25.11. – Heute ist der Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen

Gewalt gegen Frauen ist eine schwere Menschenrechtsverletzung und trotzdem ist sie weltweit verbreitet und seit Jahrtausenden Normalität in fast allen Gesellschaften. In der Wahrnehmung der meisten Menschen entspricht es ihrer Normalität, Frauen zu belästigen, zu schlagen, sie zu konsumieren und ihnen Gewalt anzutun. Warum? Weil sie als Gegenstände wahrgenommen und so behandelt werden: Als Gebärmaschinen für die Nation, als Sexobjekte für männliche Lust und als Besitz ihrer Partner. Ausgebeutet wird, was ausgebeutet werden kann, nämlich sowohl die Sexualität wie auch die Reproduktivität, mit der in Leihmutterschaftskonstellationen Geschäfte gemacht werden. 
Deshalb: Frauenrechte sind Menschenrechte!
 
 
Seit 1981 organisieren Organisationen wie Terre des Femmes Aktionen und Veranstaltungen an diesem Tag. Im Dezember 1999 erklärte die UN-Generalversammlung dann in einer Resolution den 25. November zum festen Internationaler Tag gegen Gewalt an Frauen, denn sie zeigte sich „beunruhigt darüber, dass Frauen nicht in den vollen Genuss ihrer Menschenrechte und Grundfreiheiten kommen, und besorgt darüber, dass es nach wie vor nicht gelungen ist, diese Rechte und Freiheiten im Falle von Gewalt gegen Frauen zu schützen und zu fördern. (1) Die Initiierung dieses Aktionstages ist auf die Entführung, Vergewaltigung und Ermordung der Mirabel-Schwestern von 1960 zurückzuführen, Regimegegnerinnen des damaligen Diktators der Dominikanischen Republik Diktators Rafael Trujillo. Seither wird an diesem Tag aufgezeigt, was bereits erreicht worden ist, aber ebenso der Blickt auf die Handlungsdefizite bei der Intervention gegen Gewalt an Frauen gerichtet werden. Nicht vergessen werden sollte aber, dass die UNO selbst es nicht ganz so genau mit konsequentem Einsatz für Frauenrechte und gegen Gewalt an Frauen nimmt. So wurde 2017 Saudi Arabien in die UN-Kommission für Frauenrechte gewählt, obwohl dieses Land Gewalt gegen Frauen institutionalisiert hat.
 
Die Dimensionen, Formen und Ausprägungen von Gewalt gegen Frauen manifestieren sich auf vielfältigste Weise, beginnend bei der strukturellen Gewalt u. a. von sozialer Armut, die sich v. a. auf das Leben im Alter auswirkt, über die der Objektifizierung und Verwertung des weiblichen Körpers für den kapitalistischen Markt in Werbung, Pornografie und Prostitution bis hin zu Zwangsheirat, Genitalverstümmelung und schließlich Femiziden, die noch immer nicht als solche benannt werden, geschweige denn dass es sie als juristische Kategorie überhaupt gäbe.
Mehr noch: Den bürgerlichen Staat interessieren Frauenrechte kaum, sodass Frauen eben für das Grundlegendste ihrer Menschenrechte demonstrieren müssen: Ihre körperliche Unversehrtheit.
 
Es gibt keine Schutzmechanismen, keine Rückzugsorte, Hilfe vom Staat schon gar nicht. Besonders anschaulich und grausam zeigt das der Fall von Julie Douib, die obwohl sie sich Hilfe suchte, sogar zur Polizei ging, schließlich durch die Hand ihres Partners ermordet wurde. Wo noch nichts passiert ist, kann man schließlich nichts machen.
            Julie avait interpellé les gendarmes notamment au sujet de l’arme que gardait son exconjoint: „J’ai peur, il va me tuer“, leur avait-elle confié à l’époque, comme le rappelle une de ses amies sur Facebook. „Madame, tant qu’il ne s’en sert pas, nous ne pouvons rien faire!“, lui aurait répondu un gendarme. „Alors vous allez faire quelque chose une fois que je serais morte?“, avait rétorqué Julie. (2)
 
            [Julie verständigte unter Anderem wegen der Waffe, die ihr Ex-Partner besaß die Gendarmerie. „Ich habe Angst, er wird mich umbringen.“ warnte sie damals die Gendarmerie, wie eine Freundin auf Facebook angibt. „Gute Frau, solange er davon keinen Gebrauch macht, können wir nichts machen!“ sei darauf die Antwort eines Gendarmen gewesen. „Also werden sie erst etwas tun wenn ich tot bin?“ war Julie’s Entgegnung.] 
 
 
Die Wahrnehmung von Frauen als Gegenständen wird befeuert, indem sie als solche dargestellt werden in Pornografie und Prostitution. Die Bandbreite des Angebots lässt nur den Schluss auf eine enorm hohe Zahl Konsumenten schließen. Darstellungen, in denen Haushaltsgegenstände zu Waffen werden, Frauen beleidigt, gewürgt, geschlagen bespuckt werden und Schlimmeres sind frei für alle zugänglich, sogar für Kinder, die sich sicher nicht von einem Verweis auf einen roten Button mit der Aufschrift „Ich bin keine 18“ den Zugang zu derlei Bildmaterial verwehren lassen. Die Sexualität von Frauen wird zugerichtet, zerstört von Kindesbeinen an ihre Selbstwahrnehmung und ein gesundes Bewusstsein ihrer selbst. Es wird ihnen als Normalität eingeimpft. Und das Fatale daran ist, dass sich der Kampf um Frauenrechte in Punkten wie diesem so uneinig ist. Das Fatale ist, dass vermeintliche KämpferInnen für Frauenrechte, sich zu TrägerInnen eben dieses Systems machen lassen und eine Freiwilligkeit sehen, wo keine sein kann.
 
 
Schon 1995 in Peking bei der 4. Weltfrauenkonferenz wurde erläutert, dass in erster Linie „Gewalt gegen Frauen einer der entscheidenden Mechanismen ist, durch den Frauen in eine im Vergleich zu Männern untergeordnete Stellung gezwungen werden.“ (3) Daran hat sich bis heute nichts geändert. Die Pekinger Aktionsplattform gilt gemeinsam mit der Frauenrechtskonvention als eines der zentralen internationalen Bezugsdokumente. Sie ist die Grundlage für diverse Initiativen der Gleichstellungspolitik und beinhaltet konkrete Maßnahmen zur Förderung der geschlechtsspezifischen Gleichstellung ausgedehnt auf zwölf Schwerpunkte. 189 Staaten, Deutschland inklusive, haben diese in der sogenannten Pekinger Erklärung einstimmig beschlossen und sich damit zur Umsetzung verpflichtet. Nichtsdestotrotz liegt Deutschland mit 66,9 von 100 möglichen Punkten im EU-Gleichstellungsranking auf Platz 12. Das zeigt der im Oktober veröffentlichte Gleichstellungsindex des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen. (4)
 
Es werden jährlich etwa 12 Millionen Mädchen und 18 Jahren verheiratet. Es folgen i. d. R.  zeitnah Schwangerschaften und eine abgebrochene Berufsausbildung, sofern denn überhaupt eine begonnen wurde. 
Es werden jährlich um die 200 Millionen Frauen und Mädchen mit Genitalverstümmelung gequält, die es nach wie vor in über 30 Ländern noch gibt und das einzig allein, damit sie ihre Sexualität nicht ausleben können.
Es werden hauptsächlich Frauen zu Opfern des Menschenhandels, die laut Eurostat insgesamt 80%  ausmachen. (5)
 
Bleiben wir weiterhin entschlossen und widerständig! Entschlossen, der Gewalt gegen Frauen und Mädchen ein Ende zu setzen und widerständig gegen ein System, das diese Gewalt beabsichtigt, hervorbringt, reproduziert und vermarktet.
 
 
 
Sofie Rot