… so ein Delegierter auf dem Bundesparteitag der AfD am vergangenen Wochenende. Eine ganze Mentalität müsse umgekrempelt werden. Infos dazu gibt es in diesem Artikel nachzulesen.
Auf dem Parteitag wurde nun die von Erika Steinbach gegründete Desiderius-Erasmus-Stiftung als Parteistiftung anerkannt, wodurch ihr große Mittel an Steuergeldern zur Verfügung stehen. Dass die AfD an der Stelle mal wieder ganz nebenbei ihre Glaubwürdigkeit und Authentizität untergräbt, hat sie sich doch in der Vergangenheit stets gegen parteinahe Stiftungen ausgesprochen, ist nun zu einer Marginalität geworden, wenn man sich vor Augen hält, dass sie doch ach so viel Größeres erreichen und die Stiftung „der Therapeut einer kranken Gesellschaft“ sein will.
Ein integraler Bestandteil der Stiftung ist der Komplex der Bildungsarbeit: Stipendienvergabe, Nachwuchsförderung, das Abhalten von Seminaren usw. Um wirklich Bildungsarbeit, die bei jungen Menschen kritisches Denken und Eigenständigkeit fördern soll, geht es der AfD jedoch offensichtlich nicht. Vielmehr scheint die Stiftung ein Ausgangspunkt zu werden, um Hass und Hetze tiefer in die Gesellschaft hineinzutragen.
So forderte Dubravko Mandic, AfD-Mitglied und Jurist, auf seiner Facebookseite:
„Mit Merkel zusammen müssen auch etwa 870.000 Kollaborateure aus den Ministerien, Fernsehstudios, Lehrkörpern, Sozialämtern und Gewerkschaften entsorgt werden. Endlich wird in Deutschland aufgeräumt!“ Dieser Beitrag ist inzwischen gelöscht.
Mandic selbst hat sich in der Vergangenheit schon mehrfach als Aktivist weit rechts außen positioniert. So bezeichnete er Obama auf seiner Facebookseite als „Quotenneger“ oder postete ein Schwarz-Weiß-Bild des Nürnberger Kriegsverbrecher-Prozesses und ersetzte die Köpfe von Hermann Göring und Rudolf Heß durch Bilder von Angela Merkel und Joachim Gauck. Vor Gericht argumentierte er damit, dies sei satirisch zu verstehen, wurde jedoch wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 9000€ verurteilt.
Ein Kommentar vom 04.07.2018, in dem er u.a. vom „Großen Austausch“ faselt, rückt ihn ideologisch sehr nah an die Identitäre Bewegung. Er ist Mitglied der Danubia Burschenschaft in München, aus der sich auch Teile der IB rekrutieren.
Mit dem Eingriff ins Bildungswesen versucht die AfD viel mehr und viel tiefer Greifenderes zu erreichen als bisher mit ihren Forderungen in der Asylpolitik, mit denen sie sich immer lautstark hervorgetan hat. Hier wird versucht, das Bewusstsein einer Gesellschaft von Grund auf zu ändern, Erinnerungskultur und Umgang mit der eigenen Historie eingeschlossen.
Höcke, selbst ausgebildeter Pädagoge, der mehrere Jahre lang an einer Gesamtschule in der nordhessischen Provinz unterrichtet hat, äußerte sich in mehreren Reden bereits sehr kritisch zum Umgang mit der eigenen Geschichte an deutschen Schulen. Er forderte immer wieder, den Fokus auf andere Epochen und Persönlichkeiten der deutschen Geschichte zu legen und die Jahre von 1933-1945 zwar auch, aber nur hintergründig bzw. nicht in dem Maße zu behandeln wie es aktuell der Fall ist. Gauland tut es ihm gleich, wenn er diesen Zeitraum als „Vogelschiss“ bezeichnet und dessen Stellenwert im kollektiven Gedächtnis herabsetzt.
Das Portal News4Teachers berichtete zudem, wie die AfD bereits systematisch Druck auf Lehrkräfte ausübte. So reichte sie gegen einen Schulleiter eine Dienstaufsichtsbeschwerde ein, der im Fernsehen die Priorität der Erinnerungskultur in Bezug auf den Holocaust thematisierte und öffentlich äußerte, dass seit der letzten Wahl wieder NeofaschistInnen im Bundestag sitzen. Die Hamburger AfD hatte angekündigt, eine Internetseite einrichten zu wollen, auf der SchülerInnen und Eltern Lehrkräfte melden sollen, die AfD-kritische Äußerungen tätigten. Als die GEW daraufhin „Nazi-Methoden“ vorwarf, veröffentlichte die AfD auf ihrer Homepage Bilder von Lehrkräften bei einer Demonstration im Rahmen der Tarifverhandlungen. Dies sind nur einige Beispiele, die zeigen, wie die AfD immer wieder und immer konsequenter versucht, in das Bildungswesen einzugreifen.
Die AfD wird versuchen, unsere Gesellschaft nachhaltig ihren Vorstellungen entsprechend zu verändern, setzt dafür im Bildungs- und Erziehungswesen an und will junge Menschen mit Hass und rassistischer Hetze infiltrieren. Ein neues Bewusstsein soll entstehen, in dem junge Menschen dieses ihnen vermittelte Bild als selbstverständlich annehmen.
Nun habe ich schon mehr geschrieben als ich eigentlich wollte und überlege immer noch, welche Strategien die radikale Linke entwickeln könnte, um dem entgegenzuwirken, wobei dieser letzte Abschnitt hier nur den ein oder anderen Denkimpuls geben soll.
Viele junge Menschen sind politisch interessiert, möchten sich engagieren, suchen Zugang zu linken Gruppen und Strukturen. Leider wird ihnen dieser Zugang oft schwer gemacht, denn bei „der“ Antifa unterschreibt man nunmal keinen Mitgliedervertrag und gehört dann dazu. Ein elitäres Gehabe und Selbstbeweihräucherung stehen dem eigenen Anspruch, inklusiv zu sein, entgegen. Die Situation der radikalen Linken ist jedoch so komplex, dass sie hier in wenigen Absätzen nicht aufgearbeitet werden kann, sondern eines eigenen Textes bedürfte.
Was jedoch sicher ist: Wir müssen dringend mehr werden!
[Sophie Rot]