„Liebknecht auf der Flucht erschossen – Rosa Luxemburg von der Menge getötet!“ titelte die Berliner Zeitung am 16.01.1919. Eine dreiste Lüge.
Am 15.01.1919 wurde Rosa Luxemburg Opfer eines Mordkomplotts, Karl Liebknecht ebenfalls hinterrücks erschossen.
Luxemburgs Leiche bargen Schleusenarbeiter am 31. Mai aus dem Berliner Landwehrkanal.
Am Abend des 5. Januar 1919 besetzten bewaffnete SpartakistInnen das Berliner Zeitungsviertel. Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg konnten der Festnahme zunächst entgehen. Obwohl dieser Aufstand rund 160 Beteiligte das Leben gekostet hatte, verteidigten beide vehement ihre Propaganda. Luxemburg hatte am 7. Januar in Die Rote Fahne Position für die notwendige Gewalt bezogen: „Die Gegenrevolution entwaffnen, die Massen bewaffnen, alle Machtpositionen besetzen.“
Die untergetauchten Luxemburg und Liebknecht wurden an ihrem Todestag im Berliner Hotel Eden unter Misshandlungen vernommen. Nachdem sie aus dem Hotel gebracht wurde, wurde mehrmals mit einem Gewehr auf sie eingeschlagen, sie in ein Auto gestoßen und zum Landwehrkanal gefahren. Weil sie zu dem Zeitpunkt noch nicht tot war, wurde sie mit einem Kopfschuss ermordet und ihre Leiche anschließend in den Kanal geworfen.
Der Soldat Franz Röpke meldete seinem Vorgesetzten Hauptmann Weiler: „Eben ist die Rosa Luxemburg ins Wasser geworfen worden, man kann sie noch schwimmen sehen.“
Waldemar Pabst, ein deutscher Offizier und stets bemüht um Verknüpfungen zwischen der deutschen Armee, rechten Organisationen und Rüstungsindustrie, initiierte die Ermordung Liebknechts und Luxemburgs. „Ich ließ Rosa Luxemburg richten“, sagte er später in einem Interview, weil Deutschland nur so vor dem Kommunismus hätte gerettet werden können (https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-45139766.html ).
Im Prozess vor dem Kriegsgericht, den Paul Jorns führt, später Chefankläger an Hitlers Volksgerichtshof, gegen neun Soldaten, tritt Pabst nur als Zeuge auf.
Leutnant Liepmann gesteht, Liebknecht getötet zu haben, wird aber von der Anklage des Mordes freigesprochen, da Liebknecht eben „auf der Flucht erschossen“ worden sei. Nur Sechs Wochen sitzt Liepmann ab. Luxemburgs Mörder wird nie gefunden. Pabst musste sich nie für einen der beiden Morde verantworten.
Ihr Tod machte Rosa Luxemburg bekannt.
Ihr Tod machte sie zur Heldin.
Ihr Tod machte sie zur Märtyrerin.
Ihrer gedenken jährlich Hunderte an ihrem Grab, mag es auch zynisch sein, Luxemburg und Lenin in einem Atemzug zu nennen. Die einzige Gemeinsamkeit zwischen beiden ist der Januar als Todesmonat und der Anfangsbuchstaben L. Die Alliteration, die daraus hervorgeht, Lenin-Liebknecht-Luxemburg genügt offensichtlich, um namensgebend für Gedenkveranstaltungen zu sein.
Obwohl die Positionen beider ihren Ursprung in der Sozialdemokratie hatten, standen sie sich in einigen Aspekten diametral und unwiderruflich unversöhnlich gegenüber.
Ein zentraler Punkt war der Stellenwert bzw. die Funktion der Partei, um die Revolution voranzutreiben.
Der demokratische Sozialismus, für den Luxemburg stritt, konnte ihrer Ansicht nach nur aus der Gesellschaft heraus geboren und mittels Kämpfen der ArbeiterInnen forciert werden. Der Partei schrieb sie eine beratende, unterstützende Rolle zu, entscheiden sollte die betroffene Klasse und zwar u. U. auch entgegen des Parteiwillens handeln.
Paul Levi, der seit 1913 ihr Anwalt war und ihr zudem mehrere Monate als ihr Geliebter sehr nahe stand, schrieb er in seinem Vorwort zur von ihm erstmals veröffentlichten „Russischen Revolution“: „Sie wusste den Kampf als Kampf, den Krieg als Krieg, den Bürgerkrieg als Bürgerkrieg zu führen. Aber sie konnte sich den Bürgerkrieg nur vorstellen als freies Spiel der Kräfte, in dem selbst die Bourgeoisie nicht durch Polizeimaßnahmen in die Kellerlöcher verbannt wird, weil nur im offenen Kampf der Massen diese wachsen, sie die Größe und Schwere ihres Kampfes erkennen konnten. Sie wollte die Vernichtung der Bourgeoisie durch öden Terrorismus, durch das eintönige Geschäft des Henkens ebenso wenig, als der Jäger das Raubzeug in seinem Walde vernichten will. Im Kampf mit diesem soll das Wild stärker und größer werden. Für sie war die Vernichtung der Bourgeoisie, die auch sie wollte, das Ergebnis der sozialen Umschichtung, die die Revolution bedeutet.“ (https://www.rosalux.de/publikation/id/1329/rosa-luxemburg-die-unbekannteste-bekannte-in-deutschland/?fbclid=IwAR0kLPNWKtmWidjcDvBxfeS-LehVDjD5DOqOYBbxc0SOTBOVQdJ7aCblb7c )
Mit Rosa Luxemburg starb nicht nur eine von wenigen Frauen, zudem akademisch gebildet, die in der Weimarer Republik aktiv Politik betrieben, sondern auch eine Frau, deren Utopie keine Terrorpraxis einer totalitären Partei brauchte, keine Gruppe von Tyrannen an der Spitze. Sie brauchte überhaupt keine Spitze. Mit ihr starb eine Frau, die sich für jene einsetzte, die sie ermordet hatten und mit ihr starb eine Frau, um die die heutige SPD die damalige SPD beneiden würde.
[Sophie Rot]