Mad Marx Teil 3: Befreite Gesellschaft oder Donnerkuppel – Handlungsperspektiven der Linken

Der Anfang vom Ende

 

Um die aktuelle Krisensituation in ihrer Tragweite adäquat zu begleiten, haben wir uns dazu entschieden, unsere Einordnungen und Analysen in einer ausführlichen Artikelreihe zu sammeln. Vorerst auf drei Teile angelegt, kann die Reihe „Mad Marx – Corona und der Vorschein der Donnerkuppel“ in Zukunft noch erweitert. Mit diesem hier vorliegenden dritten Teil kommt sie aber zu einem zwischenzeitlichen Ende. In Teil 1 haben wir uns damit auseinandergesetzt, wie allgemein, aber auch im linken Spektrum, auf die bisher einmalige Situation reagiert wird. Fokus war hierbei vor allem das Begreiflichmachen und das Verarbeiten der Vorgänge, was in mehr und oftmals weniger guten Rationalisierungsversuchen mündet. Eine Linke mit einem gesellschaftsverändernden Anspruch darf dabei aber nicht stehenbleiben. Des Weiteren wurde ein Überriss über den Kapitalismus als Wirtschaftssystem gegeben, wo es sich anbot mit Veranschaulichung an der aktuellen Krisensituation. Der zweite Teil konzentrierte sich dann auf die wirtschaftliche Entwicklung der letzten Jahrzehnte. Durch eine immer weiter vorangetriebene Blasenökonomie, finanziert durch immer neue Schulden, steht die Weltwirtschaft unmittelbar vor dem Kollaps. Die Krise der Jahre 2008/09 ist im Vergleich nicht so systemgefährdend wie das, was jetzt auf uns zukommt. In Verbindung mit sozialdarwinistischen Forderungen, die Wirtschaft schnellstmöglich wieder anzukurbeln und dabei Millionen Menschen wissentlich dem Tod zu überlassen, wurde dann das drohende Szenario der titelgebenden Donnerkuppel skizziert. Das Recht der Stärkeren soll es richten und den Kapitalismus retten, an eine postkapitalistische Option wird gar nicht erst gedacht.

Was noch fehlt, ist eine Bestandsaufnahme der Krisenmaßnahmen (in Teil 2 bereits als „Krisensozialismus“ definiert) und des linken Spektrums. Außerdem werden Maßnahmen und Betätigungen vorgeschlagen, mit denen die Linke die Krisensituation beantworten sollte. Dabei wird in Akutmaßnahmen und in perspektivisches Agieren unterschieden. Ein Patentrezept ist es nicht und es wäre vermessen zu behaupten, hier würde der Masterplan ausbuchstabiert, der in 30 Jahren die befreite Gesellschaft herbeiführen wird. Dennoch hoffen wir (und sind auch zuversichtlich), einen sinnvollen Debattenbeitrag zu liefern und hoffentlich weitere Diskussionen anzuregen. Es wurde ganz bewusst auch das linke Spektrum jenseits der radikalen und autonomen Linken in die Betrachtungen miteinbezogen, die Gründe dafür werden später ersichtlich. Auch ein Grund ist, dass viele Personen aus Verbänden, Gewerkschaften und Parteien zum Pool unserer Leserschaft gehören und die Probleme in der Linken das gesamte Spektrum betreffen.

Mad Marx oder die befreite Gesellschaft

 

Während die Welt im Chaos der Ersten Weltkriegs versank und einen Zivilisationsbruch von bis dahin nicht gekannten Ausmaßes erlebte, schrieb Rosa Luxemburg folgende Zeilen: „Die bürgerliche Gesellschaft steht vor einem Dilemma: Entweder Übergang zum Sozialismus, oder Barbarei!“ Angesichts der sich entwickelnden Krise stellt sich diese Frage tatsächlich mit erneuter Dringlichkeit. Eigentlich stand die Gesellschaft schon seit den Tagen der Ehrengenossin Luxemburg vor dieser Wahl. Die aktuelle Krise, bei der das Virus tatsächlich nur der Auslöser, nicht aber die Ursache ist, lässt die Widersprüche des Kapitalismus offen zu Tage treten und konfrontiert die Weltgemeinschaft damit: Ist ein System, in dem ein Gesundheitswesen auf die abstrakten Zwänge des Marktes und nicht auf die Rettung von Menschen ausgelegt ist, wirklich das „beste System“? Ist ein System, in dem Krankenhäuser aus Kostengründen sogar noch im Angesicht einer heraufziehenden Pandemie geschlossen werden wirklich „das beste System“? Ist es gerechtfertigt, Menschenleben gegen ein abstraktes System der Wertverwertung aufzuwiegen? Wäre es nicht an der Zeit, sich gesamtgesellschaftlich mit der ganz Grundlegenden Frage zu beschäftigen, ob das so richtig ist? Oder ob nicht eine andere Gesellschaft möglich wäre, die auf Solidarität statt auf Konkurrenz und Vereinzelung der Subjekte setzt.

Die Antwort, die von der Politik momentan gegeben wird, ist allerdings in diesem Zusammenhang ebenso erschreckend wie vorhersehbar und altbekannt. Die von uns bereits als „Krisensozialismus“ beschriebenen Automatismen greifen. Die Vergesellschaftung privater Verluste durch den Staat hat bereits begonnen. Bis zu 760 Milliarden Euro will alleine der Deutsche Staat an Steuermitteln aufwenden, um vom mittelständischen bis zum Großunternehmen die deutsche Wirtschaft zu stützen. Das geradezu wahnhaft-religiös anmutende Festhalten an der „Schwarzen Null“ ist mit dem lakonischen Hinweis des Finanzministers, dass man ja nur durch diese Austeritätspolitik „Reserven“ zum Einsatz bringen könne, beiseite gewischt worden. Jene, die diese Austeritätspolitik in erster Linie bis zum heutigen Tage getragen haben, waren die lohnabhängig Beschäftigten. Genau diese Gruppe wird aber vom Maßnahmenpaket der Regierung hart getroffen.

Eine der ersten umgesetzten Maßnahmen, das Kurzarbeitergeld, soll es Unternehmen erlauben, ihre Lohnkosten drastisch zu reduzieren, in dem sie ihren Angestellten nur noch 60 Prozent ihres üblichen Lohns auszahlen. Für eine nicht unerhebliche Gruppe von Lohnabhängigen bedeutet das unmittelbar ein Fall auf Harz IV-Niveau, bei dem die nächste fällige Miete bereits existenzbedrohend ist. Eine Erkenntnis aus dieser Tatsache ist, dass in einem eigentlich reichen und entwickelten Land wie Deutschland, ein substantieller Teil der abhängig Lohnbeschäftigten permanent nur einen Gehaltscheck von der Privatinsolvenz. Studierende dürfen nicht einmal Hartz IV beantragen. Sofern sie kein volles Bafög bekommen, sind sie aktuell fast ohne Verdienstmöglichkeit. Die einzige Option wäre die Exmatrikulation, womit aber sehr wahrscheinlich langfristige Konsequenzen für das Studium verbunden sind.

Für das Heer der nun durch Kurzarbeit, Arbeitsplatzverlust oder Studiumsplatz existentiell Bedrohten sind das schlechte Aussichten. Da zur gleichen Zeit, bedingt durch die Maßnahemn der Corona-Bekämpfung, die Einreise von vor allem osteuropäischen Erntehelfern verboten wurde und viele Bauern öffentlichkeitswirksam beklagt haben, dass ihnen beträchtliche Ernteausfälle drohen, sollte man keinen Ersatz für die Erntehelfer besorgen, ist nun eine gesellschaftliche Debatte um das utilitaristische Ausnutzen der Notlage von ganz allgemein von Armut bedrohten und marginalisierten Gruppen entbrannt.

Flankiert von dem, was hierzulande als „bürgerliche Presse“ bezeichnet wird, dreht sich diese Debatte nun darum, welche Gruppen von armen Schluckern man zur Spargelernte schicken solle – mal sind es SchülerInnen oder StudentenInnen, dann Asylsuchende, wie von Julia Klöckner vorgeschlagen, oder Arbeitslose. Die AfD will dann gleich Fridays for Future zwangsverpflichten und somit Minderjährige zur Arbeit zwingen. In Bayern ist Klöckner’s Parteikollege und Wirtschaftsminister auf Landesebene zu einer ganz ähnlichen Lösung gekommen und will die nun derart in finanzielle Notlage geratenen KurzarbeiterInnen auf die Felder schicken[1].

Ebenfalls in Bayern sind derweil weitere ArbeitnehmerInnenrechte abgeräumt worden. Im Zuge der Krisenbekämpfung wurde die Höchstarbeitszeit für Angestellte einkassiert[2]. Kurzerhand wurden in einem Zuge das Arbeitsverbot für Sonn- und Feiertage aufgehoben (ohnehin schon Schauplatz einer permanenten Abwehrschlacht gegen das Kapital seitens der Gewerkschaften) sowie die Pausenzeiten für Angestellte in systemrelevanten Betrieben um eine Viertelstunde gekürzt. Mindestruhezeiten und Höchstarbeitszeiten wurden ebenfalls aufgehoben. Betriebe können ArbeiterInnen somit länger am Stück arbeiten lassen und müssen ihnen nicht mehr so lange Ruhezeiten gewähren. Schlechte Nachrichten also vor allem für Beschäftigte im Schichtbetrieb.

Nur gut also, dass da das Heer der Lohnsklaven so lange brav den Gürtel enger geschnallt und sich in „Lohnzurückhaltung“ geübt hat – Als Belohnung dürfen einige nun in die Kurzarbeit gehen und sich bei Feldarbeit an der frischen Luft bewegen, um nicht unter das Existenzminimum zu fallen. Profitiert hatten die unteren Lohnschichten von der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten 15 Jahre nicht. Die Einkommensschere driftet immer weiter auseinander und unten gibt es Reallohneinbußen, während es oben kräftige Zuwächse zu verzeichnen gibt.

Die Devise ist also klar: Der Klassenkampf von oben ist wieder in vollem Gange. Während Unternehmen, mittelständische Betriebe und Selbstständige vom Staat auf finanzielle Hilfe zumindest hoffen dürfen, soll besonders den Lohnabhängigen wieder mittels drastischer Gehaltseinbußen und der de facto weitreichenden Aufhebung von ArbeitnehmerInnenrechten die Kosten der Krise aufgebürdet werden. Ausbaden sollen es also mal wieder diejenigen, die vom mageren Aufschwung seit 2009 wenig bis gar nichts hatten. Der Gipfel des Zynismus ist in diesem Zusammenhang der von der Regierung geradezu staatstragend formulierte Ruf nach „Solidarität untereinander“, mit der man dann bis zur Erschöpfung getriebenes Pflegepersonal in Krankenhäusern mit ein paar Beifall-Klatschern für die geleistete Mehrarbeit abspeisen kann, bevor es für sie wieder zurück in die Verwertungsmühle geht. Auf der anderen Seite werden riesige Summen für Bailouts zur Verfügung gestellt, um verschuldete Unternehmen mit zeitlich begrenzter Staatsbeteiligung vor dem Konkurs zu bewahren. Die Verluste werden dadurch vergesellschaftet, um die Unternehmen dann wieder komplett unter private Führung zu stellen, wenn die finanzielle Situation Richtung Gewinnerzielung geht. Auch wenn für diesen Vorgang der Begriff „Verstaatlichung“ verwendet wird, ist dieser irreführend. Verstaatlichung würde bedeuten, die Unternehmen dauerhaft und unbegrenzt dem Staat zu unterstellen.

Leider ist auch davon auszugehen, dass mit diesen angedrohten oder bereits umgesetzten Boshaftigkeiten seitens der Politik das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht ist, sondern dass die Krisendynamik den bereits eingeschlagenen Kurs autoritärer Notverordnungspolitik seitens der Regierenden verschärfen wird. Inwieweit die umfassenden Einschränkung grundlegender Freiheitsrechte im Rahmen der Corona-Pandemie notwendig war, darüber lässt sich diskutieren. Mit welcher Selbstverständlichkeit diese Freiheiten im Vorbeigehen einkassiert und mit der Ausweitung der anlasslosen Überwachung von BürgerInnen über ihre Handy-Daten begonnen wurde (und das zum Teil unter Beifall gewisser linker Kreise), lässt tief blicken.

Unter diesen Umständen sollte man sich keinen Illusionen hingeben, dass seitens der Politik Skrupel herrschen würden, den BürgerInnen weitere schmerzhafte Einschnitte wie etwa eine weitere Schröpfung des Sozialstaates zuzumuten. Weitere Kürzungen des Rentenniveaus, weitere Anhebungen des Renteneintrittalters, das alles wurde auch schon vor der Krise hinter verschlossenen Türen diskutiert. Die hereinbrechende Krise kommt gerade recht, um Unappetitlichkeiten unter dem Vorwand instrumenteller Vernunft offen auf die Agenda zu setzen. Auch ist nicht vorauszusagen, wie die Politik angesichts einer Flut neuer Arbeitssuchenden reagieren wird. Die Studie des IFO zu den wirtschaftlichen Auswirkungen der Krise geht von bis zu 1,8 Millionen Menschen aus, die zusätzlich in die Jobcenter strömen werden [3](zum Vergleich. Arbeitslosenzahl laut Arbeitsagentur im Februar 2020: 2.396.000 [4]). Dass die Überforderung und Gleichgültigkeit gegenüber diesen Menschen in den Jobcentern dieser Republik angesichts dieser anrollenden Flut abnehmen wird, darf bezweifelt werden. Es dürfte eher so sein, dass, da noch mehr Menschen aus dem gleichen Topf versorgt werden müssen, die Leistungen für die/den einzelnen LeistungsbezieherIn drastisch gesenkt werden dürften. Und wie es um den schon vor der Krise bis an die Belastungsgrenze gespannten und durch Privatisierung und Rentabilitätszwänge zugerichteten Gesundheitssektor in unmittelbarer Zukunft bestellt sein wird, wagt niemand zu prognostizieren. Wie angespannt die Situation momentan ist, verdeutlicht ein Aufruf des Vorsitzenden des Verbandes der Krankenhausdirektionen im DLF vom 21. März, in dem er eindringlich, ja geradezu flehend warnt, dass einer ganzen Reihe von Krankenhäusern im Mai die Insolvenz drohe, falls nicht schleunigst mit Notkrediten geholfen wird [5].

Unterm Strich ist das Zukunftsszenario, dass sich unserer Gesellschaft bietet nicht der Vorschein der befreiten Gesellschaft, sondern das krasse Gegenteil. Während substantielle Gesellschaftsschichten vor dem existentiellen Aus stehen und potentiell den Weg ins Prekariat antreten werden müssen, droht den Sozialsystemen eine weiter Schleifung, während der Staat im Sinne der instrumentellen Vernunft immer weiter autoritär durchgreift und sich in den sprichwörtlichen „Leviathan“ von Thomas Hobbes verwandelt – eine staatliche Entität, der jeglicher Sinn für Gemeinwohl abgeht und der seine eigentliche Daseinsberechtigung (Schutz und Garant des Wohlstands für Alle) in sein Gegenteil verkehrt hat und für dessen nun eigentlich überflüssig gewordene Existenz ganze Bevölkerungsschichten geknechtet werden müssen.

Wir stehen also am potentiellen Beginn eines Rückbaus zivilisatorischer Errungenschaften und eines weiteren gesellschaftlichen Zerfalls, der nicht nur die Spaltung in Arm und Reich vorantreiben wird, sondern bei dem eine weitere Verrohung der Gesellschaft vorprogrammiert ist. Die Donnerkuppel aus „Mad Max 3“ als Symbol einer durch die Verhältnisse geknechteten Gesellschaft, die ihre letzten Ansprüche an Menschlichkeit und Aufklärung über Bord geworfen hat und in der die Gemeinschaft der „Vereinzelten Einzelnen“(Karl Marx) zum Synonym für den „Kampf Jeder gegen Jeden“ geworden ist, wirft ihren Schatten voraus.

Im Folgenden wird in drei Abschnitten sukzessive erörtert, was die Linke als gesamtes Spektrum jetzt leisten kann und vor allem leisten sollte. Die Abschnitte sind „Der desolate Zustand der Linken“, „Das Bestehende vor dem Schlimmeren bewahren“ und „Die Systemfrage als Perspektive“. In ihnen werden jeweils die darin abgehandelten Aspekte stichpunktartig vorangestellt, um einen Überblick zu ermöglichen. Wichtig ist auch die Frage, was dafür zur Linken gezählt wird. Die Betrachtungen sind vor allem organisations- und strukturbedingten. Deshalb werden alle Gruppen und Organisationen zur Linken gezählt, die an einer Emanzipation von den aktuellen Verhältnissen arbeiten und im Idealfall postkapitalistisch und postbürgerlich eingestellt sein sollten. Dazu zählen: alle (Struktur-)Gruppen der radikalen Linken, antifaschistische Gruppen und Bündnisse, autonome Gruppen und Strukturen, Gewerkschaften, Sozialverbände, Interessenverbände diskriminierter Gruppen der verschiedenen Bereiche (Rassismus, Antisemitismus, Feminismus, Ableismus, Antiziganismus usw.), Parteien (Linkspartei und mit starken Abstrichen SPD und Grüne), Zeitungen, Verlage, NGOs, Think Tanks, akademische Zusammenschlüsse und ähnlich gelagerte Bereiche. Es geht hier nicht um ein Reinhalten des Begriffes „links“, um damit möglichst die eigenen Ansichten als den heiligen Gral festzulegen, sondern vielmehr um den theoretischen und praktischen Anspruch der Emanzipation im postkapitalistischen und postbürgerlichen Sinne. Im Idealfall könnten alle diese Gruppen auf unterschiedlichen Wegen gemeinsam und koordiniert am Überwinden der Verhältnisse partizipieren. Es ist klar, dass konkrete Weltanschauungen dies in der Praxis stark einschränken oder verhindern, es geht hier aber um eine ganz grundsätzliche Betrachtung. Ebenso gibt es immer positive Gegenbeispiele für Kritik, welche mitunter auch genannt werden. Da es aber der kommende Abschnitt eine grundsätzliche Betrachtung ist, geht es um das Gesamtbild. Konkrete Vorschläge folgen dann in den beiden Schlussabschnitten des Artikels.

Der desolate Zustand der Linken

 

Beleuchtet werden die Problembereiche: radikale Linke, Gewerkschaften, soziale Träger und Interessenverbände, Parteien

Bevor es um konkrete und perspektivische Handlungsoptionen geht, muss eine Bestandsaufnahme des Ist-Zustands erfolgen. Und dieser ist desolat, schaut man einmal gesamtgesellschaftlich und mit Fokus auf postkapitalistische Bewegungen. Dabei sind die Voraussetzungen auf dem Zettel gar nicht mal so schlecht, gibt es doch all die Absatz davor genannten Gruppen und Strukturen. Nur sind diese aus unterschiedlichen Gründen in unterschiedlichen Graden ohne vorhandene Wirkungsmacht. Dafür gab es vor der jetzigen Krise etliche Indikatoren, aber auch jetzt ganz unmittelbar zeigt sich eine relative Handlungsohnmacht.So wurden zum Beispiel die Gewerkschaften erst spät und mit Einschränkungen in die Maßnahmenberatungen in Bayern eingebunden, die ArbeitgeberInnen saßen dagegen von Anfang an am Beratungstisch. Forderungen von Gewerkschaften und Sozialverbänden wurden im Maßnahmenpaket nicht berücksichtigt oder verschwanden vom Verhandlungstisch. Davon betroffen sind unter Anderem die Aufstockung des Kurzarbeitergeldes auf 90 Prozent und finanzielle Verbesserungen im Pflegesektor. Mehr als Forderungen sind dazu auch noch nicht zu vernehmen, Arbeitskampf (in welcher Form auch immer) wurde bisher nicht ins Spiel gebracht. Von der Linkspartei ist ebenfalls wenig mehr zu vernehmen, als Detailkorrekturen der Maßnahmen oder eine Erweiterung in den unteren Einkommensschichten zu fordern. Die radikale Linke ist sicherlich privat mit nachbarschaftlichen Hilfsaktionen beschäftigt, sie tritt aber gar nicht erst als gesellschaftlich relevanter Faktor auf. Mehr als Apelle, Aufrufe und Texte (ja, auch die Mad Marx-Reihe zählt dazu) gibt es kaum. Insgesamt geht von der Linken kaum eine reale Gefahr aus, bestimmte Maßnahmen der Regierung zu ändern oder eigene Forderungen durchzusetzen, geschweige denn gerade eine gesellschaftliche Debatte zum bestehenden System und seinen Widersprüchen anzustoßen. Weder Streiks noch großangelegte Proteste stehen derzeit als Optionen für jeweils mögliche Zeitpunkte öffentlich breit zur Diskussion, sieht man von Phrasen ab.

Problembereich radikale Linke

 

Die Strukturprobleme der Linken zeichnen sich mitunter seit Jahrzehnten ab und haben dafür gesorgt, dass man in einer Krisensituation wie der jetzigen nur reagieren kann und keine offensiv agierende Akteurin auf gesellschaftlicher Ebene und der politischen Bühne darstellt, die weitreichende Forderungen stellen und durchsetzen kann. Die radikale Linke hat dabei vor allem ein organisatorisches und ein inhaltliches Problem. Beide bedingen sich gegenseitig. Im Laufe der Jahrzehnte haben sich grob zwei Richtungen herausgebildet, denen eine organisatorische Vermittlung fehlt. Zum Einen gibt es die Bewegungslinke mit Fokus auf Antifaarbeit und autonome Gruppen. Dies ist insbesondere im Antifabereich nicht wirklich anders zu bewerkstelligen, agiert man hier doch bewusst mit illegalen Mitteln und kann so die Strafverfolgung erschweren. Hier ist man auch noch stärker auf konkrete Aktionen und praktisch umsetzbare Ziele fokussiert. Ein autonomer Hausbesuch ist konkret planbar und durchführbar, die Zerschlagung existierender Nazistrukturen erfordert eine koordiniertes und planvolles Vorgehen. Doch die Erfolgsrate eines solchen Aktivismus ist regional stark unterschiedlich, was auch an den jeweiligen örtlichen Begebenheiten liegt. Leider gibt es keinen flächendeckend erfolgreich und konsequenten Antifaschismus, der wirklich für alle Nazistrukturen eine handfeste Gefahr darstellt. Dem Hannibalnetzwerk hat die radikale Linke nicht viel entgegenzusetzen. Auch ist eine solche sehr eng auf das Thema „Kampf gegen Nazis“ ausgelegte Praxis keine Organisationsform, die auf die anstehenden Aufgaben der Coronakrise übertragbar ist. Es ist eine Erweiterung des Organisationsrepertoires nötig, um auch in Bereichen jenseits des autonomen Kleingruppenantifaschismus Ziele erreichen zu können.

Auf der anderen Seite hat sich die radikale Linke, was die Beschäftigung mit den Verhältnissen im Kapitalismus angeht, vor allem auf Theorie und Analyse der eben genannten Verhältnisse versteift. Daraus ist aber keine irgendwie geartete Praxis erwachsen, die dazu geneigt wäre, eine Verbesserung des Bestehenden auch nur irgendwie perspektivisch realistisch erscheinen zu lassen. Containern mag zwar eine wirksame Praxis zum Durchbrechen kapitalistischer Verhältnisse im ganz Kleinen sein, den Kapitalismus als Wirtschaftsordnung und Organisationsform der Produktion wird man damit nicht besiegen. Das Ganze nimmt sich eher aus, wie die sprichwörtliche Maus, die versucht dem Elefanten auf den Fuß zu treten, wie es Wolfgang Pohrt mal treffend beschrieb. Das sich Zurückziehen auf den makropolitischen Theorie-Elfenbeinturm hat zwar dazu geführt, die aktuelle Krise recht gut erklären zu können. Eine Praxis ist indes aber nicht vorhanden, wie man in dieser Krisensituation landesweit effektiv agieren und gestalten könnte. Und das, obwohl die letzte Systemkrise von 2008/9 das gleiche Problem offenbart hat. So nimmt sich das Ergehen in (pseudo-)intellektuellem Theorie-Geflexe zum Teil selbst nur als Phrasendrescherei aus. Marx hat das Problem in der Deutschen Ideologie gleich zu Beginn in Bezug auf Junghegelianer auf den Punkt gebracht:

„Die junghegelschen Ideologen sind trotz ihrer angeblich „welterschütternden“ Phrasen die größten Konservativen. Die jüngsten von ihnen haben den richtigen Ausdruck für ihre Tätigkeit gefunden, wenn sie behaupten, nur gegen „Phrasen“ zu kämpfen. Sie vergessen nur, daß sie diesen Phrasen selbst nichts als Phrasen entgegensetzen, und daß sie die wirkliche bestehende Welt keineswegs bekämpfen, wenn sie nur die Phrasen dieser Welt bekämpfen.“

Der Anspruch und die Haltung lassen sich exemplarisch mit einer Formulierung darstellen: Es geht ums Ganze. (Der Text vom Bündnis „Ums Ganze“ zur Coronakrise sei hier empfohlen, er arbeitet mit weniger Umfang etliche Punkte ab, die auch in dieser Reihe hier zur Sprache kommen.) Und damit ist dann wirklich der ganz große Wurf gemeint. Mit groß klingenden Kampfansagen und selbstversichernden Phrasen holt man zum verbalen Generalangriff auf alles und jeden, am liebsten aber Staat, Gesellschaft, Patriarchat und Kapitalismus, aus. Da wird dann teilweise mit Worthülsen um sich geschossen, als gäbe es kein Morgen mehr. „Die Kämpfe müssen radikalisiert und zugespitzt werden“, „gegen die Gesamtscheiße“, „deutsche Zustände angreifen“, „den nationalen Konsens brechen“ und noch viele, viele Formulierungen mehr sind fester Bestandteil des Textbaukastens der radikalen Linken. Zum Teil lässt sich das nicht vermeiden, es darf aber nicht dabei bleiben. Wer sich ausschließlich auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene bewegt, wird damit außer einer Selbstbespaßung und dem Signalisieren einer Haltung höchstens noch eine grundlegende Einstellung beim geneigten Publikum erreichen können. Eine auf konkrete Erfolge zielende Praxis ist das aber nicht und sie wird in den meisten Fällen auch gar nicht erst skizziert. Es bleibt beim Appell zur Aktion, zur Verschärfung, zum Widerstand. Wie das aber genau aussehen soll, welche Handlungen man dafür vollziehen kann und welche realistisch erreichbaren Ziele angestrebt werden, bleibt oft das Geheimnis der Autor*innen. Außer wohlformulierter und maximalistischer Phrasen hat man der Realität in den meisten Fällen nichts entgegenzusetzen. Antikapitalistische Phrasen gegen bürgerliche Realität.

Und so verbleiben sehr viele Einzelgruppen und Freiräume organisatorisch mehr oder weniger für sich alleine und können dadurch keinerlei transformatorische Politik über ihren kleinen Bereich hinaus betreiben, während sie mit viel Pathos und Getöse zum Gefecht rufen. Projekte auf der Mikroebene treffen auf makropolitisch (gesamtgesellschaftlich) formulierte Ansprüche, ohne das es einen Mittelbau gäbe, der das Aktionspotential im Kleinen für eine Wirkmacht im Großen bündeln könnte.

Problembereich Gewerkschaften

 

Einen entsprechenden Mittelbau stellen Gewerkschaften für ihre jeweiligen Bereiche dar. Die Gewerkschaften sind ursprünglich als organisierte (Arbeits-)Kampforganisationen gegründet worden, was im 19. Jahrhundert tatsächlich sehr oft physische Kämpfe und Waffengewalt beinhaltete. Die Staatsgewalt und die Industriellen waren nicht gerade zimperlich, wenn es um das Zerschlagen organisierter Gegenwehr ging. Im Laufe der letzten ca. 150 Jahre haben die Gewerkschaften viele Erfolge erkämpft und sind seit Langem staatlicherseits anerkannt und fest verankert. Mit fortschreitendem Erfolg und mit wachsender Anerkennung haben sich die Gewerkschaften im deutschsprachigen Raum immer weiter entradikalsiert. Der Anspruch wurde immer bescheidener, inzwischen sind sie staatstragend und systemstabilisierend geworden. Wer bringt mit dem DGB in Deutschland oder mit dem ÖGB in Österreich den Kampf zur vollständigen Überwindung des Kapitalismus in Verbindung? Die Integration der Gewerkschaften in den akzeptierten Interessenaustausch hat sie Stück für Stück entschärft.

In Österreich hat man dem Ganzen dann auch vor 100 Jahren das passende Unwort gegeben: Sozialpartnerschaft. Hier sollen Arbeitgeber- und Arbeitnehmerseite vom offenen Konflikt abrücken und in einem Dialog Konsenslösungen finden. Die Konfliktparteien des Arbeitskampfes und der Klassengesellschaft sollen möglichst so miteinander ausgesöhnt werden, dass sie den Staat nicht gefährden. Ein Überwinden der Verhältnisse ist damit von vornherein ausgeschlossen. Mit der Sozialpartnerschaft sagt man nicht nur einem revolutionärem Umsturz auf Wiedersehen (in Österreich hat es die Sozialdemokratie zum Beispiel auch verpasst, zum bewaffneten Widerstand gegen den faschistischen Coup aufzurufen, obwohl man dafür gerüstet war), man verabschiedet sich auch von einem syndikalistischen Ansatz, durch transformatorische Politik und das Aufbauen eigener Strukturen den Kapitalismus durch praktisches Handeln zu überwinden. Auch bei dieser Taktik wird auf die Wirtschaftsseite nicht eingegangen, man schaut lediglich, wie man unter aktuellen Bedingungen am besten Wirtschaft und Gesellschaft zum Sozialismus bringen kann – der immer und bei jedem erzielten Erfolg das Ziel bleibt und die Wahl der Mittel und Methoden bestimmt.

In Deutschland setzte man ab den 20ern auf die soziale Marktwirtschaft, die SPD-Führung hat mehrere Gelegenheiten zum revolutionären Umsturz konterrevolutionär beantwortet und die Gewerkschaftsarbeit damit nachhaltig entradikalisiert. Sozialpartnerschaft und soziale Marktwirtschaft sind zwei Ausprägungen des selben Grundkonzepts. Wer sich zur sozialen Marktwirtschaft bekennt, will den Kapitalismus nicht überwinden. Der DGB-Vorsitzende Rainer Hoffmann bekennt sich ausdrücklich zur Sozialen Marktwirtschaft und zur Sozialpartnerschaft und bekommt dafür Gratulationen aus der CDU. Eine bessere Veranschaulichung des staatstragenden, systemkonformen Elends der Gewerkschaftsentwicklung gibt es wohl kaum. (https://jungle.world/index.php/artikel/2018/49/hauptsache-stabilitaet ) Man muss der Realität ins Auge sehen und feststellen, dass die Gewerkschaften kein Teil der radikalen Linken sind und inzwischen dermaßen in das System eingehegt wurden, dass sie als Beruhigungstropfen für die fungieren, deren Interessen sie idealerweise radikal vertreten sollten.

Problembereich soziale Träger und Interessenverbände

 

Ein ähnliches System mit der Integration und Einhegung in das bestehende System haben soziale TrägerInnen und Interessenvertretungen wie zum Beispiel Frauenverbände oder antirassistische Gruppen. Der Staat und die Wirtschaft verlassen sich zum Teil bewusst darauf, dass Einrichtungen wie die Volkssolidarität oder die Tafeln Versorgungsaufgaben übernehmen, die eigentlich von der öffentlichen Hand geleistet werden sollten. Der Staat, welcher aktuell eben die öffentliche Hand darstellt, überlässt Teile der Grundversorgung der ärmsten Bevölkerungsteile der Hilfsbereitschaft und Organisation von Privatpersonen, spart sich also die entsprechenden Kosten. Bei Hartz 4 sieht man aktuell, dass die Politik aktiv darauf setzt. Die FDP! forderte eine zeitweise Anhebung der Mindestsicherung, da durch den Wegfall der Tafeln viele nicht mehr über die Runden kämen. Man weiß also, dass die Tafeln überlebensnotwendig sind, tut aber nichts, um die Grundversorgung staatlich abzusichern.

Was soziale TrägerInnen, Interessenverbände und NGOs (z.B. Stiftungen) gemein haben, ist ihre Abhängigkeit vom Staat. Viele Projekte werden staatlich gefördert oder profitieren von Steuerbefreiungen im Vereinsrecht. Auch werden oft Räumlichkeiten gestellt oder zumindest teilfinanziert. Ein großes Programm wäre hier zum Beispiel das Programm „Demokratie fördern“, bei dem zivilgesellschaftliche Projekte gegen Rechts mit Mitteln versorgt werden. Alle Bereiche, die sich gegen Rechts engagieren, soziale Aufgaben übernehmen und diskriminierte Gruppen und Minderheiten vertreten, würden von einer postkapitalistischen, postbürgerlichen Gesellschaft profitieren. (Hier wieder der Hinweis, dass es um eine grundsätzliche Betrachtung geht und es einige Ausnahmen gibt.) Da sie im Gegensatz zu Gewerkschaften aber selten über ausreichend Eigenmittel verfügen, um völlig unabhängig von Staat und Wirtschaft zu bestehen, sind sie auf finanzielle und logistische Unterstützung angewiesen. Das bereits angesprochene Programm „Demokratie fördern“ integriert Projekte dann wieder so in das bestehende System, weil die Mittel an eine Zustimmung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung gekoppelt sind. Je nach aktueller politischer Lage können ausschließlich auf Rechtsradikalismus spezialisierte Projekte unter Druck geraten, sich zumindest öffentlich gegen die radikale Linke zu positionieren, um die Förderung nicht zu verlieren. Die Gefahr einer linksradikalen Orientierung, welche perspektivisch systemgefährdend werden könnte, wird in der Breite effektiv entschärft.

In der Gesamtbetrachtung fällt auf, dass soziale TrägerInnen und Interessenorgas als eigentlich realpolitischer Mittelbau entweder über Finanzierungsprobleme vom Staat eingehegt werden und von ihm abhängig sind, oder sich durch bestimmte inhaltliche Problemstellen nicht in eine radikal linke Politik der Transformation einfügen können. Zudem wird hier oft eine passive Rolle gesetzt, die sich um das Abmildern der schlimmsten Zustände bemüht, aber nicht den Horizont zur radikalen Gesellschaftstransformation aufweist, um sich im besten Falle selbst überflüssig zu machen. Die Tafeln und andere Wohlfahrtsverbände müssten eigentlich postkapitalistisch eingestellt sein, sollten sie dem Anspruch ihrer Tätigkeit konsequent nachkommen.

Problembereich Parteien

 

Zu den linken Parteien zählt man gemeinhin die Linkspartei, die SPD und die Grünen. Schaut man sich die tatsächlichen Positionen an, ist einzig die Linkspartei als klassisch sozialdemokratisch zu sehen. Ein reformistischer Flügel steht im ständigen Clinch mit einem transformatorischen Flügel und es gibt auch tendenziell revolutionär ausgerichtete Grüppchen, die in Teilen offen davon sprechen, den Kapitalismus zu überwinden. Die SPD hat sich seit der vorletzten Jahrhundertwende immer weiter weg vom Anspruch des eigenen Parteiprogramms (demokratischer Sozialismus) hin zu einer staatstragenden Partei der bürgerlichen Gesellschaft entwickelt. Eine tatsächliche Transformation des Bestehenden hin zu einem Aussetzen der Marktwirtschaft will niemand dort, unter Gerhard Schröder hat man einen radikalen Sozialabbau durchgezogen, den die CDU niemals hätte durchsetzen können. Dies führte letztlich zum Bruch mit den Gewerkschaften (die sich selbst schon vom Sozialismus verabschiedet hatten), weil man nicht mal mehr sozialdemokratisch agierte. In den letzten Jahren bemüht sich der sozialdemokratische Flügel der SPD zusehends mit Erfolg, den Einfluss des Seeheimer Kreises und der Nachwehen der Schröder-Gang zurückzudrängen und die neue SPD-Spitze ist tatsächlich eine, die man als im weitesten Sinne links bezeichnen könnte. Aber die SPD war über 100 Jahre bereit, sich selbst aufs Schafott zu schleifen und das Fallbeil auszulösen, wenn es nur darum ging, staatstragend Deutschland zu retten. Man sollte also selbst im sozialdemokratischen Sinne nicht zu viele Hoffnungen haben. Die Grünen sind inzwischen von einer sozialliberalen Partei in Teilen schnurstracks ins konservative Lager gewandert. Die antikapitalistischen Kräfte sind bereits um 1990 herum aus der Partei ausgetreten, die nächste GroKo dürfte auch nicht die SPD beinhalten und auf Landesebene versteht man sich teilweise blendend mit der CDU in den Regierungen. Hier ist man Fair Trade-bürgerlich, nicht antikapitalistisch.

Da man unter den gegebenen Umständen nicht umhin kommt, sich auch mit dem Staat als Akteur und möglichen Kampfplatz für transformatorische Politik auseinanderzusetzen, sind Parteien in jedem Fall ein wichtiger Faktor. Selbst anarcho-syndikalische Ansätzen profitierten davon, wenn die Linkspartei die Kanzlerin stellte. Parteien sind allerdings als Organisation an das Parteienrecht gebunden und unterliegen somit der Gefahr, bei realer Wirkmacht zur Systemveränderung vom Verfassungsschutz beobachtet und möglicherweise als verfassungsfeindlich eingestuft zu werden, was dann wiederum ein Parteiverbot nach sich ziehen würde. Dieses Verbot ist nach aktueller Rechtslage in der BRD an die Wirkmacht gebunden, die sogenannte „freiheitlich-demokratische Grundordnung“ ernsthaft zu stören und zu gefährden. Ab dem Moment, ab dem eine Partei anfangen könnte, die Systemfage zu stellen, wird sie verboten. Damit fällt der alte marxistische Ansatz in Teilen weg, mit der Kaderpartei auf Massenbasis staatsfeindlich zu agitieren, die Revolution herbeizuführen und diese dann zu gewinnen.

Trotz allem gibt es aber Möglichkeiten, sich mit Sozialverbänden, Gewerkschaften, Interessensgruppen und außerparlamentarischer Linker auf erreichbare Ziel, koordiniertes Handeln und Aktionskonzepte zu verständigen. Die Möglichkeiten, in einem offensiven Zusammenspiel von parlamentarischem und außerparlamentarischen Druck Forderungen durchzusetzen, wäre gegeben – man müsste nur aggressiver auftreten und einen aktionsorientierten Anspruch formulieren. Eine ohne Frage schwierige Aufgabe, aber eine machbare und angesichts der aktuellen Machtlosigkeit eine erforderliche. Deshalb wird in den folgenden beiden Parts beleuchtet, was die Linke jetzt trotz ihrer Struktur- und Organisationsprobleme machen kann und vor allem sollte.

Zwischenspiel: Die Interventionistische Linke als Versuch, aus der Wirkungslosigkeit auszubrechen

Die Problemstellen der radikalen Linken im Kontext des linken Spektrums im Speziellen und der Gesellschaft allgemein sind nicht neu. Verschiedene Organisationsmodelle sind im Laufe der Jahrzehnte gescheitert oder aufgegeben worden, der Kampf hat sich zusehends entradikalisiert und der Ruf der Krawalllinken ist weit schlimmer als es die Realität hergibt. Staat und bürgerliche Gesellschaft werden vor allem im Kleinen herausgefordert, ohne sich damit aber jemals dem Ganzen entziehen zu können. Aber ob vor der Rigaer 94 eine Barrikade brennt oder nicht, ändert nichts an den Verhältnissen jenseits des Kleinen. Die Interventionistische Linke verfolgt daher einen klar mesopolitischen Ansatz. Man setzt auf Ortsgruppen im ganzen Bundesgebiet, man kann sich auf der Website nach Möglichkeiten in der (relativen) Nähe umschauen. Die Ortsgruppen agieren dann als Strukturgruppen, während man sich überregional auf einige Schwerpunktereignisse im Jahr konzentriert. G20, Ende Gelände, Pflegestreik, Rojava, Rheinmetall – man wählt die Projekte mit Bedacht und arbeitet dann Aktionsstrategien aus.

Hier geht es jetzt nicht um die inhaltliche Ausrichtung der IL und einzelner Ortsgruppen, im Fokus steht hier der Aufbau und die damit gegebenen Möglichkeiten. Durch die überregionale Struktur kann man sich Aktionen im ganzen Bundesgebiet zur Aufgabe machen. Dabei zerfleddert sich die IL aber nicht in viel zu viele Einzelthemen, sondern fährt teilweise über Jahre hinweg strukturiert und planvoll Kampagnen zu ihren Schwerpunkten. Durch die größere Anzahl an Mitgliedern und die Vernetzung zu anderen Gruppen hat man auch größere finanzielle und logistische Möglichkeiten als die Autonome Antifa Demmin mit fünf Leuten. Man hat presseerfahrene Personen, Kontakte und Erfahrungen, die alle für das Planen und Durchführen zukünftiger Kampagnen und Großaktionen hilfreich sind. Die Problematik vor allem der radikalen Linken, keine Vermittlung zwischen Kleingruppenaktivismus und radikalem Anspruch an die Gesellschaft zu haben, wird hier im Rahmen der Möglichkeiten der IL gelöst.

Ein Knackpunkt wird aber auch die IL vor eine Entscheidung stellen. Wenn sie tatsächlich einen transformatorischen Anspruch umsetzen will, muss sie sowohl zahlenmäßig als auch kampagnenbezogen größer werden. Ende Gelände ist richtig und wichtig, hat seinen Hauptimpact vermutlich aber schon gehabt. Hier ist jetzt eine Art Feedbackschleife notwendig, um die einzelnen Kampagnen auf ihren jeweiligen Status Quo abzuklopfen und zu schauen, wo man Veränderungen vornehmen muss, um dem transformatorischen Anspruch gerecht zu werden. Nicht nur Wachstum, sondern auf Schwerpunktverschiebungen hin zum Sozialismus sind notwendig. Hier wird die IL aber zwangsläufig in einen Bereich kommen, der für den Staat verbotswürdig ist. Eine radikale Linke kann nicht die BRD als bürgerlichen Staat erhalten, sondern steht ihr per Definition feindlich gegenüber. Ob und wie die IL diese Gratwanderung meistern wird, werden die kommenden Jahre zeigen. Denn was ihren bisherigen Aktionsradius angeht, läuft sie Gefahr, es sich in ihrer (im Vergleich mit anderen Gruppen relativ großen) Nische gemütlich zu machen und in eine Stagnation zu verfallen.

 

Das Bestehende vor dem Schlimmen bewahren

 

  • Wir sitzen nicht alle im selben Boot
  • Mindestforderung der Wiederherstellung aller Arbeitsschutzvorschriften auf den Stand vom 1. März
  • Jede Verschlechterung von Arbeitsschutzbestimmungen und -rechten dokumentieren und mit unmissverständlichen Gegenforderungen im Sinne der Angestellten verbinden.
  • Agitation der Beschäftigten in den gerade als „systemrelevant“ bezeichneten Bereichen mit dem Ziel sie für gewerkschaftliche Arbeit und/oder Arbeitskampf zu gewinnen
  • bestehende Stadtteilhilfen der Krisensituation anpassen und miteinander vernetzen, um eine koordinierte Struktur auf regionaler und perspektivisch landesweiter Ebene zu gewinnen
  • die bisherigen Ausnahmen für die Wirtschaft offenlegen und die Schließung aller nicht erforderlichen Betriebe anstreben
  • Wer als Lohnabhängige/r von den Maßnahmen (z.B. Kurzarbeit) betroffen ist, soll sich organisieren.

Wir sitzen nicht alle im selben Boot

 

Es kann nicht bestritten werden, dass wir alle von der Coronakrise betroffen sind. Aber nur weil alle mit dieser Situation umgehen müssen, haben nicht alle die gleichen Interessen. Von Seiten politischer Funktionsträger*innen und der Wirtschaft wird aber genau diese Behauptung dazu genutzt, um Kritik an Maßnahmen abzuwehren. Wer nicht zufrieden mit einzelnen Aspekten ist, wolle Menschen sterben lassen oder sei ein ignorantes Arschloch. Gleichzeitig werden aber den Individuen und dem privaten Bereich Maßnahmen und Einschränkungen aufgebrummt, von denen auch die nicht erforderlichen Wirtschafts- und Dienstleistungsbereiche ausgenommen sind. Nicht erforderliche Betriebe, die jetzt noch aufhaben und kein Homeoffice betreiben können, sind de facto die größten Coronapartys. Die Wertschöpfung und die kapitalistische Verwertung bekommen von Beginn an Extrawürste gebraten, während man im Privaten massiv zurückstecken muss. Und genau das, der aktuell laufende Klassenkampf von oben und die Besserstellung der Wirtschaft bei den Maßnahmen, müssen vermittelt werden. Und zwar auf eine Art, die den feinen Unterschied zwischen blinder Autoritätsgläubigkeit der Marke „Die werden schon immer das Richtige machen“ und einem „Maßnahmen sind sinnvoll, hier wird aber eindeutig mit Partikularinteressen gearbeitet und eben nicht das Beste für alle, sondern für bestimmte Interessengruppen gemacht“ anschaulich vermittelt. Idealerweise sollte tatsächlich Politik für bestimmte Interessensgruppen gemacht werden. Die Banken, Wirtschaft und generell die kapitalistische Arbeitsorganisation zählen nicht dazu. Wir sitzen sinnbildlich gesprochen in unterschiedlichen Booten, die das gleiche Gewässer befahren.

Mindestforderung der Wiederherstellung aller Arbeitsschutzvorschriften auf den Stand vom 1. März

 

Gerade werden unter dem Vorwand der Krisenbewältigung quasi ohne Einwirkungsmöglichkeiten von Arbeitsschutzverbänden und Gewerkschaften Arbeitsschutzvorschriften von der Politik abgeräumt. Diese Vorschriften dienen nicht nur zum Schutz vor zu großer Ausbeutung, sondern auch direkt dem Schutz der Arbeitenden selbst (Ruhezeiten, Höchstarbeitsdauer, etc.). Gesamtgesellschaftlich daraufhin zu wirken, dass gerade jene Lohnabhängigen, die davon betroffen sind, wieder von dieser Zusatzbelastung befreit werden, ist ein Ansatzpunkt für linke Kämpfe und eine klar und deutlich nach außen zu tragende Forderung. Es darf nicht sein, dass diejenigen, die unmittelbar unter der Krise leiden, nachher schlechter gestellt sind als vorher. Dazu ist es notwendig…

…jede Verschlechterung der Arbeitsbedingungen zu dokumentieren und mit Gegenforderungen zu beantworten

 

Die aktuellen Maßnahmen müssen in ihrer Gänze und im Idealfall leicht zugänglich dokumentiert und aufbereitet werden. Möglicherweise würde sich ein eigener Blog dazu lohnen, der zudem die Maßnahmen nach Bundesländern und Bund aufschlüsselt. Die Maßnahmen und Arbeitsschutzverschlechterungen sollten entsprechend mit ihren Konsequenzen ausgeführt und im Idealfall mit Forderungen von Gewerkschaften und Verbänden kombiniert werden, um aufzuzeigen, wie genau die Interessen der Beschäftigten von Linken vertreten werden. Wo es sich anbietet, kann man direkte Ansprechpartner*innen aufführen, die für Arbeitsrecht und dergleichen zuständig sind, um bei Bedarf Hilfe zu vermitteln. Zudem sollte unmittelbar der organisierte Arbeitskampf als Ziel eines entsprechenden Dokumentationsblogs erkenntlich sein.

Agitation der gerade „systemrelevant“ bezeichneten Beschäftigten für Gewerkschaften und Arbeitskampf

 

Vor allem Personal, welches in dieser Krisenzeit besonders belastet und besonders gefährdet ist, sieht sich mit hohlen Phrasen von „Solidarität“ und wirkungslosem Klatschen konfrontiert. Trotz dessen, dass es gerade diese Menschen sind, die ganz offensichtlich unsere Gesellschaft entscheidend mittragen, sind ihre Arbeitsbedingungen und ihre Entlohnung geradezu lächerlich. Sie waren es vor der Krise, jetzt wird ihnen noch mehr abverlangt. In einigen Branchen (z.B. Kassenpersonal in Supermärkten) wurde bereits von Arbeitgeberseite signalisiert, dass man nicht gedenkt, sich an vereinbarte Lohnerhöhungen zu halten. Die Antwort kann nur sein, sich mit diesen Menschen zu solidarisieren, sinnvolle Arbeitskampfmaßnahmen zu erarbeiten und mit ihnen notfalls auf die Straße zu gehen, wenn die Situation es wieder zulässt. Da diese Lohnabhängigen zudem direkt vom Abbau ihrer Rechte im Namen der Krise betroffen sind, sollte man sie für den organisierten Arbeitskampf gewinnen. Dabei braucht man keine Revolutionsromantik verbreiten und von brennenden Barrikaden schwärmen, sondern vor allem praktische Hilfestellungen liefern. Wenn es arbeitsrechtliche Fragen gibt, sollte man auf Gewerkschaften und Arbeitsschutzverbände verweisen – oder auf den Dokumentationsblog aus dem Stichpunkt zuvor. Gerade jetzt kann man zeigen, dass (radikal) Linke konsequent für die Interessen der Beschäftigten eintreten.

Viele Betriebe sind nicht „systemrelevant“ und trotzdem in Betrieb – sie sollten stillgelegt werden

 

Die Wirtschaft ist bestrebt, möglichst weiter den Normalbetrieb aufrecht zu erhalten und mit der Kapitalverwertung fortzufahren. Die Regierung ist inkonsequent und verhängt für das Privatleben Beschränkungen, während in der Wirtschaft Ausnahmen gelten. Die Eindämmung der Pandemie wird also inkonsequent betrieben – zu Lasten der Lohnabhängigen. Es sollte daher gefordert werden, die Wirtschaft mindestens dem Privaten gleichzustellen in Sachen Maßnahmen. Der Idealfall wäre perspektivisch, gar das Private stärker als die Verwertungslogik zu gewichten.

Organisation der betroffenen Lohnabhängigen

 

Millionen Menschen befinden sich im Moment in Kurzarbeit, über 220.000 Betriebe haben diese angemeldet. Darunter fallen auch Betriebe, die schwach gewerkschaftlich organisiert sind, wie zum Beispiel in der Gastronomie. Hier ist unmittelbar anzusetzen und mit praktischer Hilfe bezüglich der Maßnahmen zu agitieren, sofern möglich. Über bestehende Kommunikationswege wie Arbeitschats lässt sich hier eventuell betriebsweise eine Organisation weiter Teile der Belegschaft erreichen, welche weiter reicht als aktuell. Im Idealfall kann man Personen für Gewerkschaften gewinnen. Parallel sollte aber auch für einen möglichen kommenden Arbeitskampf agitiert werden. Maßnahmenpakete der Regierung haben diskreditiert zu werden, während Forderungen im Sinne der Angestellten zu pushen sind. Im Einzelnen mag das mühsam sein, aber ein Bewusstsein für die eigenen Handlungsoptionen durch Koordination und Organisation fällt nicht einfach so vom Himmel. Dieses Bewusstsein muss geschaffen werden. Betriebliche Strukturen sollten sich bei Bestehen überbetrieblich vernetzen. Sei es um gewerkschaftlichen Anschluss zu suchen oder als Art Netzwerk zum Austausch und zur Planung möglicher Aktionen mit anderen Belagschaften. Ziel muss es sein, sich reale Handlungsoptionen zu erarbeiten und bestehende zu erweitern, um effektiv Druck ausüben zu können.

Stadtteilinitiativen ausbauen und mit Blick auf erweiterten Handlngsspielraum vernetzen

 

Eine Stärke der außerparlamentarischen Linken ist selbstständig organisierte Stadtteilpolitik. Hier gibt es bereits etliche Beispiele, wie sich solidarisch organisiert wurde, um beispielsweise Obdachlose mit Nahrung zu versorgen oder Personen der Risikogruppen mit den Gütern des täglichen Bedarfs zu versorgen. Wo wenig bis keine Hilfe vorhanden ist, sind es meistens Linke, die anderen helfen. Wichtig ist es, aus dieser lokalen und oftmals dezentralen Form der lokalen Hilfe eine regionale und letztendlich bundesweite Vernetzung zu schaffen, die koordiniert agieren kann. Aus der lokalen Kleingruppenorganisation muss man eine Struktur schaffen, die sowohl die örtliche Unabhängigkeit garantiert als auch überlokal in der Lage ist, gemeinsam aufzutreten. Das streng hierarchische Prinzip einer Kaderpartei ist hier nicht gefragt, eher sollte man sich im syndikalistischen Sinne mesopolitisch organisieren, also vom gesellschaftlichen Unterbau vor Ort eine Wirkmacht im Mittelbau auf Organisationsebene schaffen.

 

Die Systemfrage als Perspektive

 

  • Arbeitskampf organisieren. Streiks planen und taktisch sinnvoll einsetzen
  • Gewerkschaften, Sozialverbände, Strukturgruppen und Parteien zu einer politisch wirkmächtigen Entität umwandeln
  • Transformatorische Politik und Praxis entwickeln
  • Wo Gewerkschaften nicht mitziehen – Sozialpartnerschaft kündigen!
  • Bei Gewerkschaften, Sozialverbänden, Linkspartei und so weit es geht SPD eine klare postkapitalistische Zielsetzung pushen
  • Eine neue Praxis muss her
  • Sozialdarwinistische Forderungen entlarven
  • Talking Points setzen um die Debatte um die Systemfrage in Gang zu bring

 

Arbeitskampf organisieren. Streiks planen und taktisch sinnvoll einsetzen

 

All das Agitieren und Organisieren macht man nicht aus Spaß an der Freude, sondern will damit eine reale Wirkmacht aufbauen, um wiederum eigene Forderungen zu stellen und in den offenen Konflikt mit Wirtschaft und Staat treten zu können, um die Forderungen schlussendlich durchzusetzen. Der Kapitalismus schafft sich schließlich nicht von alleine ab. Die Krise bietet die Möglichkeit aus der relativen Schwäche in Sachen Handlungsoptionen auszubrechen und sich besser aufzustellen. Gewerkschaften und Sozialverbände verfügen schon jetzt über solche Möglichkeiten, man hat nicht ohne Grund Streikkassen und dergleichen eingerichtet. Da man sich aber, wie im Part zuvor ausgeführt, selber immer staatstragender eingegliedert hat und die radikale Linke sich viel zu stark auf Theorie im Großen und Praxis im (sehr) Kleinen eingeschossen hat, sind die momentan vorhandenen Handlungsoptionen begrenzt. Wie die konkrete Situation innerhalb der einzelne Gewerkschaften, Verbände und Gruppen aussieht, weiß man vor Ort selbst am besten.

Durch die gerade geschaffenen Optionen zur Agitation und Organisation sollte man bestrebt sein, weiter zu denken und zu planen. Gewerkschaften, Verbände und Strukturgruppen sollten sich jetzt miteinander koordinieren und umsetzbare Pläne eines radikalen Arbeitskampfes ausarbeiten und diese dann realisieren. Man muss aus der Defensive kommen und gerade in Bereichen wie der Pflege, dem Gesundheitswesen und im Einzelhandel in Richtung zukünftiger Streiks arbeiten. Wer systemrelevant ist, sollte diese Relevanz dann auch im Sinne der Beschäftigten einsetzen und sich nicht mit Almosen abspeisen lassen. Wenn man das Land noch einmal lahm legt, nachdem der Shutdown (vermutlich stückweise) ausgehoben wird, dann legt man halt noch einmal das Land lahm. Die Linke muss von einem kurzfristigen Reagieren und Fahren auf Sicht hin zu einem strategischen und perspektivischen Denken und Planen kommen. Denn selbst wenn man in dieser Krise nicht so agieren kann, wie es angebracht wäre: Die nächste Systemkrise kommt sicher. Und dann sollte man vorbereitet sein.

Gewerkschaften, Sozialverbände, Strukturgruppen und Parteien zu einer politisch wirkmächtigen Entität umwandeln

 

Die Gewerkschaften, Sozialverbände, Strukturgruppen, Linkspartei und mögliche Teile von SPD und Grünen müssen für eine linke Wirkmacht in Sachen Arbeitskampf verbunden werden. Ziel ist es so viel Druck aufbauen zu können, um die notwendigen, anstehenden Debatten auf eine breite, öffentliche Basis zu stellen. Dazu muss keine linke Einheitsfront gebildet werden, welche aus verschiedenen Gründen weder realistisch noch praktikabel ist. Stattdessen sollte man projektbezogen in bestimmten Bereichen (es bieten sich der Wohnungsmarkt und der Pflegebereich an) ein anspruchsvolles Ziel formulieren, welches aber umsetzbar ist und gleichzeitig ganz klar eine Transformation hin zu einer postkapitalistischen Wirtschaftsordnung beinhaltet. Um dieses Ziel zu erreichen, sollte man sich dann gruppenübergreifend verständigen und die Aktionen koordinieren. Dazu gehört auch das Verwenden von Talking Points, also einer grob abgesprochenen Kommunikationsstrategie, mit der man durch Schlagworte und Argumentationsansätze die Diskussion um das Erreichen der Zielsetzung in den Medien möglichst im eigenen Sinne gestalten kann. Dazu muss man dann auch zu den eigenen Ansprüchen stehen und nicht immer zurückschrecken, wenn die Welt oder die Wirtschaftswoche den Teufel an die Wand malen, was die bösen Stalinlinken schon wieder aushecken. Anhand solch praktischer Transformationspolitik kann man dann auch eine postkapitalistische Komponente in den öffentlichen Diskurs bringen – so wie bei der Debatte um Enteignungen der Immobilienbranche geschehen. Wenn Bernie Sanders es zwei Mal hintereinander schafft, sich in den USA als bekennender Sozialist fast zum Präsidentschaftskandidaten wählen zu lassen, dann sollte man sich das hierzulande in Sachen Kampagnentaktik und Eigenpositionierung sehr genau anschauen.

Mittel- bis längerfristig muss es das Ziel sein, die herrschenden Verhältnisse vor allem an Hand ganz konkreter Widersprüche im System als Talking Point zu nutzen, und eine möglichst breite, öffentliche Debatte anzustoßen, an deren Ende tatsächlich entweder die offene Systemfrage steht, oder zumindest etwas bedeutend Besseres als das Bestehende angestrebt wird. Dazu ist es aber zunächst notwendig, die Menschen zu gewinnen. Für Linke mögen die Systemwidersprüche unübersehbar sein, für Menschen, die unter ihnen leiden, nicht notwendigerweise. Auch wenn dem Einen oder Anderen hier Begriffe wie „Massenbasis“ durch den Kopf gehen, ohne dass möglichst viele Menschen für das, worum es hier geht, sensibilisiert sind, wird es nicht funktionieren. Idealerweise findet diese Sensibilisierung durch greifbare und vermittelbare Vorschläge und wo es geht praktische Umsetzungen statt.

Wo Gewerkschaften noch mitziehen – Sozialpartnerschaft kündigen!

 

Es kann nicht sein, dass, wie zuletzt geschehen, Gewerkschaften sich, ohne auch nur mit der Wimper zu zucken, dem Kapital andienen. Ganz allgemein ist das Konzept der Sozialpartnerschaft von linker Seite in Frage zu stellen, da sie offenkundig langfristig nur den Interessen der Wirtschaft dient. Das Modell der Sozialpartnerschaft stellt ein nützliches Werkzeug dar, um den Arbeitskampf einseitig zu demobilisieren, zu verunmöglichen, und die Belegschaften zu „domestizieren“. Das kann unmöglich Sinn der Übung sein. Gewerkschaften existieren aus einem ganz klaren Grund: Die Interessen ihrer Mitglieder gegenüber der Arbeitgeberseite durchzusetzen und historisch sogar die Arbeitgeberseite aufzulösen. Gewerkschaften, die unter dem Deckmantel der „Sozialpartnerschaft“ faule Deals für ihre Belegschaften abschließen, um Arbeitskampfmaßnahmen aus dem Weg zu gehen und „verantwortlich mit Maß“ Abschlüsse abnicken, hintergehen in diesem Sinne ihren Zweck. In den nun anstehenden Wochen müssen sich Gewerkschaften klar machen, dass sie die Interessen ihrer Mitglieder nicht durch serviles Gemauschel mit der Wirtschaft werden schützen können, sondern sich klar kämpferischer aufstellen müssen. Das Sozialpartnerschaftsmodell muss einseitig aufgekündigt werden – und das besser früher als später.

bei Gewerkschaften, Sozialverbänden, Linkspartei und so weit es geht SPD eine klare postkapitalistische Zielsetzung pushen

 

Die außerparlamentarische Linke hat ihre Baustellen wie die Sozialpartnerschaft oder fehlendes Aktionspotential im gesellschaftlichen Mittelbau, die parlamentarische ist durch eine teils schreckhafte Übersensibilisierung gelähmt, wann immer es um minimal radikalere Forderungen als den Ist-Zustand geht. Man fordert in der Regel nur etwas erträglichere Maßnahmen oder moderatere Ausprägungen der Verhältnisse, ohne tiefgreifende und weitreichende Transformationspolitiken anzubringen und die Verhältnisse von Grund auf ändern zu wollen. Der Mietendeckel in Berlin bildet hier eine löbliche Ausnahme, da er tatsächlich die Verwertungslogik in ihrem Fundament angreift. Die neue SPD-Führung ist zudem spürbar sozialdemokratischer eingestellt als all die Nachwehen der Schröder-Ära. Diesen zaghaften Hoffnungsschimmer solle man in den linken Parteien weiter unterstützen. Die Grünen nähern sich der Union an und sind inzwischen Teil des gutbürgerlichen Milieus geworden. Mit Kretschmann haben sie sogar einen konservativen Ministerpräsidenten. Linkspartei und SPD wären daher gut beraten, sich intensiver um Gewerkschaften, Sozialverbände und andere außerparlamentarische Gruppierungen im linken Spektrum zu bemühen und offensiv und aktiv als deren parlamentarischer Arm zu agieren. Insbesondere die SPD hat hier Nachholbedarf und sollte sich auf ihre sozialistische Vergangenheit besinnen, anstatt mit Sozialpartnerschaft und staatstragendem Selbstmord ein Bild des Jammers abzugeben, welches im Zweifelsfall auch nur die Kapitalinteressen umformuliert durchdrückt. Dazu gehört auch, dass die Rhetorik schärfer wird und man nicht jedes Mal zu Kreuze kriecht, wenn Die Welt den Lenin am Tore wittert. Springer wird eh beschlagnahmt, da muss man doch jetzt nicht vor diesem Verlagshaus einknicken. Mit präventiver Anbiederung an das konservative Bürgertum kann man sich auch gleich auflösen, eine Partei ohne Rückgrat und Haltung braucht niemand. Mehr Mietendeckel, weniger Scholz, Gabriel und Seeheimer Kreis.

Eine neue Praxis muss her – transformatorische Politik entwickeln und umsetzen

 

Berlin macht es mit der verhinderten Google-Zentrale, #besetzen, dem Bürgerbegehren zur Enteignung von Deutsche Wohnen und Co und dem Mietendeckel vor.

Die Analyse der Verhältnisse im Kapitalismus, vor allem in der Krise, präsentiert sich makellos – gerade anitkapitalistische Theorie-Atzen und Marx-Pumperinnen können vom Elfenbeinturm herunter wieder den Kapitalismus nach allen Regeln der Kunst mit Wollust zerlegen. Alleine, die beste Analyse nützt nichts, wenn man daraus keine konkrete Praxis ableitet. Und diese ist notwendiger denn je. Wenn es um das Thema Antifaschismus geht, praktiziert man in der Linken eine Praxis, die sich an den gegebenen Notwendigkeiten orientiert: „Antifaschismus muss erfolgreich sein“, heißt es da. Dementsprechend sollte sich eine antifaschistische Praxis an dem orientieren, was Faschos das Ausleben ihrer Ideologie und weitergedacht den Faschismus an sich verunmöglicht. Der gleiche Grundsatz muss auch für eine linke Praxis im Umgang mit den kapitalistischen Verhältnissen gelten. Die Praxis muss in aller erster Linie erfolgreich sein und keine Selbstbepaßungsveranstaltung für Linke darstellen.

Es ist wichtig, sich als Linke vor Augen zu führen, dass transformatorische Politik funktionieren kann. In Berlin wird dies gerade mit einem anschaulichen Beispiel vorgemacht, welches aber nur einen Startpunkt darstellen kann. Die Mietpreiserhöhungen und die Gentrifizierung haben in der strukturschwachen Stadt voll zugeschlagen und ganze Stadtteile sozial radikal umgeschichtet. Die unteren Einkommensschichten mussten Reallohneinbußen, Verdrängung in Randbezirke oder kleinere Wohnungen, längere Arbeitswege und somit insgesamt eine schlechtere Lebensqualität hinnehmen. Hier haben linke Gruppen angesetzt und in Zusammenarbeit mit Hausbesetzungen und Mietinitiativen verstärkt auf Wohnraumpolitik gesetzt. Aus der Hausbesetzungsszene ist dann unter anderem die Kampagne #besetzen hervorgegangen, welche in mehreren Schwerpunktaktionen mehrere Immobilien gleichzeitig besetzte und versucht, diese leerstehenden Gebäude wieder zu bewohnen. Mit guter Pressearbeit und solidarischer Unterstützung Tausender vor den Besetzungen gegen die anrückende Polizei kam man nicht nur in die regionalen Zeitungen und konnte eine relativ breite Zustimmung gewinnen.

Die Zusammenarbeit der Hausbesetzungsszene, linker Gruppen und Stadtteilinitiativen kam dann bei den Protesten gegen eine Google-Zentrale in Berlin voll zum Tragen. Der als „Campus“ geframte Komplex sollte in Kreuzberg entstehen und Flächen nutzen, die man für alternative Nutzung und Wohnraum nutzen könnte. Außerdem wäre mit einer verschärften Gentrifizierung durch höhere Mieten und Grundstückspreise zu rechnen gewesen. Hier zog man nun eine breit angelegte Kampagne auf, welche mit Aktionen, Interventionen und Druck auf die örtliche Politik mit dazu beigetragen hat, dass die Zentrale von Seiten Googles abgesagt wurde. Der Erfolg der Wohnraumproteste zeigte sich auch bei der jährlichen Mietenstoppdemo, die innerhalb eines Jahres von 2.000 auf 20.000 Teilnehmende anwuchs. Über 200 Initiativen und Gruppen beteiligten sich, alleine der Block „Google Campus verhindern“ hatte mehr Leute als die gesamte Vorjahresdemo. Man hatte es also geschafft, eine gesellschaftliche Spannungslage nicht nur richtig zu erkennen, sondern sie aktiv mitzugestalten und zu nutzen.

Nach dem Erfolg gegen Google blieb man aber nicht untätig. #besetzen agierte weiterhin und einige Wochen nach der Absage Googles ging die Kampagne „Deutsche Wohnen und Co“ an den Start, welche einen doppelten Ansatz fuhr und fährt. Das Momentum der Wohnrauminitiativen und -proteste der letzten Jahre sollte nicht verpuffen und sich stattdessen weiter aktiv gestaltend in den Diskurs einbringen. Also warum nicht die günstige Situation nutzen und mit der Initiative weiter im Gespräch bleiben? Anstatt nur anti zu sein, stellte man hier ein eigenes Konzept vor, wie man Wohnraum vergesellschaften kann und wie man sich perspektivisch eine solidarische Wohnraumpolitik vorstellt. Dazu wählte man dann das Vehikel des Volksentscheids. Eine Initiative muss in Berlin unterschiedliche Hürden in Sachen Unterschriften nehmen, um anschließend als Entscheid auf Landesebene ein in den meisten Fällen für den Senat bindendes Wahlergebnis zu liefern. Erfolg hatte unter anderem die Initiative, die das Tempelhofer Flugfeld vollständig bebauungsfrei halten wollte. Mit dem Ziel eines Volksentscheids ist man automatisch gezwungen, eine PR-Kampagne zu fahren. Man bleibt also konstant im Gespräch, wenn man es richtig anstellt. Parallel kann man weitere Teile der Bevölkerung Berlins mit dem Anliegen des vergesellschafteten Wohnraums erreichen, erzwingt eine längere Debatte mindestens in der Stadt und in den Berliner Medien und kann im besten Fall mit einem juristisch gültigen Entscheid die Stadt zur Enteignung von Wohnraum zwingen. Aus linker Perspektive eine klare Win-Win-Situation.

Neben dem außerparlamentarischen Protest, der sich bei Demos auf der Straße, bei Hausbesetzungen oder großen Kampagnen zeigte, kam auch von parlamentarischer Seite Unterstützung. Die Landesregierung in Berlin hatte – maßgeblich auf Betreiben der Linkspartei mit dem Rückenwind des sichtbaren Unmuts über die Mietpreisentwicklung – einen weitreichenden Entwurf für einen Mietendeckel in die Koalition eingebracht, welcher dann in abgewandelter Form schließlich umgesetzt wurde. Aktuell entscheiden Gerichte darüber, ob dieses Gesetz in all seinen Belangen verfassungskonform ist, dennoch ist es der größte regulierende Eingriff in den Wohnungsmarkt seit Jahrzehnten. Und das im Sinne derjenigen, die in den Wohnungen leben. Ohne den Aktivismus auf der Straße und abseits des Parlaments hätte es dieses Gesetz vermutlich nie gegeben, so ist Berlin aktuell der bundesweite Hotspot um die zukünftige Ausrichtung der Wohnraumpolitik geworden. Die Linke hat in all ihren Facetten nicht nur reagiert, sondern ist aktiv zum Gestalten der Verhältnisse übergegangen. Und sollte damit Schule machen, wie man erfolgreich Politik betreiben kann, die in einem absehbaren Zeitraum reale Verbesserungen für die Menschen mit sich bringt und eine Transformation des real existierenden Kapitalismus hin zu einem möglichen Sozialismus darstellt.

Sozialdarwinistische Forderungen entlarven und die Überschneidungen mit der Logik des Kapitalismus aufzeigen

 

Sozialdarwinistische Forderungen haben gerade Hochkonjunktur. Diese als solche zu entlarven kann als wunderbarer Einstig in die gesellschaftliche Debatte an Hand der Gegenüberstellung „Pandemiebekämpfung vs. Kapitalismus retten/wissentlich Leute draufgehen lassen“ gesehen werden. Die Optionen liegen klar auf der Hand: Postkapitalistische Planwirtschaft vs. Leute für den Kapitalismus opfern. Die Logik des Kapitalismus beinhaltet in dessen Grundfesten das Konzept des Gewinnens. Dazu muss es aber auch Verlierer geben, der Kapitalismus belohnt egoistisches Vorgehen im Sinne des Eigennutzes. Damit ist man nicht sehr weit weg vom Recht der Stärkeren, die sich am Markt durchsetzen. Auch wenn die Formulierung als solche durchaus schwierige Implikationen hat, gibt das Wort „Raubtierkapitalismus“ diese Denkrichtung gut wieder. Kapitalismus und Sozialdarwinismus ergänzen sich ganz wunderbar. Diese ideologische Nähe sollte aufgegriffen und möglichst offensiv angegriffen werden. Die Abwägung bei der Pandemiebekämpfung ist für Stimmen aus der Wirtschaft ganz unmittelbar die Wahl zwischen Wirtschaftsleistung und Menschenleben. Dieser Diskurs muss durchbrochen werden. Stattdessen sollte eine Erweiterung auf die Option einer sozialistischen Planwirtschaft erfolgen: Sozialismus oder Donnerkuppel ist die Devise.

Talking Points setzen, um die Debatte um die Systemfrage in Gang zu bringen

 

Hierbei handelt es sich um einen ganz zentralen Punkt, auf den letztendlich alle Maßnahmen und Strategien hinauszulaufen haben. Wenn das hier mal was mit der befreiten Gesellschaft werden soll, dann muss das vom linken Szenetreff in eine möglichst breite, gesamtgesellschaftliche Debatte überführt werden – und wenn das heißt, dass sich Leute der Linken (auch der radikalen) zu Lanz oder Anne Will in die Sendung setzen, um das zu debattieren, dann soll es so sein (Genosse Kevin, looking in your general direction). Um die Debatte in Gang zu setzen, müssen Talking Points gesetzt werden, anhand welcher die öffentliche Debatte sich entfalten kann. Dazu eignen sicherlich die bereits erwähnten Widersprüche im Kapitalismus hervorragend, da sie gerade jetzt wieder offen zu Tage treten. Man kann den Leuten also ganz klar an Hand dieser Widersprüche aufzeigen, warum der Kapitalismus sich selbst eigentlich überlebt hat. Ja, Talking Points gehen in Richtung Schlagworte und Parolen, sie sind aber eine wichtige diskurstaktische Strategie, um diesen im eigenen Sinne zu beeinflussen und möglichst zu dominieren. Hier ein paar Ideen:

  • Der Kapitalismus hat fertig! Er ist ein System, in dem die Krise der Wertverwertung aufgrund seiner Tendenz zur Kapitalakkumulation, Blasenökonomie und notwendigen, krisenhaften Abstoßung von Überakkumulation, systemisch angelegt ist. Der Kapitalismus trägt die Krise quasi in sich. Ein System dass derart widersprüchlich ist, taugt nicht für die Zukunft.
  • Der Kapitalismus benötigt die Lohnarbeit zur Wertverwertung im Kapitalkreislauf. Gleichzeitig wird Lohnarbeit immer mehr mittels Automatisierung aus diesem Verwertungskreislauf herausrationalisiert. Menschen werden aus der Lohnarbeit herausgedrängt, während jene, die drin bleiben, immer länger arbeiten müssen. Das Kapital sägt quasi am eigenen Ast. Wer das ebenfalls widersprüchlich findet, hat’s verstanden.
  • Der Kapitalismus produziert keinen gesellschaftlichen Reichtum für Menschen, sondern deckt lediglich kapitalgedeckte Bedürfnisse. Ein solches System definiert Menschen, die nicht in der Lage sind, ihre Arbeitskraft zu verkaufen, und in der Konsequenz auch nicht in der Lage sind, ihre Bedürfnisse mit Kapital zu decken (also sich nichts kaufen können, weil sie kein Geld haben) als „überflüssig“. Wer hier einen Widerspruch zur Menschenwürde sieht, hat den Kapitalismus verstanden.
  • Ein Gesundheitssystem sollte dazu da sein, Menschen zu retten. Im Kapitalismus muss ein Gesundheitssystem sich aber in erster Linie rechnen. Noch während des Beginns der Corona-Krise wurde von Seiten des Gesundheitsministers darüber geredet, Krankenhäuser zu schließen. Die Corona-Krise zeigt eigentlich glasklar auf, dass ein Wirtschaftssystem, das die Ressourcenallokation (also die Verteilung der Ressourcen) dem Markt überlässt, nicht zukunftsträchtig ist.
  • Eine andere Form der Ökonomie und der Vergesellschaftung ist möglich. Es ist möglich eine Ökonomie aufzubauen, die auf den Prinzipien der Solidarität und der Wohlfahrt führ alle aufbaut.
  • JETZT ist die Stunde, in der Zukunftsforscher ihre Modelle der postkapitalistischen Gesellschaft zur buchstäblichen Rettung der Gesellschaft einbringen müssen.