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 Sexism shouldn’t sell*

 

Mit frauenfeindlicher Werbung sind wir täglich konfrontiert. Man sollte meinen, wenn einem ein leicht bekleideter Frauenkörper auf Werbeflächen entgegenspringt, dann deshalb, weil es sich um eine Unterwäschewerbung handelt. Weit gefehlt. Mit einem nackten Frauenkörper wird alles Mögliche beworben: von Hustenbonbons und Dosenöffnern über die Berufsausbildung zum/zur GärtnerIn bis hin zum Ankauf von Schrott und Metallen. All das und Vieles mehr wird mit der Darstellung nahezu nackter Frauenkörper beworben. Bevor uns nun allen die Synapsen durchschmoren, weil wir uns den Kopf darüber zerbrechen, was eine halbnackte Frau mit einem Dosenöffner oder Metallankauf zu tun haben könnte: Natürlich nichts.
Ihr Körper dient nämlich als Projektionsfläche für etwas ganz anderes: Sex – und das obendrein noch dazu durch herabwürdigende, entpersonalisierte und reduzierende Inszenierungen.

Sexistische und sexualisierte Werbung diktiert uns Rollenbilder. Sie präsentiert Frauen als unfähig und unterwürfig und in als gesellschaftlich typisch betrachteten Rollen wie z.B. die der Hausfrau oder der Verführerin oder belegt Frauen mit negativen Eigenschaften wie Naivität oder Passivität. Frauen werden als Gruppe degradiert. Es werden gesundheitsschädigende Schönheitsideale propagiert und reproduziert. Frauen werden als Sexobjekte dargestellt und ohne Persönlichkeit definiert, ihre vermeintliche sexuelle Verfügbarkeit signalisiert und damit ihre Käuflichkeit wie die des zu bewerbenden Produkts. Die Darstellung der Frau hat i.d.R. keinen Kontext zum Produkt und das Geschlechterverhältnis zwischen Frau und Mann ist geprägt von Hierarchie und Abhängigkeit.

Großbritannien macht vor, wie mit sexistischer Werbung umzugehen ist: Endgültig verbannen aus dem öffentlichen Raum! Das ist ein Befreiungsschlag!
Die britische Werbeaufsichtsbehörde The Advertising Standards Authority (ASA) hat sexistischer Werbung den Kampf angesagt. Künftig soll Werbung verboten werden, die
1. Geschlechterstereotypen reproduziert und bestimmte Verhaltensweisen als geschlechterspezifisch kennzeichnet.
2. Frauen als Sexobjekte inszeniert.
3. Männern eine Unfähigkeit im Hinblick auf Aufgaben im Haushalt und der Kindererziehung attestiert.

Als Begründung gibt die ASA in ihrem Bericht an, die Verbreitung „altmodischer und stereotyper Sichtweisen auf Geschlechterrollen in unserer Gesellschaft“ hat insbesondere für Kinder negative Folgen, die dazu führen könnten, dass sie bei der Gestaltung ihrer Zukunft eingeschränkt seien, weil dadurch Selbstwahrnehmung und Selbstbewusstsein beeinflusst werden. Auch die immer stärker werdenden Stimmen in der Bevölkerung trugen letztlich dazu bei, dass die Zeit der sexistischen Werbung in Großbritannien nun dem Ende zugeht. Dies zeigte das Beispiel einer Herstellerfirma für Proteinshakes, die 2015 ein Plakat mit einer schlanken Frau unter dem Slogan „Are you beach body ready?“ veröffentlichte. Mehr als 400 Beschwerden gingen bei der ASA ein und nach einer Petition mit über 70000 Unterschriften musste die Kampagne schließlich zurückgezogen werden (https://www.theguardian.com/…/beach-body-ready-america-weig…).

Leider ist es in Deutschland bisher nur bei kritischen Stimmen geblieben. Heiko Maas’ Pläne von 2014, sexistische Werbung gesetzlich zu verbieten, wurden wieder auf Eis gelegt. Stattdessen soll zunächst zwei Jahre beobachtet werden, ob das Selbstkontrollorgan der Branche, der Deutsche Werberat, dazu fähig ist, eine Verbesserung zu erwirken. Das mit der Selbstkontrolle klappt ja immer besonders gut, wie sich in vielen anderen Bereichen auch schon gezeigt hat.

Österreich, Bremen und Ulm haben in der Vergangenheit bereits Maßnahmen gegen sexistische Werbung ergriffen. Friedrichshain-Kreuzberg hat 2015 als erster Berliner Bezirk nachgezogen, sodass sexistische Werbung dort auf öffentlichen Werbeflächen nun nicht mehr in Erscheinung tritt.
Dennoch zeigt gerade obiges Beispiel, wie wichtig es ist, aktiv zu werden und solche Werbung zu melden und als das zu kennzeichnen, was sie ist: Erniedrigend und frauenverachtend! Kapitalistische Verwertungsmechanismen und patriarchal geprägte Gesellschaft verbinden sich hier zu einer strukturellen und weitrechenden Diskriminierung der größten Geschlechtergruppe.

Sexistische und sexualisierte Werbung haben uns seit jeher das Gehirn vernebelt, weil sie uns Stereotypen als Realität widerspiegeln, die zum einen keine ist und zum anderen einen enormen Druck auslösen kann. Durch ihre Wechselwirkung mit ihren Rezipientinnen, die bewusst, oft auch unbewusst, dieser Darstellung zu entsprechen versuchen, tritt diese Form der Werbung wiederholt in all ihrer Perversität zutage.

Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes kürt mit ihrem Negativpreis, dem „Zornigen Kaktus“, die sexistischste Werbung des Jahres.
Tadaaa … und der erste Platz ging an… *Trommelwirbel* … das Entlackungsunternehmen Rainer Syre Chemische Entlackung GmbH aus Bönen aus NRW (Bild 1). Der Slogan „Wir machen alles wieder nackig“ steht nicht etwa für ein neues Produkt wie beispielsweise eine innovative Entkleidungshilfe. Entlackung, Entrostung und die Reinigung von Industrieprodukten mit einem sexualisierten Frauenkörper verkaufen zu wollen… kann man sich nicht ausdenken. Mit High-Heels, Frauenbeinen und heruntergelassenem Höschen hat das nichts zu tun. Bezug zum Produkt nicht vorhanden. Objektifizierung wie sie prägnanter kaum sein könnte. Nicht mal ein Gesicht ist zu sehen. Na ja, braucht man ja auch nicht. Hauptsache nackt. Dazu die leicht gebückte Pose und die nach innen gerichteten Füße, während die Dame gerade ihr Höschen runterlässt. Diese Darstellung in ihrer Gesamtheit presst Frauen in ein längst überholtes Rollenbild und zeigt sie als sexuell verfügbar und unterwürfig.

Platz 2 belegt übrigens das Vermietungsunternehmen von LKW-Tankaufliegern, Seka Nutzfahrzeuge GmbH & Co. KG (Bild 2). Der Hintern schön mitten ins Bild geklatscht als Blickfang für den Namen des Unternehmens bei der klar männlichen Zielgruppe. Die unmittelbar darüber platzierte Frage „willst du mich abschleppen?“ verweist ebenfalls nicht auf das Produkt, sondern dient einzig der Darstellung der entpersonalisierten Frau in der bewusst herbeigeführten Konnotation ihrer vermeintlich sexuellen Verfügbarkeit für den Mann.

Und auf Platz 3 tummelt sich das Unternehmen UNO Pizza aus Sachsen und Sachsen-Anhalt (Bild 3). Eine junge Frau in Dessous, transparent im Intimbereich, räkelt sich auf einem Haufen Pizzakarton. Mit einem lasziven Blick wird sie als menschlicher Tisch inszeniert. Die Frau im Klischee der Verführerin. Direkt unter ihrem Intimbereich ist der Preis von 4,99€ platziert, sodass man sich beim Hinsehen fragen muss, ob damit die Pizza oder die Frau als sexuelles Produkt beworben wird.

Auch der Kampf gegen Sexismus ist Teil antifaschistischer Arbeit und der Sexismus in der Werbung ist eine Ausprägung von vielen, die uns permanent umgibt.
Dagegen kann man jedoch einiges tun: Nämlich zum einen diese Werbung melden beim Deutschen Werberat oder bei dem Kollektiv pinkstinks (https://www.werberat.de/beschwerdeformular , https://werbemelder.in/ )
Und so manche kreativen Köpfe, die gerne zu Schere und Kleber greifen, verspüren bei so viel geballter Frauenverachtung der Unternehmen vielleicht auch mal den Drang nach nächtlichen Spaziergängen, bei denen sie Werbeplakate mal in aller Ruhe bewundern können…

[Sophie Rot]

* Titel einer Kampagne gegen sexistische Werbung vom Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg (Handlungsleitfaden kann hier runtergeladen werden: https://www.berlin.de/…/gleichste…/frauenfeindliche-werbung/ )

Mangelhafter Umgang bei sexuellen Übergriffen an der Goethe-Universität in Frankfurt/Main

An der Goethe-Universität in Frankfurt/Main kommt es in den letzten Jahren verstärkt zu sexuellen Übergriffen auf Frauen. Die Universitätsleitung reagiert auf diese Problematik unzureichend und erweckt den Anschein, primär um den eigenen Ruf besorgt zu sein.

Aber der Reihe nach: Vor etwa zwei Jahren sorgte eine Gruppe sich selbst als „Pickup Artists“ bezeichnender Männer für etliche sexuelle Belästigungen. Dieses Spektrum, dem auch das Führungsmitglied der Identitären Bewegung Robert Timm entspringt, ist zwar nicht einheitlich, jedoch in jedem Fall sexistisch und antifeministisch. In den härteren Auslegungen wird der Konsens für sexuelle Handlungen ignoriert und in einigen Fällen sogar explizit die Vergewaltigung empfohlen. Dieser Artikel der FAZ thematisiert die Ereignisse am Campus der Universität Frankfurt und bietet einen vernünftigen Einstieg in diese auf sexuelle Belästigung aufbauende Strömung: http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/forschung-und-lehre/pick-up-artists-geraubte-kuesse-auf-dem-campus-14583163.html
In einem Beitrag des Deutschlandfunks vom 21.01.2016 gibt der AStA der Universität Frankfurt an, über 50 Frauen seien vom Campus bis nach Hause verfolgt worden. (http://www.deutschlandfunk.de/uni-frankfurt-streit-um-pickup-artists.680.de.html?dram%3Aarticle_id=343169) Dazu kamen diverse Überschreitungen körperlicher Grenzen, die jedoch juristisch schwer zu ahnden sind. Ein Bedrängen ist definitiv eine sexistische Grenzüberschreitung, zu diesem Zeitpunkt aber noch nicht strafbar. Der AStA hatte damals eine Klage auf Unterlassung bekommen, weil die AStA-Zeitung den Namen eines der Sexisten genannt hatte. Die einstweilige Verfügung wurde abgewiesen. Der Kläger hatte sich während des Verfahrens aber in den Kommentaren unter einem taz-Artikel praktischerweise selbst geoutet. Nachzulesen ist die Glanzleistung von Maximilian Pütz hier: http://www.taz.de/!5281536/ Schon damals kritisierte der AStA fehlende Unterstützung der Universitätsleitung, die weder eine Stellungnahme zu den Übergriffen abgeben noch sich beim Rechtsstreit auf die Seite des AStA stellte.

Fehlende Unterstützung wird der Universitätsleitung, insbesondere dem Gleichstellungsbüro auch im Fall eines Dozenten vorgeworfen, von dem zwei Studentinnen sagen, er habe sie bedrängt und in einem Fall sexuell belästigt. Das beschriebene Verhalten ist nicht strafbar, überschreitet aber das übliche Verhalten zwischen Studierenden und DozentInnen und ist in einem Fall, wie gesagt, sexuelle Belästigung:
„Er nahm sie immer wieder in den Arm, packte sie an die Hüfte und zog sie zu sich heran. Sie sagte ihm, dass sie das nicht wolle. Er machte aber weiter. In der Wohnung, die sich die Studenten mit ihrem Dozenten teilten, lief der Dozent nur mit Handtuch bekleidet herum. Auf dem Rückflug, für den der Dozent die Sitzplätze aller Teilnehmer auswählte, saß er neben ihr und fasste ihr an die Innenseite des Oberschenkels.“ Quelle: http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/frankfurter-universitaet-belaestigungsvorwuerfe-gegen-dozenten-15370529.html
Das Gleichstellungsbüro soll in diesen Fällen sehr lange mit Antworten auf sich warten lassen haben und zudem den Studentinnen mit ernsten Konsequenzen gedroht haben, falls der Fall publik würde. Auf den Artikel der FAZ vom 3.1. wollte die Universität eine Unterlassung erwirken, weshalb die FAZ von beiden Betroffenen eidesstattliche Aussagen einholte. So geht souveränes Verhalten. (http://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/goethe-uni-frankfurt-wehrt-sich-gegen-vorwuerfe-15373798.html) Als Reaktion darauf organisierte der AStA eine Kundgebung am 17.01. diesen Jahres, bei der über 300 TeilnehmerInnen gegen sexuelle Gewalt, Ausnutzung von Machtpositionen und für einen besseren Opferschutz von Seiten der Universitätsleitung demonstrierten. (http://www.fr.de/frankfurt/goethe-universitaet-in-frankfurt-studierende-protestieren-gegen-sexismus-an-der-uni-a-1428740)
Dieses Verhalten der Leitung scheint kein Einzelfall zu sein. So kam es vor dem Wohnheim der katholischen Theologie verstärkt zu Übergriffen, was einem bestimmten Täter(kreis) zuzurechnen ist. Die Universität weigert sich aber aus Kostengründen dort eine Security (und sei es nur für einen bestimmten Zeitraum) einzustellen. In einem aktuellen Fall ist die Universität nun aber zumindest etwas aktiver geworden. Eine Person hat im Laufe der letzten Monate wiederholt versucht, Studentinnen am Campus zu vergewaltigen. (https://www.focus.de/panorama/welt/goethe-universitaet-frankfurt-vier-versuchte-vergewaltigungen-unbekannter-lauert-studentinnen-nachts-auf-campus-auf_id_8407910.html) Die Angelegenheit liegt nun der Polizei zur Bearbeitung vor, jedoch dürfte es sich problematisch gestalten, eine jüngere, männliche Person auf dem Campus einer Massenuniversität dingfest zu machen, wenn diese „nur“ ab und an dort mit der Intention genannte Straftat zu begehen, auftaucht.

Im Schreiben der Universität fehlt eine klare Positionierung gegen sexuelle Übergriffe!
Kein Appell an die Täter!
Stattdessen gibt es Verhaltenstipps für Studentinnen, wodurch die Verantwortung zum Schutz vor Übergriffen zumindest ein Stück weit auf diese abgewälzt wird.
Zusammen mit mangelhafter, z.T. fehlerhafter Unterstützung bei vorangegangenen Fällen kristallisiert sich das Bild einer Universitätsleitung heraus, die mehr Wert auf Imagekonstruktion als auf den Schutz ihrer Studierenden geht. Mehr um den Schutz des eigenen Rufes als um den Schutz (potenzieller) Opfer vor sexueller Belästigung und Übergriffen.
Hier zeigt sich exemplarisch ein strukturelles Problem im Umgang mit sexueller Belästigung – und das an einem Ort, an dem sich tausende junge Frauen aufhalten und sich weiterbilden wollen.