Presseschau Corona-Krise – Überblick über linke Analysen – Call for Papers!

Seit gut zwei Monaten beschäftigt und belastet die Coronapandemie im zunehmenden Maße unser Leben. Der normale Alltag der Meisten wurde außer Kraft gesetzt, wir stehen vor einer weltweiten Systemkrise, deren Ausmaß das des Börsencrashs von 2008 mit ziemlicher Sicherheit weit übersteigen wird. Der Spätkapitalismus steht vor einer weltweiten Existenzkrise. Um diesem Umstand Rechnung zu tragen, haben wir uns in vorläufig drei Teilen mit insgesamt 16.000 Wörtern und 30 Seiten an eine analytische Begleitung des Ganzen gewagt. Unsere Mad Marx-Trilogie beleuchtet:
 
– den Verarbeitungsmechanismus der Krise in den sozialen Netzwerken
– die Grundlagen des Kapitalismus
– die auf Kreditblasen aufbauende Wirtschaft der letzten Jahrzehnte
– den von uns so genannten „Krisensozialismus“ der Staaten
– die sozialdarwinistischen Forderungen und Logiken der kapitalistischen Verwertungslogiken
– das Strukturproblem des linken Spektrums 
– unterbreitet einige Vorschläge, wie man aus einer reagierenden in eine agierende Rolle kommen kann und auch sollte, um in Zukunft handlungsfähiger zu sein und politische Ziele konsequenter fordern und Druck aufbauen zu können
 
Nicht nur bei uns rauchen die Köpfe fast im Wortsinne, auch an anderer Stelle wird der Krisensituation mit Texten und Analysen begegnet. In diesem Artikel wollen wir eine unvollständige Sammlung bereitstellen und eine kurze Einschätzung zu Qualität und Inhalt liefern. Diese Beurteilungen sind rein subjektiv und stellen keine vollständige Analyse der Texte dar. Da der dritte Teil unser Textreihe einen Abschnitt mit Kritik an der Linken beinhaltet, werden die dort angesprochenen Punkte auch hier in die Einschätzungen mit einfließen. Es werden auch Artikel gelistet, die nicht linksradikal im Inhalt und in der Ausrichtung sind. Dies geschieht, um ein wenig über den Tellerrand zu schauen und Texte aus den großen Medien ein wenig auf ihre Tauglichkeit abzuklopfen. Der Plan ist es, die Liste konstant zu erweitern und alle paar Tage ein Update zu posten, um so im Laufe der Wochen eine ganz brauchbare Literaturliste öffentlich zur Verfügung zu stellen. 
 
 
 
Mad Marx Teil 3 – Befreite Gesellschaft oder Donnerkuppel – Handlungsperspektiven der Linken: https://rambazamba.blackblogs.org/2020/04/09/mad-marx-teil-3-befreite-gesellschaft-oder-donnerkuppel-handlungsperspektiven-der-linken/
 
Hinweis: Es finden sich hier Artikel aus allen möglichen Zusammenhängen und Kontexten, mit denen wir durchaus größere Probleme haben in ihrer politischen Ausrichtung. Man sollte aber immer über den eigenen politischen Dunstkreis hinaus lesen und gerade Artikel aus Richtungen, die man nicht vertritt, können sich als sehr fruchtbar für das eigene Denken erweisen. Eine Nennung hier stellt nicht automatisch eine Zustimmung zu Inhalt, Autor*in oder Plattform dar.
 
First things first – die Papiere bitte!
 
Grundsätzlich lässt sich feststellen, dass, wenn es um die Wirtschaft und die kapitalistische Organisation dieser geht, ideologische Unterschiede der Linken in anderen Themenbereiche nicht so stark zum Tragen kommen. Sicher gibt es unterschiedliche Auslegungen und mehrere Ansatzpunkte. Im Endeffekt ist man sich aber über grundlegende Punkte einig: Kapitalakkumulation, Gewinnmaximierung, Ausbeutung der Lohnabhängigen, Kaputtsparen des Gesundheitswesens unter Profitmaxime und die Abwägung der Kapitalinteressen gegen Menschenleben durch den Zeitpunkt des Aufhebens der Maßnahmen. Die Krise eignet sich durch ihre Zuspitzung der üblichen Probleme innerhalb des und mit dem Kapitalismus an sich hervorragend dazu, die Grundlagen der Kapitalismuskritik zu erklären. Eine – auch für uns – wichtige Frage ist, wie stark man nun die Grundlagenkritik anzubringen gedenkt. Vierzig Texte, die jeweils zur Hälfte in irgendwie anderen Formulierungen das Gleiche abhandeln, sind nicht unbedingt notwendig. Andererseits schadet es nicht, über einen gewissen Fundus an unterschiedlichen und aktuellen Texten zu verfügen, welchen man auch kontinuierlich aktualisiert. Wir haben zum Beispiel die Gelegenheit genutzt und einen Grundlagenabschnitt zum Kapitalismus einzubauen, um diesen dann griffbereit zu haben. Man sollte sich in Zukunft aber vor dem Schreiben die Frage stellen, welche selbstständigen und interessanten Aspekte man jetzt auszuarbeiten gedenkt. 
 
 
Bevor wir zu den schon erschienen Texten kommen, wollen wir allen die Möglichkeit geben, selber Texte bei uns einzureichen, die dann hier veröffentlicht werden. Egal ob pseudonymisierte Einzelperson, Strukturgruppe oder loses Kulturkollektiv – wenn ihr was zu sagen habt, bringen wir es gerne raus. Solange es im weiteren Rahmen mit der aktuellen Situation und der Corona-Krise zu tun hat, schickt es uns. Neben einigen inhaltlichen Vorbehalten (wir wollen keine Sperren bekommen und sexistische/antisemitische/etc. Texte, also eigentlich Selbstverständlichkeiten) werden wir sie so veröffentlichen, wie ihr es möchtet: Gruppenname, Pseudonym, etc. Und das nicht nur auf Facebook, die Texte werden auch auf unseren Blog gestellt und mit den gewünschten Verlinkungen als Gastbeitrag leichter zu finden und zu lesen sein. Also her mit euren Artikeln, Analysen und Beiträgen, wir hoffen auf spannende Beiträge und eine rege Diskussion. Die eingereichten Texte werden als eigene Reihe veröffentlicht und separat geführt. Falls ihr schon Texte habt, könnt ihr sie uns zur Kenntnis geben und wir werden sie bei Gelegenheit in die Liste aufnehmen oder eventuell auch als Debattenbeitrag in Betracht ziehen.
 
Einsendungen bitte an 161ausbildung@riseup.net oder auf FB an die https://www.facebook.com/antifakampfausbildung/ einreichen.
 
 
 
Re:volt magazin: Der Zug fährt ab
 
 
Plattform: re:volt 
Datum: 11.4.2020
Umfang: ca 3.200 Wörter auf 6 Seiten
 
Der Fokus liegt hier klar auf einer allgemeinen Einordnung der Krisensituation unter marxistischer Perspektive. Konkrete Ausführungen zum Risiko der aktuellen Krise wurden nicht erarbeitet. Man begnügt sich mit einem Verweis darauf, die möglicherweise schwerste Krise seit 1929 zu haben. Somit ist der Text als Überblick über die Krisensituation und die grundlegenden Wirkungsmechanismen zu empfehlen, bleibt aber analytisch rein auf der Makroebene und bleibt in Sachen empfohlener Maßnahmen vage bzw. kurzen Empfehlungen werden nicht weiter ausgeführt und bleiben somit mehr Appell als konkrete Handlungsvorgabe. Es wurde allerdings angekündigt, genau hier in den kommenden Wochen anzusetzen. Bereits in der Einleitung wird ebenso wie bei uns die aktuelle Machtlosigkeit der Linken jenseits der mikropolitischen Ebene angesprochen, weshalb es spannend sein wird, wie man hier gedenkt dem entgegenzuwirken. Insofern erfüllt dieser Artikel seinen Zweck als Auftakt und Einleitung der kommenden Artikelreihe zur Krise. 
 
 
 
 
Die Falken Nürnberg: Weder #fuckingstayhome noch #staythefuckhome – Eine linke Perspektive auf den Umgang mit Corona und Quarantäne
 
 
Datum:  17.03.2020
Umfang: ca. 1.400 Wörter auf 2,5 Seiten
 
Eine zeitlich gesehen frühe Einschätzung, die zu einem Zeitpunkt der fast täglichen Maßnahmenverschärfung veröffentlicht wurde. Fokus ist hier das kaputtgesparte Gesundheitswesen als Resultat des Kapitalismus neoliberaler Prägung und die Berufe im Care-Bereich. Es wird die unterschiedliche Handhabung von Lohnarbeit und Privatleben bei den Maßnahmen kritisiert. Als Besonderheit finden sich hier Forderungen am Ende des Textes, welche sich sowohl an die Politik als auch an Linke wenden. Dabei bleiben sie bei Appellen und Allgemeinplätzen. Falsch macht der Text nicht viel, aber mehr als das Erwartbare auf einem soliden Level leistet er auch nicht. Außerdem ist die Sprache doch in Teilen arg pathosgeschwängert. Aber so sind sie nun mal, die Falken.
 
 
Lothar Galow-Bergemann: Die Coronakrise als Offenbarungseid des Kapitalismus
 
 
Plattform: Emma und Fritz
Datum: 26.03.2020
Umfang: 10 Minuten
 
Emma und Fritz Headhoncho Lothar Galow-Bergemann nimmt sich in diesem knapp 10minütigen Ausschnitt einer einstündigen Sendung zum Thema Corona und Kapitalismus vor allem der Ohnmacht der Verwertungslogik des Kapitalismus gegenüber der Pandemie und den sozialdarwinistischen Verlautbarungen von Liberalen und Wirtschaftsvertretern an. Unbedingte Empfehlung, sowohl inhaltlich als auch in der sprachlichen Zugänglichkeit.
 
 
Floris Biskamp: Politik und Wissenschaft in der Krise. Über die Präsentation der #heinsbergprotokoll-Zwischenergebnisse am Gründonnerstag
 
 
 
Plattform: Floris Biskamps Blog
Datum: 10.04.2020
Umfang: 2600 Wörter auf 5 Seiten
 
Biskamp ist studierter Soziologe und Politikwissenschaftler, lehrt derzeit an der Uni Tübingen. Durch den soziologischen Background ist er mit Datenauswertung, Statistik und wissenschaftlicher Arbeit vertraut. Aus seinem Blog gibt es immer wieder was zu diesem und jenem, aktuell zu Corona. Seit Anfang März sind (Stand 12.4.) fünf Artikel zu diesem Thema von ihm dort veröffentlicht worden. Hier beschäftigt er sich nun speziell mit der Heinsberg-Studie und ordnet die Veröffentlichungsmethodik mit seiner Kenntnis des wissenschaftlichen Betriebs ein. Dazu ordnet er auch die zum Zeitpunkt der VÖ bekannten Zahlen ein und verweist auf das zumindest schwierige Vermischen von Politik und Forschung in diesem konkreten Fall. Sprachlich leicht zugänglich, inhaltlich mit Bedacht und Umsicht formuliert. Kann man machen, zumal es hier eine leicht verständlich weil gut aufbereitete Schnittstelle zwischen Forschungsbetrieb und Laien darstellt – und somit ein Mehr bietet als die meisten anderen Texte, welche Corona und Kapitalismus abhandeln.
 
 
Interview mit Floris Biskamp: Krisenwissen oder: Die Wissenschaft hat festgestellt
 
 
Plattform: Mäeutik
Datum: 09.04.2020
Umfang: 4.300 Wörter auf 8 Seiten
 
Hier geht es vor allem um eine Betrachtung der Krise aus hobbyepidemilogischer Sicht und mit Fokus auf den wissenschaftlichen Betrieb und wie dieser in den Medien dargestellt und rezipiert wird, wie er sich selber darstellt. Interessanter Read, um ein wenig mehr über die unterschiedlichen Aspekte medialer Aufbereitung des Themas zu verstehen und wie man denn so eigentlich im (sehr weit gefassten) Fachpublikum an die Sache rangeht.
 
 
Vijay Kolinjivadi: This pandemic IS ecological breakdown: different tempo, same song
 
Plattform: Uneven Earth
Datum: 02.04.2020
Länge: etwa 2800 Wörter auf 5 Seiten
 
Mit zwei Zitaten lässt sich der Inhalt des Artikels recht gut veranschaulichen:
 
„COVID-19 is both one and the same as any other ecological crisis (such as climate change) because its emergence is rooted in the same mode of production that has generated all other ecological crises and social inequalities of our times.“
 
„Instead, society must reflect and react in time to the changes it is experiencing. To this extent, COVID-19 can serve as a lesson showing the interconnectedness of society’s impacts and actions on the planet and the immediacy of response required shift our relationships to the world. The lag time between when social distancing measures are put in place and impacts on the reduction of COVID-19 cases once again shows us that biological systems do not obey human-imposed rules.“
 
Wenig überraschend macht die Seite ihrem Namen alle Ehre und analysiert Covid-19 unter einem ökologischen Gesichtspunkt. Hier wird die Pandemie als ökologisches Desaster bezeichnet und dem Klimawandel als Resultat der industrialisierten Welt gleichgestellt. Vom Grundsatz her ist das vollkommen logisch, alle Interessensgruppen werden die Krise in ihrem Sinne interpretieren und entsprechend framen. Der Weg, der hier beschritten wird, ist im Detail schwer nachzuprüfen, da hier die ganz großen Verbindungen aufgemacht werden, welche nicht immer mit weiterführenden Links versehen sind. In der Grundsache hat der Artikel aber schon einen Punkt: Der Klimawandel ist eine Folge des Kapitalismus und nur eine Abkehr von dieser Produktionsweise wird das Problem der Erderwärmung lösen können. Und ebenso ist der Kapitalismus nicht gut auf eine Pandemie zu sprechen, weil sie ebenso wie der Klimawandel außerhalb von dessen Verwertungslogik steht. Insofern kann man den Artikel mit einigem Gewinn lesen, selbst wenn man nicht allem zustimmt. Der Take sticht durch den ökologischen Ansatz aus der Masse hervor und Ökoesoterik sowie sozialdarwinistische Implikationen springen nicht ins Auge. Es finden sich weitere Artikel zur Corona-Krise auf der Website.
 
 
„Gesundheit ist eine zutiefst ungleich verteilte Ressource“ – Interview mit Mediensoziologe Matthias Richter
 
 
Plattform: Die Zeit
Datum: 10.04.2020
Umfang: knapp 1000 Wörter auf 2 Seiten
 
Hier wird anschaulich dargelegt, wie und warum Gesundheit eine Klassenfrage ist, die dann auch mit Bildung und Berufstätigkeit zu hat. Kurz gesagt, wird Corona die ärmeren Bevölkerungsschichten nicht nur ökonomisch, sondern auch gesundheitlich sehr viel stärker treffen als die wohlhabenden Schichten. Guter und knackiger Read und dank Veröffentlichung bei der Zeit auch gut zum Herumreichen in weniger linksradikale Kreise geeignet.
 
 
Marianne Garneau: The myth of the „present moment“
 
 
Plattform: Organizing Work
Datum: 09.04.2020
Umfang: 900 Wörter auf 2 Seiten
 
Als Mitglied der IWW-Gewerkschaft spricht Garneau warnend über den Trugschluss, gerade jetzt wegen der Corona-Krise in einen sprunghaften Übereifer zu verfallen und die große Chance zur Agitation zu wittern. Aus Erfahrung heraus beschreibt sie das Problem, einerseits Leute geordnet zu einer handlungsfähigen Gruppe mit Forderungen zu machen, um diese dann auf der anderen Seite nach der Akutsituation und der Initialinitiative dann auch am Leben zu erhalten und in den Forderungen auszubauen. Einmal Erfolg ist einfach, dauerhaft Erfolge erzielen dagegen nicht. Der Artikel ist somit vor allem für Hitzköpfe gut geeignet, die möglicherweise HistoMat-brüllend den Untergang des Kapitalismus beschwören und den Zeitpunkt des letzten Gefechts wittern, ohne dabei konkret einen Plan von Organisation zu haben. 
 
 
KOMMON:JETZT Jedes Mittel recht? Kontroverse um Corona
 
 
Plattform: Kommon
Datum: 05.04.2020
Länge: knapp 1 Stunde
 
Hier moderiert Marcus Staiger ein Streitgespräch zwischen Pedram Shahyar und Michael Kronawitter. Das Streigespräch wurde inzwischen vom Zeitgeist und der momentan vorherrschenden Lebensrealität eingeholt, weil insbesondere die Position Kronawitters, der eigentlich besprochen haben will, ob es überhaupt eine Pandemie gibt, die die Maßnahmen erforderlich macht, durch die Zahlen der letzten zwei Wochen überholt wurden. Man muss zudem genau hinhören und abwägen, ob er sich dezent in Richtung Verschwörungsmythos äußert und „nur Fragen stellt“, oder ob er tatsächlich kritische Fragen mit Substanz anbringt. Im Detail schwer abzuwägen, aber er liefert auch die wenigen interessanten Aspekte dieser Stunde mit einigen Erklärungen fundiert durch seine ärztliche Tätigkeit. Bei ihm geht es aber vorrangig um die Frage, ob man die bürgerlichen Rechte überhaupt mit Maßnahmen beschränken sollte, weil es sein könnte, dass es sich gar nicht um eine ernstzunehmende Pandemie handelt. Er will im Endeffekt mit einer zugegebenermaßen stetig wechselnden und ungenauen Datenbasis (siehe die Biskamp-Beiträge) argumentieren, dass auch ein milder Ausgang möglich sei. Dabei bezieht er sich dann aber auf die Minimalschätzungen, welche sehr unwahrscheinlich sind. Und die Gefahr, dass es einen mittleren oder schweren Verlauf mit der Pandemie nehmen könnte, zieht er nicht in Betracht. Insofern ist das eine in der Gesamtheit richtig müllige Position, welche in Sachen Pandemieeindämmung nur nachträglich reagiert und nicht vorbeugend agiert. Dabei gehen halt Menschen drauf.
 
 
The Virus, Capitalism, and the Long Depression – Interview With Michael Roberts
 
 
Plattform: Spectre
Datum: 2020
Umfang: 2400 Wörter auf 4 Seiten
 
Hier wird auf die wirtschaftliche Situation zu Beginn der Krise hingearbeitet und die kapitalistische Ökonomie und ihre Änderungen der letzten 30, 40 Jahre betrachtet. So grob findet sich das auch in unserem zweiten Mad Marx-Text, hier mit anderen Details und spezieller auf die Produktivkraft fokussiert. Ein rundum guter Read, verständlich und anschaulich. Ebenso wird die Besonderheit der aktuellen Situation mit ihrem systembedrohenden Ausmaß gut aufgezeigt. 
 
 
Ingar Solty: The Bio-Economic Pandemic and the Western Working Classes
 
 
Plattform: Socialist Project
Datum: 24.03.2020
Umfang: 5900 Wörter auf 10 Seiten
 
Ein weiterer Artikel, der einen Überblick über die wirtschaftliche Instabilität zum Zeitpunkt der Pandemie liefert, internationale Nachrichten und Maßnahmen erwähnt und sich an einer Zusammenfassung des Geschehens versucht. Dabei werden auch Reaktionen aus der organisierten Arbeiterschaft erwähnt. Der Umfang ist zwar recht groß, da hier aber ein weltweites Bild gezeichnet wird, bleibt es im Detail oft ungenau oder verkürzt. Insgesamt aber ganz in Ordnung für das, was der Artikel sein soll.
 
 
Das Ende der Marktgläubigkeit – Ein Gastbeitrag von Jan Korte
 
 
Plattform: Der Spiegel
Datum: 03.04.2020
Umfang: 800 Wörter, 2 Seiten
 
Korte sitzt für die Linkpartei im Bundestag und ist hier mal wütend. Sein Beitrag ist eine Replik auf die von liberaler Seite geforderten und teilweise von der Regierung durchgesetzten Maßnahmen eines Arbeitskampfes von oben. Der eh schon kaputtgesparte Gesundheitssektor, der erodierte Sozialstaat und die unter schlechteren Bedingungen malochenden Menschen werden in der Krise und danach wohl wieder den Großteil der Zeche zahlen müssen – und Korte genau das Gegenteil. Hier wird auf Solidarität statt Wettkampf gesetzt, hier wird Arbeitskampf propagiert, hier wird eine Revolte befürwortet. Mit was? Mit Recht. Ein gut formulierter, meinungsstarker Beitrag, den man gut rumreichen kann.
 
 
Der schwarze Stern: The Barbarism of our Time/Die Barbarei unserer Zeit 
 
Plattform: Der schwarze Stern
Datum: 25.03.2020
Umfang: 3200 Wörter, 6 Seiten (beinhaltet sowohl die englische als auch die deutsche Version)
 
Die erste Besonderheit ist hier, dass zweisprachig auf Englisch und Deutsch veröffentlicht wird. Sehr löblich und sinnvoll, dieses Beispiel darf gerne Schule machen – auch bei uns selbst. Damit kann man auch internationale Debatten führen und ist nicht nur auf den deutschsprachigen Raum beschränkt. Der konkrete Beitrag ist vor allem die Taktik des „flatten the curve“ fokussiert. Dazu kommen Ausführungen zum Gesundheitswesen und die bereits laufenden Abwägungen von Wirtschaft und Menschenleben. Besonders die USA stehen hier im Fokus. Inzwischen ist der Beitrag durch die Ereignisse überholt und nicht mehr aktuell, aber an sich gut und anschaulich aufbereitet.
 
 
Holger/Pucki: Corona und der ideelle Gesamtkapitalist
 
 
Plattform: Lower Class Magazine
Datum: 31.03.2020
Umfang: 1.300 Wörter, 3 Seiten
 
Hier wird sich insbesondere der linken Rezeption der staatlichen Maßnahmen gewidmet. Anscheinend hat man unterschiedliche Bubbles, aber das hier beschriebene Verengen der Maßnahmen auf muh Überwachungsstaat können wir so (auch im Rückblick) nicht in dieser Intensität feststellen.  Der Staat wird als ideeller Gesamtkapitalist gesehen und so in seinen Handlungen erklärt. Der Staat fungiert als Charaktermaske des Kapitals in einer Krisensituation. Dabei kann er auch im Sinne des Bevölkerungsschutzes sinnvolle Maßnahmen ergreifen, tut dies aber laut Artikel eigentlich zum Schutz der Wirtschaft. Nun ja, da lässt sich jetzt im Detail sicher heftig drüber streiten, in der Gesamtheit ist das aber schon eine sinnvolle Betrachtungsweise. Das Abwägen, wann man die Maßnahmen lockern könne, ist nichts anderes als der Druck, das System der kapitalistischen Produktionsordnung wieder ins Laufen zum Bringen, um dessen Zusammenbruch zu verhindern. Mehr als diese makropolitische Betrachtung liefert der Artikel nicht, will es auch gar nicht. Wie man es besser machen könnte, wird mit einem Hinweis auf Rojava abgearbeitet. Außerdem zeigt man grob in eine Denkrichtung, ohne auch nur ansatzweise praktisch umsetzbare Dinge aufzuführen.