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Linksunten weg – und nun?

Gestern morgen machten die ersten Nachrichten die Runde: linksunten, der deutsche Ableger von Indymedia, wurde per Vereinsgesetz verboten. Dazu gab es Razzien in Freiburg und die Seite wird so gut es geht vom Netz genommen. Aufregung überall: Was genau ist passiert? Wie sieht das Verbot genau aus? Was passiert mit linksunten?

Das Verbot

Das Bundesministerium des Innern ließ dazu verlauten:

„Verboten wurde, die unter der URL https://linksunten.indymedia.org sowie die im Tor-Netzwerk
unter der Adresse http://fhcnogcfx4chZe7.onion abrufbare
Internetseite des Vereins zu betreiben, zu hosten, bereitzustellen und weiter zu verwenden.

Dies gilt auch für die sonstigen Internetpräsenzen des Vereins, zum Beispiel auf Twitter. Sämtliche E-Mail-Adressen des Vereins, insbesondere linksunten@indymedia.org, sind abzuschalten. Das Vereinsverbot umfasst auch Nachfolgeorganisationen von ,,linksunten.indymedia“.

Ferner ist es verboten, Kennzeichen des Vereins ,,linksunten.indymedia“für die Dauer der Vollziehbarkeit des Verbotes zu veröffentlichen. Dies betrifft insbesondere die grafische Verwendung des prädgenden Vereinsnamensbestandteils ,,linksunten“ im Schriftzug
,,linksunten.indymedia.org“ in roter Farbe kombiniert mit der Darstellung des Buchstabens ,,i“ von dem beidseitig Funkwellen symbolisierende Klammerzeichen abgehen.“

Was war linksunten denn überhaupt?

 

Nun ja, alles und nichts. Indymedia ist eine Plattform (mit linksunten als mehrheitlich deutschsprachigem Ableger), auf der Personen Inhalte einstellen konnten. Umgangssprachlich wurde daraus dann ein „Schau mal bei Indy nach.“ Linksunten selber stellt keine Inhalte rein, es liefert nur die Infrastruktur. Ob das Einzelpersonen von linksunten nicht auch mal gemacht haben, ist natürlich nicht ausgeschlossen. Beiträge jenseits seltener Aussagen bezüglich technischer Angelegenheiten gab es von linksunten nie.

Durch die Offenheit der Plattform und einer unabhängigen Serverstruktur, die eine strafrechtliche Verfolgung der Inhalte unmöglich macht, führten zu einem sehr unübersichtlichen Gewirr an Inhalten. Wobei sich im Laufe der Zeit der Content schon grob in drei Kategorien einordnen ließ: Recherche + Outings, Aufrufe/Ankündigungen/Stellungnahmen und Bekenner*innenschreiben. Zu Beginn der 2000er hatte Indy eine weltweit wichtige Rolle und stellte erstmals eine unabhängige Plattform zum Publizieren von Inhalten zur Verfügung. Damit war es quasi ein Vorläufer des heutigen Bloggings und unabhängiger Netzpresse.Mit dem Aufkommen eben dieser nahm die Bedeutung der Plattform immer weiter ab, so dass sie im deutschsprachigen Raum zuletzt eigentlich exklusiv vom linken Spektrum genutzt wurde.

Recherche und Outings

Die größte aktuelle realgesellschaftliche Relevanz dürfte linksunten durch die zahlreichen Recherchebeiträge und Outings zu rechten Strukturen und Personen erzielt haben. Im Laufe der Jahre ist hier schlichtweg DIE Anlaufstelle in Sachen Recherche und Rechercheveröffentlichung entstanden. Wer wissen wollte, was in Göttingen so im Laufe der Jahre so passiert ist, wurde hier fündig. Namen, Adressen, Fotos, Aktionen und sonstige Aktivitäten – was auch immer für Antifas interessant ist, wurde hochgeladen. Die Suchfunktion war zwar alles andere als ausgefuchst und man musste sich schon eine Weile durchklicken, um dann an die gewünschten Infos zu kommen. Aber das ist bei Recherchearbeit eh immer notwendig.

Die Qualität und Vollständigkeit der Recherche war dabei selbstredend immer von denen abhängig, die sie gemacht haben. Wenn niemand in Berchtesgarden was zu Leuten in Berchtesgarden in Erfahrung bringt und den Leuten dann zur Verfügung stellt, dann gibt es dazu nichts. Nur weil zu einer Person oder einer Sache auf Indy nichts zu finden war, hieß das noch lange nichts. Dennoch kam im Laufe der Jahre das größte deutschsprachige Kompendium über Rechte zusammen. Dies wissen auch die Behörden in Deutschland, ein täglicher Blick auf die Seite dürfte in vielen Amtsstuben Alltag gewesen sein. Denn hier fanden sich Sachen, die kostenlos für alle zur Verfügung stehen. Und oftmals besser recherchiert waren als das, was die Polizei zu liefern hatte. Während der VS noch fleißig die Akten zum NSU-Komplex schredderte, wurde auf linksunten fleißig dazu veröffentlicht.

Aufrufe/Ankündigungen/Stellungsnahmen

Mehr oder wenige jede Strukturgruppe in Deutschland unterhält einen eigenen Blog, üblicherweise über Noblogs oder Blackblogs gehosted, größere wie die IL auch eigene Websites. Dennoch wurden so ziemlich alle relevanten Aufrufe für Demos, Stellungsnahmen oder Veranstaltungshinweise auch noch einmal separat auf linksunten eingestellt. Neben Rechercheinfos bekam man so auch gleichzeitig einen guten Überblick über das aktuelle Geschehen im deutschsprachigen Raum. Seien es nun Prozessberichte, Hinweise der Roten Hilfe, Demoankündigen mit Aktionskarten und allen Infos dazu oder Bekanntmachungen – hier war alles zu finden. Dazu gab es dann auch noch Aufrufe, die nicht immer mit der deutschen Rechtslage konform gingen. So wurde hier der eine oder andere Tag X ausgerufen, Gewalt angedroht oder Militanz angekündigt.

Bekenner*innenschreiben

Der wohl gewichtigste Grund für das Verbot dürften die Artikel sein, in denen sich anonyme Personen oder Gruppen zu zum Teil illegalen Aktionen bekannt haben. Egal ob abgefackelte Autos von Cops, Hausbesuche bei Neonazis oder Kabelbrände bei der Bahn – hier gab es alles zu finden. „Oh, die AfD jammert wegen Graffitis rum? Mal bei Indy reinschauen.“ So oder so ähnlich ging es regelmäßig bei möglichen militanten Aktionen aus den linken Spektrum. Gerne wurde dies dann mit Erklärungen der Gründe für bestimmte Aktionen genutzt, verbunden mit ideologischer Herleitung, Aufruf zu weiteren Aktionen dieser Art und durchaus auch einer ordentlichen Portion Selbstprofilierung.

Sonst so

Neben diesen drei Hauptpunkten wurden auch immer wieder Artikel aus der Presse hochgeladen und so zum Beispiel Bezahlartikel kostenlos zur Verfügung gestellt. Von Zeit zu Zeit wurden auch ideologische Debattenbeiträge veröffentlicht, wirklich viele waren es aber nicht. Im Laufe der Jahre hat Indy sich auf ein Informationsmedium für das linke Spektrum eingependelt.

Alles eitel Sonnenschein?

Linksunten ist neben der strafrechtlichen Komponente und gegen den Staat gerichteten Komponente auch aus linker Sicht in einigen Punkten kritisch zu sehen. Zum einen wären da die Probleme der offenen Plattform. Wenn alle etwas einstellen können, dann werden das nicht nur Linke nutzen. Wie viele Artikel dort von Rechten oder Cops im Feierabend hochgeladen wurden, ist unklar. Überprüft wurden Artikel nicht, nur bei offensichtlichen Fakes wurde dann mal gelöscht. In letzter Zeit ließ sich aber auch immer wieder ein Missverhältnis in der Löschpraxis erkennen. So wurden Beiträge zum Thema antizionistischer Antisemitismus oder sogar ein Aufruf der autonomen antifa w gelöscht, Solikundgebungen mit dem Assadregime und Rückblicke dazu durften aber stehen bleiben. Oder um es kurz zu machen: Die Moderation war zeitweise merklich antiimperialistisch geprägt und auch dem Anspruch einer unabhängigen Plattform dann nicht mehr gerecht werdend.

Die Kommentarsektion war legendär, da sich hier mitunter Cops, Rechte und Linke aller Richtungen gegenseitig an die Wolle gingen. Und da man keinen Account zum kommentieren brauchte und auch noch für jeden Kommentar einen neuen Namen wählen konnte, gab es hier teilweise unschöne Sachen zu beobachten. Zum Beispiel wurden dann Kommentare unter falschem Namen abgegeben, um die betreffende Person zu denunzieren. Auch gab es immer wieder mal Artikel von sich selbst als links sehenden Personen, die Screenshots von privaten Unterhaltungen einstellten und andere Linke damit denunzierten. Am bekanntesten sind hier natürlich die beiden gefälschten Schreiben zu den Anschlägen in Dresden und Dortmund. Schnell was eingestellt, Sceenshot gemacht und schon ist die Antifa dafür verantwortlich – zumindest bei den rechten Medien.

Auch über Sinn und Unsinn etlicher Beiträge lässt sich streiten. So wichtig der Kampf der Ureinwohner*innen in Australien auch sein mag, jede Woche neue Updates dazu zu bekommen ist dann für den deutschsprachigen Raum doch etwas zu viel – vor allem, da wir hier auch Themenbereiche haben, die mehr Aufmerksamkeit verdienen. Aber hey, muss man ja nicht lesen. Stellenweise machten einige Veröffentlichungen auch den Eindruck, dass hier reine Selbstprofilierung in der eigenen Teilszene betrieben werden sollte. Ob man sich nun für alles feiern muss, was irgendwie nach Militanz riecht, muss jede Person für sich selbst entscheiden. Manchmal gab es aber auch einfach pr-technisch gesehen unkluge Dinge zu lesen. Vor der Demo für die Rigaer Straße nach toten Cops zu rufen deeskaliert die Situation im Vorfeld nicht unbedingt  und führt dann auch gerne mal dazu, dass ein Artikel in den großen Medien aufgegriffen und gegen das radikal linke Spektrum verwendet wird. Und sich auf Indy groß selbst abzufeiern und als radikal zu präsentieren erreicht die Mehrheitsgesellschaft auch nicht wirklich.

Überraschung?

Nein, eigentlich nicht. Es ist absolut nicht verwunderlich, dass der Staat gegen linksunten vorgeht. Denn die Inhalte auf der Plattform sind ganz oft direkt gegen Staat gerichtet und auch gerne mal als direkte Kampfansage formuliert. Dazu kommen jetzt zwei zeitliche Zusammenhänge: G20 und Bundestagswahl. Nach dem medial und gesellschaftlich überbordenden Backlash nach den G20-Ausschreitungen war klar, dass Symbolpolitik gegen links erfolgen wird. Zuerst wurde sich auf die Rote Flora (abgeschwächt auch auf andere linke Zentren wie das Conne Island) eingeschossen. Da sieht die Sache rechtlich aber vermutlich etwas schwieriger aus. Die Politik will aber Köpfe rollen sehen, also wird nach lohnenden Zielen gesucht. Und da bietet sich Indy eben an.

Im öffentlichen Diskurs lässt sich hier anhand diverser Texte ganz leicht begründen, warum vorgegangen wurde. Ob das rechtlich haltbar ist, ist dabei auch erst einmal nicht so wichtig. Die Struktur hinter linksunten muss sich jetzt mit dieser Repression befassen, was Zeit , Nerven und Geld kostet. Die CDU hat vor der Bundestagswahl noch schnell Aktivität gegen die ganzen bösen Linksterrorist*innen gezeigt und einer der geforderten Köpfe ist (fast) ab. Machen wir uns nichts vor, wir haben es hier mit buisness as usual zu tun. Überrascht sein kann davon niemand.

Und nun?

Das ist die große Frage. Wirklich viel Raketenwissenschaft ist dafür aber auch nicht notwendig. Die (meisten) Daten von Indy werden irgendwo gespeichert sein und eine Plattform wird in der ein oder anderen Art und Weise mit diesen Daten wiederkommen. Linksunten selber hat ja am Tag nach den Razzien und der vorläufigen Abschaltung ein „We’ll be back“ angekündigt. Mal schauen, was da noch so kommt. Sollte Indy selber nicht wieder kommen, wird es einen andere Plattform ähnlicher Art geben. Die Frage ist halt, ob dies dann auch mit allen dokumentierten Daten passiert oder nicht. Vor allem die Recherchebeiträge sind elementar wichtig für den antifaschistischen Aktivismus in Deutschland.

Und es stellt sich die Frage, ob es dafür nicht eventuell eine Plattform unabhängig von Indy geben sollte, die diese Beiträge (die im Sinne der Persönlichkeitsrechte auch strafbar sind) von den Aufrufen, Ankündigungen und Bekenner*innenschreiben abkoppelt, die maßgeblich das Vorgehen gegen Indy öffentlich rechtfertigen. Unabhängig davon gibt es ja diverse Blogs, Seiten und Social Media-Kanäle, auf denen entsprechende Aufrufe und dergleichen veröffentlicht werden. dafür braucht es Indy nicht zwangsläufig.

Möglicherweise wird es auch weitere Repressionen gegen den Onlineaktivismus geben. Mit Noblogs und Blackblogs gibt es zwei weitere Plattformen, die via WordPress eine unabhängige Blogstruktur zur Verfügung stellen. Wie genau der Staat dagegen vorgehen kann, ist ungewiss. Sicher ist aber, dass es weitere Repressionen nach G20 geben wird. Die Rote Flora wird immer noch bearbeitet, aber auch andere Gruppen wie die Rigaer 94 dürften weit oben auf der Liste stehen.

Die Welt ist nicht linksunten

Bei aller Relevanz, die Indy für den linken und linksradikalen Aktivismus im deutschsprachigen Raum hat, sollte eines klar sein: Es gibt einen Aktivismus jenseits von linksunten und sogar außerhalb des Internets. Schock! Ja wirklich! Bei all der berechtigten und inhaltlich absolut vertretbaren Kritik am Verbot – es ist eine Internetseite. Nicht mehr, nicht weniger. Wer meint, dass Indy den kompletten linken Aktivismus spiegelte, hat da was nicht verstanden. Wer meint, mit einem Aufruf auf Indy zu irgendwas würde sich sofort was ändern, hat da was nicht verstanden. Wer meint, dass Indy DER Weg zur befreiten Gesellschaft ist, hat so einiges nicht verstanden. Wer meint, Indy seien die Pflastersteine, die die Welt bedeuten – ihr wisst schon.

Als Rechercheplattform ist Indy erst einmal nicht zu ersetzen und hoffentlich werden alle Daten irgendwo wieder hochgeladen. Für die Aufrufe, Ankündigen und so weiter gibt es sichere Blogs und Facebook. Und wer sich zu irgendwas bekennen will, muss dann halt wieder andere Wege finden, um dies kundzutun. Über nen Blog oder ne  safeE-Mail an safe Seiten/Accounts/Blogs (zwinker zwinker) schicken. Sollte Indy nicht zurückkommen, sortiert sich der Markt natürlich erst einmal neu. Und? Ist das jetzt so schlimm? Antifa passiert nicht nur online. Eine zentrale Anlaufstelle ist weg? Gibt ja inzwischen dutzende andere. Indy war ein praktischer Service, mehr aber eben auch nicht. Die Kommentarsektion war teilweise unterirdisch. Wirklich gute Artikel mit Denkansätzen gab es kaum und wenn ja, hat die Kommentarsektion mal wieder geregelt.

Und wie es mit einer Internetplattform eben so ist: Sie ist nicht das Leben. Sie ist nicht die Welt. Das alles findet da draußen statt. Dorstfeld, Hellersdorf oder Dresden werden nicht mehr oder weniger Nazis haben als vorher. Wer wirklich etwas tun will, organisiert sich selber. Bildet Bezugsgruppen und macht Strukturen. Kümmert sich um die eigene Hood und dann noch die daneben. Macht sich Gedanken darüber, wie mehr Leute angesprochen werden können. Das Befriedigen der eigenen In-Crowd ist natürlich auch irgendwo wichtig, bringt aber langfristig nicht viel. Wer die Gesellschaft verändern will, darf sich von ihr nicht vollständig abschotten. Wer die Gesellschaft ändern will, muss Basisarbeit leisten. Egal ob Indy nun online ist oder nicht. Der Kampf geht weiter.

Die AfD-Chatprotokolle – keine wirkliche Überraschung

Vor ein paar Tagen wurden auf Indymedia Chatprotokolle aus einer intern WhatsApp-Gruppe der AfD Sachsen-Anhalt um Landeschef Andre Poggenburg geleaked. Im Original nachzulesen hier: https://linksunten.indymedia.org/de/system/files/data/2017/06/3098700935.txt Die grundlegende Echtheit wurde inzwischen bestätigt, unter anderem von Poggenburg selber. Der Leak wird noch ausgewertet, es finden sich aber diverse Schmankerl. Von Todesstrafe für Kinderschänder und Drogendealer über politische Säuberungen im Journalismus nach der Machtergreifung bis hin zu „Deutschland den Deutschen“ und einer möglichen Erweiterung der Grenzen war alles zu finden. Neben Poggenburg sind diverse AfD-Funktionäre, mögliche Bundestagskandidat*innen und auch Angestellte der Bundespolizei in der Gruppe aktiv (gewesen).

Nichts Neues

Das mediale Echo ist inzwischen gewaltig, auf sämtlichen Kanälen wird darüber berichtet. Und in der Tat, diese Protokolle sind ein dicker Fang. Daran darf kein Zweifel bestehen, auch wenn ein früher Kommentar auf Indy den einzigen Nutzen in den Telefonnummern sah. Aber was wird denn hier tatsächlich dokumentiert? Für Menschen, die sich mit der Materie (also der AfD) auseinandersetzen und ein bisschen Ahnung von Faschismus bzw. politischer Theorie im Allgemeinen haben, nichts Neues.

Seit Jahren wird über den Rechtsrutsch der AfD berichtet, die faschistoiden beziehungsweise offen faschistischen Tendenzen wurden immer stärker und sind gut dokumentiert. Auf allen Ebenen der AfD bis hinauf in den Bundesvorstand gibt es waschechte Faschist*innen. Seien es nun Personen wie Höcke oder Nerstheimer, dank der AfD sitzen Faschos in deutschen Parlamenten und werden in den Bundestag einziehen, wenn sich die AfD nicht noch weiter zerlegt. Kontakte zu gewaltbereiten Neonazis sind auch dokumentiert, Sei es zur IB oder als Saalschutz/Security bei z.B. Poggenburg oder Bystron.

Ob nun auf Facebook der Wehrmacht gehuldigt wird, die jüdische Weltverschwörung geteilt werden muss oder im Landtag von Linken als „Wucherung am deutschen Volkskörper“ die Rede ist (schon wieder Poggenburg), wir haben es mit faschistischem Gedankengut zu tun. Und das nicht nur mal hier und da, sondern konstant und wie gesagt auf allen Ebenen. Ob im Ortsverband Wanne-Eickel oder von Höcke persönlich – Faschismus iz da. Die AfD ist noch keine vollkommen faschistische Partei. Die Faschist*innen haben aber das Ruder in der Hand.

No shit Sherlock

Und was machen Faschos? Faschodinge natürlich. Und wie verhalten sie sich, wenn sie sich relativ ungestört wähnen? Wie Faschos eben. Und was für Forderungen werden sie dann haben? Faschoforderungen natürlich. Die Protokolle sind also weder großartig überraschend noch irgendwie besonders – wenn sie im Kontext des Faschismus innerhalb der AfD gedacht werden. Für unbedarfte Bürger*innen mag sich das alles sehr erschreckend anhören, dabei ist das exakt das, was Faschos eben so denken und von sich geben. Wir reden hier schließlich von einer menschenverachtenden totalitären Ideologie, deren Anhänger*innen sich in der Regel auf einer Art heiliger Mission für das eigenen Volk sehen, welches vor dem Untergang bewahrt werden müsse.

Nur weil Onkel Bernd ein guter Sportlehrer war, macht ihn das nicht zwangsläufig zu einem guten Menschen. Die NS-Zeit hat gezeigt, dass das absolute Grauen sich hervorragend mit Benehmen und Anstand im gesellschaftlichen Kontext verbinden lässt. Wenn jetzt also AfD-Mitglieder die Todesstrafe fordern, mal richtig in Deutschland aufräumen wollen oder von der Machtübernahme träumen, dann ist das eben ganz genau das, was faschistisches Denken ausmacht. No shit Sherlock

Und das ist gut so

Jetzt haben wir aber diese ganzen Chatprotokolle. Was bringt uns das jetzt? Es bringt den Nachweis für das, was wir (und viele andere) immer wieder propagiert haben: Die AfD geht intern viel weiter als das, was ihr Programm hergibt. Keine andere große Partei dürfte eine so große Diskrepanz zwischen internen Forderungen und Wünschen sowie dem Wahlprogramm haben. Einige Teile der Linkspartei vielleicht mal ausgenommen. Oft kam in Auseinandersetzungen das Argument, dass die AfD das so gar nicht in ihrem Programm zu stehen habe. Für die Erwiderung, dass große Teile der Partei insgeheim viel weiter als das Programm gehen und knallhart faschistisch seien, gibt es jetzt DEN Beleg.

Die breite Öffentlichkeit und der politische Diskurs kommen jetzt nicht mehr darum, sich mit dem faschistischen Kern der AfD zu beschäftigen. Bundesweit dürften direkt im Anschluss diverse Chatgruppen gelöscht worden sein, um mögliche weitere Leaks zu verhindern. Aber es nützt alles nichts, die Protokolle sind. Und mit ihnen der Nachweis, wie zumindest weite Teile der Partei ticken und was ein Landeschef so alles durchgehen lässt oder selber von sich gibt. Keine Überraschung, aber jetzt nachgewiesen. Und das ist gut so.