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Dresden – Opfer oder Opfa?

Jedes Jahr aufs Neue versuchen Faschos und andere Geschichtsverdreher in Dresden ein großes Mimimi unter die Leute zu bringen. Letztes Jahr zeichnete sich die Stadt Dresden durch ein besonderes Ereignis aus. Vor der Frauenkirche wurden drei Busse aufgerichtet und erinnern an entsprechende Straßenbarrikaden in Aleppo, mit der Schutz vor Snipern des Assad-Regimes geschaffen wurde. Dresden ist aber nicht ohne Grund Hauptstadt von Sucksen. Auch in diesem Jahr versucht das nationalistische Spektrum die Bombardierungen für sich zu vereinnahmen, Dresden stellt wie immer mit dem in der DDR begonnen Opfermythos das Zentrum des Geschichtsrevisionismus dar.

Unter lautstarker Wortführung von Lutz Bachmann wurde gegen diese Installation protestiert, gegeifert und gehetzt. Bachmann ist schon lange wieder die regionale Randfigur geworden, die er immer war. Im Zuge seines unvermeidlichen Abstieges in Richtung Bedeutungslosigkeit wurde sein Tonfall immer offener faschistisch. Letztes Jahr hatte er den Revisionismus um die Dresdner Bombardierung für sich entdeckt und ließ alles vom Stapel: „alliierte[r] Bombenterror“ (1) und „Bombenholocaust“ (2) waren dabei, die Installation nannte er „die Schande von Dresden“ (3) und benutzte doch glatt IB-Sprache mit dem Wort „Remigration“ (3) Gegen die Installation wollte er Klage einreichen (2), wie so viele andere großmundige Ankündigungen von ihm ist daraus nichts geworden. Zusammengefasst: Bachmann opferte rum. Was er natürlich nicht versteht (wie all die anderen Geschichtsrevisionist*innen), ist die tatsächliche Symbolbedeutung von Dresden – wenn es denn unbedingt Dresden sein muss.

Back in the days

 

Rollen wir die ganze Angelegenheit mal von vorne auf und gehen zurück ins Jahr 1936. Mit dem Angriff der Luftwaffe auf Guernica hat das Deutsche Reich erstmals ein Flächenbombardement mit Bomberstaffeln durchgeführt (4). Die spanische Stadt wurde im Zuge dessen fast vollständig zerstört, von Picasso in einem seiner berühmtesten Werke verewigt und ist das Auftaktfanal der menschenverachtenden Kriegsführung des Deutschen Reiches. Die erste Kriegshandlung des Zweiten Weltkrieges war dann die Bombardierung von Wieluń ab 4:37 am 01.09.1939 – vor offiziellem Kriegsbeginn. Von den etwa 16.000 Einwohner*innen starben bis zu 1200 und die Stadt wurde mehr oder weniger komplett zerstört. (5) Als erste Großstadt bekam dann Warschau über Wochen hinweg ein durchgehendes Bombardement zu spüren und wurde als erste Großstadt teilweise zerstört. Weitere bekannte deutsche Bombardierungen sind die von Rotterdam, „the Blitz“ in London, Belgrad und Coventry. Hitler rief die „Luftschlacht um England“ aus und verlor sie bis Anfang 1941.

Die deutsche Kriegsführung sah großräumige Städtebombardierungen von Anfang an vor. Diese waren Teil des Vernichtungskrieges des Deutschen Reiches. Dieser traf vor allem die östlichen und südöstlichen Gebiete des europäischen Schlachtfeldes mit voller Härte und gipfelte schließlich in der industriellen Massenvernichtung von Menschen durch Menschen in den KZs und Vernichtungslagern, hauptsächlich von Juden, aber auch von Sinti, Roma und anderen „minderwertigen“ Menschen, politischen Feinden und Kriegsgefangenen. Nebenbei hat Hitler auch diverse Länder angegriffen , die nicht am Krieg partizipieren wollten. Das britische Empire und Frankreich hatten dem Deutschen Reich nach dem Angriff auf Polen den Krieg erklärt. Im Jahr 1940 griff Hitler folgende Länder an: Frankreich, Belgien, Luxemburg, Niederlande, Dänemark, Norwegen, im Jahr 1941 dann: Jugoslawien, Griechenland, Sowjetunion. Mit Ausnahme Frankreichs waren das übrigens alles einseitige Kriegserklärungen, sprich Angriffskriege.

Nach der Niederlage der Luftwaffe über dem englischen Luftraum setzte Hitler auf die Entwicklung seiner Wunderwaffen. Großangelegte Bombardements auf die britischen Inseln waren nicht mehr möglich. Bis Kriegsende wurden etwa 12.000 Flügelbomben des Typs V1 abgefeuert, etwa 3.200 Raketen des Typs V2. Die meisten davon waren auf London und Antwerpen gerichtet. Diese Sprengkörper waren ungelenkt und konnten somit überall runtergehen und alles treffen.


Total und radikal


Der deutsche Krieg wurde im Verlauf immer brutaler, Goebbels rief in seiner Sportpalastrede den totalen Krieg aus. In den besetzten Gebieten wurde der Fiebertraum der arischen Herrenrasse und des Lebensraums im Osten menschenverachtend umgesetzt, Zwangsarbeit und Erschießungen bestimmten den Alltag. Nach der Wannsee-Konferenz wurden die industrielle Vernichtung der Juden beschlossen und mit deutscher Gründlichkeit und bürokratischer Präzision in die Tat umgesetzt. Der Tod war eben ein Meister aus Deutschland. Und gestört hat es die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit offenbar nicht. Es gab genügend Leute, die in den Konzentrationslagern gearbeitet haben, der Rassenwahn war offizielle Staatsdoktrin. Selbst bei immer härter werdender Brutalität auch der eigenen Bevölkerung gegenüber regte sich kein nennenswerter Widerstand. Gab es zum Ende des Ersten Weltkrieges die Novemberrevolution, gab es jetzt den Kadavergehorsam. Das NS-Regime wurde von der Bevölkerung bis zum bitteren Ende mitgetragen. Keine meuternden Matrosen, keine revoltierenden Wehrmachtsverbände, keine streikenden Fabriken, nichts. Aus diesem Grund wird auch mit Fug und Recht von den Deutschen als Tätervolk gesprochen. Weil die Bevölkerung in ihrer Gesamtheit das schlimmste aller Verbrechen von Menschen an Menschen zugelassen und mitgetragen hat – den Holocaust.

Wer ist dran schuld?

 

Und was hat dieser historische Ausflug jetzt mit Dresden zu tun? Ganz einfach: Hier wird von rechter Seite versucht, die Deutschen als Opfer darzustellen. Über Sinn und Unsinn der alliierten Flächenbombardements von Städten, des sogenannten „moral bombing“, lässt sich streiten. Es war auch damals in der britischen Generalität nicht unumstritten. Aber wer trägt die eigentliche Schuld daran? Ist es nicht etwa das Deutsche Reich selber, dass diese Taktik mit Guernica und Wieluń eingeführt hat und den Grundstein für alle späteren Aktionen dieser Art legte? Es ist einzig und allein dem Sieg des Empires in der Luftschlacht um England zu verdanken, dass die deutsche Luftwaffe ihrerseits die Flächenbombardements nicht weiterentwickeln konnte. Später verhinderte die enorme Frontlänge verbunden mit Produktions- und Nachwuchsproblemen größere Bomberaktionen des Deutschen Reiches. Das zivile Opfer den Deutschen egal waren, zeigen die V1 und die V2 unwiderruflich, es ging einzig um Zerstörung und Chaos.

Der Zweite Weltkrieg wurde vom Deutschen Reich begonnen und zwar ab der ersten Minute mit einer unvorstellbaren Menschenverachtung und -vernichtung auf allen Ebenen. Es war ein Vernichtungskrieg. Es gab keine „edle Wehrmacht“, wie sie von vielen Faschos heute gerne stilisiert wird. Das Deutsche Reich hat die Brutalität selbst in diesen Krieg eingeführt und ihn dann auch noch für „wenn nötig, totaler und radikaler, als wir ihn uns heute überhaupt erst vorstellen können“ erklärt. Wer denkt, dass ein Land, welches den Holocaust mit stillschweigender Billigung der Bevölkerung durchführt, in einem derartigen Krieg das Opfer ist, der hat so Einiges nicht verstanden. Wenn dann auch noch die Einmaligkeit des Holocaust auf das Tätervolk umgemünzt wird („Bombenholocaust“), dann sind endgültig alle Sicherungen durchgebrannt. Die Schuld an den Toten in Dresden trägt Nazideutschland. Und niemand sonst. Dresden ist somit eines der Symbole für den totalen Krieg. Du kannst nicht einfach einen Vernichtungskrieg starten, ohne dafür eine Antwort zu bekommen. Und genau dieses Symbol ist Dresden: Das Resultat der eigenen Menschenverachtung.

(1) http://archive.is/1Ql7L
(2) Bachmann sagt „Bombenholocaust“ bei Minute 2:20 https://www.youtube.com/watch?time_continue=139&v=TOodEjvCECE
(3) http://archive.is/T2ZeJ
(4) Darstellung des Angriffs auf Guernica mit vielen Quellenbelegen: http://www.bits.de/public/articles/ami/ami07+08-03.htm
(5) http://www.spiegel.de/einestages/kriegsbeginn-1939-a-948468.html

 

Recherche: Einprozent und die rechten Ausschreitungen in der Bremer Straße in Dresden

24. Juli 2015: Nazis in der Bremer Straße

Heute vor zwei Jahren mündete eine NPD-Demonstration in Dresden in schwere Ausschreitungen, bei denen Flaschen und Böller auf Gegendemonstrant*innen geworfen wurden. Die vollkommen überforderte Polizei konnte kaum etwas gegen die etwa 200 Nazis und Rassist*innen ausrichten. Drei Menschen wurden verletzt, unter anderem erlitten zwei Teilnehmerinnen der Gegendemonstration Kopfverletzungen durch geworfene Glasflaschen.

Die Gewalt richtete sich einerseits gegen linke Demonstrant*innen, andererseits gegen Asylbewerber*innen, deren Einzug in das Zeltlager in der Bremer Straße für diesen Tag angekündigt war. Es war ein Angriff auf die Freiheit Andersdenkender und Andersaussehender.

Gerade in diesem Zusammenhang kann es nur als blanker Hohn verstanden werden, wenn mindestens zwei der damals Beteiligten am 17. Juli 2017 gegen einen Vortrag von Heiko Maas und gegen die angebliche Einschränkung der Meinungsfreiheit protestieren.

17. Juli 2017: Überschneidungen mit „Dresden 5k“ beim Anti-Maas-Protest

Heute vor einer Woche gelangten während des Vortrags von Heiko Maas sechs männliche Personen auf die Bühne. Sie hatten schwarze Tücher mit der Aufschrift „Stasi 2.0“ vor den Mündern, einer hielt ein Transparent mit der Aufschrift „Maas = Stasi“ in die Kameras. Nach Ende der Veranstaltung wurden mindestens zwei von ihnen vom russischen Sender „RT Deutsch“ interviewt.

Nach Angaben des Netzwerks „Ein Prozent für unser Land“ ist die Aktion der Einprozent-Gruppe „Dresden 5k“ zuzuordnen.

Einer der sechs Beteiligten war Ronny Thomas (1). Thomas kann auf eine langjährige Karriere in der lokalen Naziszene zurückblicken: 1997 NPD-Kreisverbandsvorsitzender, bis er wegen eines brutalen Angriffs auf Jugendliche zurücktreten musste. Er ist mehrfach vorbestraft, hat zwei Haftstrafen verbüßt. Zudem galt er jahrelang als Führungsfigur der „Freien Kräfte Dresden“ und betrieb die Website des „Aktionsbündnis gegen das Vergessen“, das sich für die Naziaufmärsche zum 13. Februar verantwortlich zeichnete. Nach deren Aufkommen beteiligte er sich an den sich bürgerlich gebenden rassistischen Initiativen in Dresden und Umgebung, etwa am 22. Oktober 2015 an der Blockade einer Geflüchtetenunterkunft in Dresden-Übigau und am 14. April 2016 an einer Demonstration des „Demokratischen Aufbruchs Sächsische Schweiz“ in Sebnitz.

Neben Ronny Thomas war mindestens eine zweite Person (2) der „Dresden 5k“-Truppe an den Ausschreitungen in der Bremer Straße beteiligt. In einem Video ist zu sehen, wie der blonde Mann in rotem Hemd von einer erhöhten Position aus Wasser an die anwesenden Nazis verteilt. Ob er und Thomas sich damals schon kannten, ist unklar.
Am dritten Oktober posierte er zusammen mit Edwin Wagensveld und Tatjana Festerling in einem Schlauchboot mit den Aufschriften „Und wer rettet uns?“ & „Wer Merkel wählt, wählt den Krieg! Es lebe EINPROZENT u. Festung Europa!“
Auch zu weiteren Veranstaltungen trat er als Einprozent-Mitglied auf, so am 3. April 2017, zusammen mit dem oben erwähnten Nazi Ronny Thomas. An diesem Tag hielt er auch das Pegida-Fronttransparent, direkt neben Bachmann Senior.
Ein Foto vom 26. Juni 2017 zeigt ihn zusammen mit zwei weiteren „Dresden 5k“-Mitgliedern, die sich an der Aktion gegen Maas beteiligt hatten.
Am 10. Juli 2017, der ersten Pegida-Demo nach dem G20-Gipfel in Hamburg, brachte unser „Dresden 5k“-Mann anwesenden Polizisten Geschenke, die sie aus Korruptionsgründen allerdings nicht annehmen konnten.

Als dritter an der Aktion gegen Maas Beteiligter sei der „Pfarrer Hans“ (3) erwähnt. Unter diesem Namen jedenfalls trat er am 10. April 2017 als Redner bei Pegida auf. Dort schürte er Hass gegen Muslime und Geflüchtete, die seiner Meinung nach Christen kreuzigen würden. Außerdem verglich er das Vorgehen von „Linksideologen“ mit den Taten der Nationalsozialisten 1933 bis 1945 und unterstellte unter anderem der Bundestagsvizepräsidentin Petra Pau, zu „versuchen, das deutsche Volk auszulöschen oder zu Arbeitssklaven für hereinströmende Herrenmenschen zu machen“.
Einer Verlautbarung der Ev.-Luth. Landeskirche Sachsens zufolge ist Hans „kein Pfarrer und hat auch nie bei der sächsischen Landeskirche gearbeitet.“

Fazit

Im Netzwerk „Ein Prozent für unser Land“ sind zahlreiche Gruppen organisiert, die, finanziell ausgestattet, zu größeren und kleineren Aktionen befähigt werden. Man versteht sich als „Bürgernetzwerk“ von „unzufriedenen Demokraten“, als „seriöse Lobbyorganisation für verantwortungsbewusste, heimatliebende Bürger“. Artikel wie dieser zeigen allerdings: Beim genaueren Hinschauen stecken unter der bürgerlich-demokratischen Fassade oft extreme Rechte und Menschen, die mit ihnen und ihren Ideen paktieren.

Quelle Beitragsbild: Frank Stollberg @ Twitter

G20-Gefährder*innenansprachen durch Polizei in Dresden

Berichten zufolge hat die Polizei in Dresden heute (28.06.2017) mehrere Ansprachen mit Privatpersonen bezüglich des anstehenden G20-Gipfels durchgeführt. Dies soll sowohl am Wohnort als auch auf dem Arbeitsplatz geschehen sein. Wie genau die Polizei die persönlichen Daten ermittelt hat und nach welchen Maßstäben die Personen als Gefährder*innen gelten ist bisher nicht bekannt. Die Ansprachen sollen vom Dezernat 5, dem polizeilichen Staatsschutz, durchgeführt worden sein. Es wurde auch schon mindestens ein Aufenthaltsverbot für die Stadt Hamburg und den Zeitraum des G20-Gipfels ausgesprochen.

Ob die Ansprachen und die dafür notwendige Erfassung der Personen mit den in den letzten Monaten verstärkt konstruierten ED-Maßnahmen rund um die Pegida-Proteste zu tun hat, kann erst einmal nur gemutmaßt werden. Anwälte wurden eingeschaltet und eine kleine Anfrage im Landtag ist in Arbeit. Vor allem eine Ansprache auf dem Arbeitsplatz ist eine starke Repressionsmaßnahme.

Hier ein Fall einer Ansprache: https://twitter.com/Mr_Tuetenquark/status/880081266611286019

Eine kleine Anfrage zu Gefärder*innenansprachen im Sächsischen Landtag aus dem Jahr 2016: https://s3.kleine-anfragen.de/ka-prod/sn/6/4746.pdf

Wie verhält man sich richtig bei einer Ansprache? Ein paar Ausführungen von Jürgen Kasek: https://juergenkasek.wordpress.com/2017/06/28/gefaehrderansprachen/