Seit fast 15 Jahren bewege ich mich in der radikalen Linken. Mal mehr, mal weniger. Auch mit ein paar Unterbrechungen. Seit 2015 bin ich wieder stärker dabei nach einer etwas längeren Pause. Was sich wohl am stärksten verändert hat ist der Einfluss des Internets. Vor allem die sozialen Medien haben die linksradikale Szene verändert.
Früher traf man sich noch im Plenum. Natürlich wurde auch mal kontrovers diskutiert und man ging sich verbal gegenseitig an. Aber am Ende des Tages hatte man dann doch das gemeinsame Ziel im Auge. Egal ob das jetzt gemeinsam gegen Nazis zu demonstrieren, Veranstaltungen/Lesungen organisieren, sich an Plena beteiligen oder auch mal was Handfestes.
Ich will gar nicht über die gute alte Zeit jammern. Es war auch verdammt anstrengend alles ohne so einfache Kommunikationsmöglichkeiten wie heute zu organisieren. Heutzutage kann man innerhalb von Sekunden über die richtigen Kanäle Tausende von Leuten mobilisieren, informieren, diskutieren und ähnliches. Das ist echt ein Vorteil gegenüber früher.
Was heutzutage stark auffällt ist, dass sich große Teile der radikalen Linken nur noch in ihrem Spannungsfeld des Internet-Aktivismus bewegen. Viele kennen sogar Aktivismus gar nicht mehr groß außerhalb des Internets. Es wird nicht mehr als Werkzeug des Aktivismus verstanden, sondern als Selbstzweck. Ewige Diskussionen in FB-Gruppen, Rumhängen in der eigenen Bubble als Circle-Jerk-Selbstzweck, etc. Das ist nicht das, was Social Media mal für den Aktivismus interessant gemacht hat. Kritik an anderen zu üben ist richtig und wichtig. Inzwischen wird aber sich in vielen Teilen nur noch an Empörung und gegenseitigem Hochschaukeln sowie Bestärkung der eigenen Bubble geübt. Eine substanzielle Kritik wird entbehrlich.
Es ist häufig das Phänomen anzutreffen, dass bei KonsumentInnen „leichtverdauliche“ Dinge deutlich besser ankommen als thematisch komplexere Dinge. Memes sind schnell gebastelt, bekommen aber deutlich mehr Resonanz als Texte, an denen man deutlich länger sitzt. Es geht nicht darum nicht auch mal ein wenig Abwechslung genießen zu dürfen. Es ist eher ein Symptom dessen was mit den sozialen Netzwerken falsch läuft. Die Verteilung der Resonanz dürfte nicht dauerhaft so sein. Sie müsste andersherum sein.
Natürlich sind auch wir nicht von der Kritik auszunehmen. Wir evaluieren uns auch immer wieder selbst. In der Vergangenheit haben auch wir uns immer wieder in unnötigen Diskussionen verstrickt, sind zum Selbstzweck verkommen, haben nicht die Reichweite für Dinge wie Mobi genutzt, etc. Das wollen wir auch besser machen.