Oury Jalloh – ein Name, der ein Fingerzeig ist, ein Fingerzeig auf einen Justizskandal, auf institutionellen Rassismus, auf Bullengewalt und auf die Gleichgültigkeit einer breiten Masse der Bevölkerung, die weiß, dass der/die Mörder noch heute in ihrer Mitte ist/sind. Jalloh lebte damals seit 4 Jahren als geduldeter Asylsuchender in Deutschland.
7. Januar 2005, Deussauer Polizeigewahrsam, Zelle 5, rechtswidrig dort festgehalten
Da wurde Oury Jalloh ermordet, fixiert auf einer schwer entflammbaren Matratze. Noch bevor die Tatortarbeiten begannen, gaben Beamten vorschnell ihre Thesen zum Besten, Jalloh habe sich selbst angezündet. Wenn einem der Arsch auf Grundeis geht… Ein Feuerzeug am Tatort war nämlich nicht zu finden.
Im Laufe der polizeilichen Untersuchungen wurden dann erstmal schön die „Beweise“ zurechtgelegt, so z. B. Feuerzeugrest, die dann drei Tage später angeblich doch noch in der Zelle gefunden worden seien, aber aus unerfindlichen Gründen erst 2012 untersucht wurden und weder Spuren von Jallohs Kleidung, Matratze oder DNA aufwiesen.
Die nächsten Jahre waren durchzogen von verschwundenen und manipulierten Beweismitteln, widersprüchlichen ZeugInnenaussagen und einer Vertuschung in Zusammenarbeit von Bullerei und Justiz.
2014 rollte die Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau den Fall neu auf. Die Todesursache sollte nun endgültig geklärt werden. Ein neues Gutachten musste her. Dieses kam zu dem Schluss, dass die Beteiligung Dritter, sprich eine Fremdeinwirkung in irgendeiner Form, als wahrscheinlich betrachtet werden muss. Auf Basis dieses Gutachtend ließ die Staatsanwaltschaft den Brand simulieren, um einen möglichen Tathergang sowie zeitliche Abläufe zu rekonstruieren.
Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg entzog der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau 2017 den Fall und gab ihn weiter nach Halle. Das zuvor erstellte Gutachten ist nie veröffentlicht worden. Noch im Oktober 2017 wurde das Verfahren von Halle dann fügsam eingestellt.
Als einen Monat später durch das Magazin Monitor Infos der Staatsanwaltschaft Dessau-Roßlau veröffentlicht wurde, war nachdrücklich klar: Oury Jalloh starb mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Fremdeinwirkung. Dies zeigten mehrere Gutachten zu Brandschutz, körperlicher Verfassung und der chemischen Reaktionen von Stoffen am Tatort. Es war nicht mehr von der Hand zu weisen, dass Jalloh vor dem Feuer schwer misshandelt wurde und mindestens handlungsunfähig wenn nicht schon tot war, so sah es auch der leitende Staatsanwalt aus Dessau-Roßlau. Er nannte sogar mögliche Verdächtige der Dessauer Bullen.
So grotesk es für Außenstehende klingen mag, es gelang der zuständigen Staatsanwaltschaft in Halle, die Einstellung des Verfahrens beizubehalten. Kein Wunder, wusste sie doch die Politik hinter sich.
Ein Untersuchungsausschuss, den Die Linke initiieren wollte, wurde vom Landtag Sachsen-Anhalt entweder abgelehnt (AfD) oder die Fraktionen enthielten sich (CDU/SPD/Grüne).
Ein Klageerzwingungsverfahren der Angehörigen von Oury Jalloh wurde 2019 gegen die mutmaßlich an dem Mord beteiligten Bullen vom Oberlandesgericht Naumburg ebenfalls abgelehnt.
All dies zu vergessen, gar zu verleugnen, wäre eine Beleidigung seines Andenkens.
Das ist unser Rechtsstaat. Ein Bullenstaat, der durch und durch rassistisch ist. Der Angehörige von Mordopfern verhöhnt. Der die Staatsbüttel schützt. Der ihnen einen Freischein gibt für jedwedes Unrecht bis hin zu Mord. Ein Vertuschungsapparat, an dem das Blut Unschuldiger klebt.
Oury Jallohs Fall zeigt auf besonders grausame und perfide Weise, dass Recht und Gerechtigkeit nicht dasselbe sind.
Oury Jalloh ist kein Einzelfall. Mehr als ein Dutzend Menschen kamen auf mysteriöse Weise im Polizeigewahrsam ums Leben. Auch bei ihnen gab es keine Aufklärung, keine Gerechtigkeit. Zwei starben im selben Dessauer Polizeirevier. Die Polizei vertuscht im großen Stil und der Staat zeigt keinen Aufklärungswillen. Es sind halt Menschen, die sie nicht interessieren. Geflüchtete, Obdachlose, Migranten, etc. Aber wir vergessen eure Schweinereien nicht und werden euch zur Rechenschaft zwingen.
Oury Jalloh – Das war Mord!
[Sophie Rot]