenn man jetzt nichts tue, ginge alles unter. Ein klassisches Merkmal faschistischer Ideologie. Die Menschen auf der Flucht wurden in den Promovideos als Feinde und Eindringlinge dargestellt, gegen die man sich jetzt einmal richtig zur Wehr setzen müsse. Folgerichtig haben die selbsternannten „Verteidiger Europas“ auch die Zerstörung von Flüchtlingsboten angekündigt und sich selber als die wirklichen Menschenfreunde dargestellt, man wolle ja human die Überfahrt nach Europa verhindern. Wie das mit dem selbst aufgemachten Feindbild der Flüchtenden als Eindringlinge und Feinde zusammengehen soll, ist in der IB-Logik nebensächlich.

Vielleicht meinen sie ja es ja wirklich so, wer kann das schon sagen. Immerhin hat Sellner im Zuge der Medienkampagne auch antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet und behauptet, die Flüchtlingsströme würden von George Soros gesteuert werden. Der Jude Soros verdient dieser Theorie nach einerseits an Flüchtlingsströmen und Schleppertätigkeiten, je nach Verschwurbelungsgrad sind auch dunkle Mächte im Hintergrund oder Soros selber für die Fluchtursachen wie den Krieg in Syrien oder IS verantwortlich. Zudem werde mit den Menschen bewusst (manchmal im Auftrag der Mächtigen in Europa oder auch nur Angela Merkels) ein Bevölkerungsaustausch forciert und Europa/Deutschland endgültig abgeschafft. Ein Plan, der auch gerne schon seit hunderten Jahren laufen kann, die Verschwurbelten sind sich da unsicher. Mehr zur Defend Europe gibt es in diesem Artikel der Jungle World zu lesen.

Magere Ergebnisse, offene Lügen

Die Mission selber brachte eigentlich keine Resultate, die Unmengen an Spendengeldern wurden mehr oder weniger sinnfrei verballert. Bis auf ein paar Bilder und Videos auf See und einem Schiff mit IB-Banner gibt es nichts, was die Identitären nachweisen können. Ein einziges Mal kam man in die Nähe eines anderen NGO-Schiffes. Was auch nicht verwunderlich ist. Die IB-Leute verfügen über keinerlei nautische und seefahrtechnische Qualifikation und dürfen das Schiff nicht selber steuern. Und die angeheuerte Crew muss sich an internationales Seerecht halten, sonst drohen Gefängnisstrafen. Und so machten vor allem Verzögerungen, ein legendär schlechtes Interview mit Robert Timm, Verhaftungen und Asylanträge der Crew, diverse Anlegeverweigerungen und ein Motorschaden die Runde.

Gestern ist nun ein neuer Artikel in der Welt erschienen, der weitere Details vom munteren Geldverprassen auf See offenlegt. So liegt die C-Star seit dem Ende der IB-Mission Mitte August und einer Odyssee notgedrungen in Barcelona vor Anker. Schon vor ein paar Wochen war bekannt geworden, dass die Mannschaft auf humanitäre Hilfe angewiesen ist, da sie keinerlei Gehalt ausgezahlt bekommt. Das katalanische Rote Kreuz musste die Versorgung mit Trinkwasser und Nahrungsmitteln übernehmen. Im Artikel steht dazu folgendes: „Ihr Geld müssten sie vom Reeder bekommen. Doch der Schwede behauptet, die Identitären hätten nicht die volle Charter bezahlt. Sellner bestreitet dies.“ Die Crew aus Sri Lanka ist mittellos in Barcelona gestrandet und hat laut eigener Aussage seit Wochen nichts mehr von Sellner gehört.

Außerdem werden Details zur Abreise der Faschisten von Bord der C-Star gegeben. Da das Schiff nicht anlegen durfte, konnten diese das Schiff nicht verlassen. Vermutlich nur durch Druck und Empfehlung von der deutschen Botschaft konnten diese dann mit einem Beiboot an Land gebracht werden.  Der Besitzer der C-Star hatte wohl damit gedroht, die IBler in Syrien abzusetzen. Und auf See? Heldenhafte Aktionen gab es nicht, die Gruppe um Sellner durfte das Schiff schließlich nicht steuern und zudem stellt sich so eine Angelegenheit in der Realität als viel unspektakulärer dar, als man es sich vorstellt. Die C-Star hat sich zudem strikt an das Seerecht gehalten, ein irgendwie gearteter Kampf auf See stand also gar nicht erst zur Debatte.

Selbstinszenierung über alles

Aber darum geht es der IB vermutlich auch gar nicht. Es ist ihnen egal, ob sie tatsächlich etwas gemacht haben. Mit ein paar mageren Bildchen und Videos konnte zwar selbst das eigene Stammpublikum kaum über den Misserfolg der vollmundig angekündigten Aktion hinwegtäuschen, andererseits fand man in den internationalen Medien statt. Wen stört es da schon, dass eigentlich nichts passiert ist? Und wenn dabei dann offenkundig gelogen wird, ist das anscheinend auch egal. Es gibt ja Bilder.

Dabei darf die Gefahr hier nicht unterschätzt werden. Einerseits ist die IB in der Lage, große Geldsummen aufzubringen. Wie lange sie dazu in der Lage sein wird, wenn die konkreten Projekte allesamt eher bescheiden im Erfolg sind, bleibt abzuwarten. Im Moment läuft die Werbekampagne zur Patriot Peer-App an, welche Sellner in seiner typisch pseudo-intellektuellen Großkotzigkeit als „digitale Disruption für Multikulti“ ankündigt – mit passenden Merchartikeln im Bild. Die IB ist nämlich auch ein Geschäft mit den eigenen Anhänger*innen für den Lifestyle der Führungskader. Neben diesen Werbeprojekten dropped die IB im Land weiter munter Banner von irgendwelchen Gebäuden oder Orten. Wirklich interessiert das außerhalb der IB-Crew niemanden mehr, aber die einzelnen Mitglieder haben was zu tun und Bilder für Instagram.

Die wirkliche Gefahr geht dagegen von der zunehmenden Vernetzung mit Burschenschaften, AfD, FPÖ, RFS, Ein Prozent, Kubitschek, Info Direkt und Compact aus. Die IB wird hier als eine Art aktivistische Kaderschmiede in Stellung gebracht, die so öffentliche Räume (wie zum Beispiel an Universitäten) in Besitz nehmen kann und damit faschistisches Gedankengut und ihre Akteur*innen im öffentlichen Raum zu etablieren versucht.