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Merkel muss weg – über Sinnlosigkeit eines Slogans

Angela Merkel hat ihren Rückzug angekündigt. Sie wird nicht mehr als Parteichefin kandidieren und steht auch nicht für eine weitere Legislaturperiode zur Verfügung. 2021 ist also spätestens Schluss bei ihr, sofern nicht vorher schon Neuwahlen anstehen. Wirklich überraschend ist der Abschied nicht, eine weitere Legislaturperiode hätte sicher niemand erwartet. Einzig die Ankündigung, jetzt schon auf den Parteivorsitz zu verzichten kommt unerwartet. Andererseits gibt es nun drei Jahre, um die Nachfolge richtig aufzubauen. 
Mit dem Rückzug erfüllt sich eine Kernforderung der Rechten und Rechtsradikalen der letzten Jahre: „Merkel muss weg!“ Auf so ziemlich jeder Demonstration der Besorgten gab und gibt es lautstarkes „Merkel muss weg!“-Rufe zu vernehmen – sowohl von den RednerInnen auf der Bühne als auch aus dem Publikum. Insbesondere Pegida ist für diesen Slogan bekannt, da er jeden Montag durch die Straßen Dresdens gebrüllt wird. Dabei ist dieser Slogan an Dämlichkeit kaum zu überbieten. Er ist vielmehr ein Beweis für mangelnde politische Kompetenz, fehlendes Abstraktionsvermögen und die pure Unfähigkeit, komplexere Sachverhalte zu verstehen und zu analysieren. Was wird sich denn ändern, wenn Merkel weg ist? Werden die Kreisläufer in Dresden dann aufhören, die Innenstadt unsicher zu machen? Werden die Angriffe auf migrantische Personen abnehmen? Wohl kaum. 
Die Unfähigkeit zur Abstraktion lässt sich am besten in den Bildern erkennen, die online zu Tausenden geteilt werden. Gemeint sind die Art von Bildern, die Merkel (gerne mit antisemitischen Implikationen) als mörderisch, als Puppenspielerin etc. darstellen. Solche Bilder gibt es über vermutlich so ziemlich alle Führungspersonen von Staaten und sie unterscheiden sich oft nur im konkreten Aussehen der dargestellten Person. Die Struktur der Bilder bleibt gleich. Ob die Republikaner jetzt Obama oder Clinton mit einer Karikatur verunglimpfen, ist egal. George Soros nimmt inzwischen den Platz des verstorbenen Rockefellers in antisemitischen Bildern ein und man kann anhand des abgebildeten französischen Präsidenten genau den Erstellungszeitraum einer Karikatur bestimmen. Und auch in zehn Jahren werden diese Bilder genau so aussehen, nur eben mit anderen Gesichtern in der gleichen Szenerie.
Was nicht verstanden wirdist die Funktionsweise des politischen Betriebs und der sozioökonomischen Abläufe und Gesetzmäßigkeiten. Wer ernsthaft behauptet, die Flüchtlingssituation von 2014-16 hätte irgendwie den eigenen Wohlstand gefährdet, hat schlicht keine Ahnung. Hartz IV wurde nicht gesenkt, der Arbeitsmarkt war vorher schon prekär und mit Ausnahme von Einzelfällen haben Migration und Flucht nach Deutschland wirklich niemandem hier was weggenommen. Der Abbau der Sozialsysteme ist ein Trend, der seit den 80ern zu bemerken ist. Am wirtschaftlichen Wachstum Deutschlands profitieren vor allem die einkommensstarken Schichten. In den Einkommensschwachen gibt es seit 20 Jahren Reallohneinbußen und es sieht nicht so aus, als würde sich dieser Trend in den nächsten drei Jahren entscheidend ändern. Auch das politische System wird durch den Abgang Merkels nicht verändert. Unbestritten ist, dass man als Kanzlerin einen Einfluss auf die politische Ausrichtung hat. Aber wirklich strukturell wird sich nichts ändern. Vor allem nicht aus rechtsradikaler Sicht.
Mach es dir einfach
Wer auf einer AfD-Demo „Merkel muss weg!“ ruft und vom „Merkel-Regime“ fabuliertvereinfacht sich das Leben nur dadurch, dass man viele bis alle Probleme Angela Merkel (und ihrer Bagage) andichtet. Davor war es Schröder, danach wird es Merz/Kramp-Karrenbauer/Spahn sein. Ob das tatsächlich stimmt, ist für die eigene Befindlichkeit unerheblich. Man ist auch an keiner Analyse interessiert, denn dies würde Aufwand bedeuten. Man müsste sich informieren, man müsste die bisherigen eigenen Annahmen in Frage stellen und man müsste sich inhaltlicher Kritik stellen. Und sich möglicherweise eingestehen, falsch gelegen zu haben. Ganz oft ist es ja eben nur ein ungefähres Gefühl, welches man hat und welches dann auf Merkel gerichtet wird. Geht es um Details, wird es schnell schwammig und man trifft auf Abwehrmechanismen, die diesen Umstand überspielen sollen. Eine tatsächliche Analyse liegt nicht vor, also kann man auch keine konkreten Antworten erwarten. Man hat keine Antwort auf die Frage, was passieren sollwenn Merkel dann weg ist. Oder die ganze Bagage. Von Elitenbildung hat man keine Ahnung, vom Kapitalismus noch weniger. Also hangelt man sich von Person zu Person zu Person zu Person. Einige mag man, andere müssen weg. Aber man kann sich hier an etwas Konkretem orientieren und muss nicht auf abstrakte Muster, Strukturen und Verhältnisse achten.
Ein Blick auf das Personalkarussell der AfD zeigt eindrucksvoll, wie wenig konkrete Personen mit der Popularität der Partei zu tun haben. Der Abgang des wirtschaftsliberalen Flügels um Parteigründer Lucke mag zwar organisatorisch einige Arbeit verursacht haben, geschadet hat es der Partei nicht. Neben Lucke konnte man sich schon mit Frauke Petry anfreunden, die man danach zwei Jahre als Gallionsfigur durch die sozialen Netzwerke postete und inzwischen komplett vergessen hat. Ihr Rücktritt führte weder zu einer Spaltung der Partei noch zog sie großartig Stimmpotential ab. Und die AfD-Fanbase? Hat jetzt Alice Weidel bekommen, welche vor der Spitzenkandidatur zur Bundestagswahl öffentlich kaum in Erscheinung getreten ist. Damit steht die AfD kurioserweise überhaupt nicht in faschistischer Tradition der charismatischen Herrschaft nachMax Weber. Vielmehr scheint hier die Partei als Ganzes die nationalistische Fantasie zu beflügeln. Faiererweise muss hier aber auch gesagt werden, dass die rechtsradikalen Schwergewichte der Partei bisher noch nicht innerparteilich herausgedrängt wurden, mit Poggenburg als Ausnahme. Bystron und vor allem Gauland und Höcke prägen seit Langem den faschistischen Flügel der Partei. Dennoch waren bisher alle Personen ohne Stimmverluste austauschbar. 
Und was ist mit der Kritik?
Ähnlich stumpf wie der Slogan „Merkel muss weg“ ist allerdings auch die Häme der letzten Tage über genau jenen. Viel zu oft wurden Schenkelklopfer auf Mario Barth-Niveau von den Brechstangen des platten Humors, der Heute Show und etwas schwächer Extra3, geteilt. Der Tenor ist grob zusammenzufassen mit einem: „Merkel ist weg, die AfD/Pegida können sich auflösen.“ Hihi huhu haha. Was haben wir gelacht. Analyse der Verhältnisse? Fehlanzeige. Man bewegt sich auf demselben plakativen Niveau wie der Spruch selbst. Als ob es der „Merkel muss weg“-Menge wirklich nur um Merkel ginge. Nein, die wollen in der Regel schon den Systemumsturz, haben aber selten den Schneid, dies öffentlich zuzugeben. Oder können dies aufgrund der ganzen Begriffsverklärung in den „alternativen“ Medien eh nicht mehr, da Begriffe völlig ihrer ursprünglichen Bedeutung entfremdet und umgedeutet wurden. Man verkennt auch, warum die AfD so erfolgreich ist. Nicht weil Merkel Kanzlerin ist. Merkel ist nur die Projektionsfläche der autoritären Wünsche nach dem guten alten Deutschland, in dem alles noch seine Ordnung hatte und den Deutschen gehörte! 
Die AfD stellt nämlich genau diese Wünsche dar. Und zwar für eine breite Palette an Personen. Weidel, Meuthen und Pazderski bedienen diejenigen, die eher so auf die Adenauerzeit stehen und zwar den Krieg verloren hatten, dafür aber immer anständig geblieben sind. Höcke, Bystron und Gauland sind dann für die 33er zuständig, die irgendwas von nem semiabsolutistischem Staat nach Kaiserreichsmanier bis hin zum Vierten Reich wollen. Antisemitismusbeauftragter ist Gedeon, obwohl sich die gesamte Parteivom Ortsverband bis zum Bundesvorstand, da durch die Bank weg in irgendeiner Weise antisemitisch betätigt. Die infantilen Witze über das Ende von „Merkel muss weg“ würden selbst einem Fips Asmussen schlecht zu Gesicht stehen. Und verschleiern dabei die Gefährlichkeit der Partei und der Sehnsüchte, die sich tatsächlich hinter dem kollektiven „Merkel muss weg!“ von rechts verbergen. 

Schläge für Hip Hop

„Dies ist so was wie eine letzte Warnung
Denn unser Rückschlag ist längst in Planung
Wir fallen dort ein, wo ihr auffallt
Gebieten eurer braunen Scheiße endlich aufhalt
Denn was ihr sucht ist das Ende
Und was wir reichen sind geballte Fäuste und keine Hände
Euer Niedergang für immer
Und was wir hören werden ist euer Weinen und euer Gewimmer“

So geht der Refrain des Liedes „Adriano (letzte Warnung)“ aus dem Jahr 2001, gesungen wurde er von Xavier Naidoo. Vor 17 Jahren war die mörderische Naziplage in vollem Schwung und man träumte mancherorts nicht nur von national befreiten Zonen, man wollte sie gewalttätig umsetzen. Jetzt, 17 Jahre später, durfte Samy Deluxe ein MTV Unplugged für MTV aufnehmen und hat dort auch „Adriano“ performed – zusammen mit Torch, Afrob, Denyo (alle auch auf dem Original vertreten), Megaloh und eben Xavier Naidoo. Der Xavier Naidoo, der seit Jahren durch antisemitische Texte, Aussagen und Anspielungen auffällt (per Gerichtsentscheidung aber nicht ANTISEMIT genannt werden darf). Der Xavier Naidoo, der seit Jahren behauptet Deutschland sei ein besetztes Land und habe keinen Friedensvertrag, also die übliche Reichsbürgerklaviatur spielt. Der Xavier Naidoo, der auf Montagswahnwachen war. Der Xavier Naidoo, der an einem 3. Oktober 2014 auf einer durchaus stabil rechtsradikal besetzten Demo in Berlin vor NPD-Leuten und dergleichen redet. Der Naidoo, der einem Elsässer und dessen Compact-Magazin ein Interview gibt. Also nicht die Faust, sondern die Hand.

 

Und so ein Naidoo darf dann echt noch mal auf die Bühne und DIESEN Song performen? Dies ist einfach durch nichts, und zwar wirklich absolut gar nichts zu rechtfertigen. Wer auf Fotos mit Christoph Kastius zu sehen ist, der sich Artikel 20 Absatz 4 des Grundgesetzes berufend mit einer Axt in nem Arbeitsamt randaliert hat, der hat keine Bühne zu bekommen. Und es ist auch nicht so, als ob man das alles nicht hätte wissen können. Es war in allen großen Zeitungen und sein öffentlicher Abstieg (oder zu sich selbst finden, who knows) geht ja nun auch schon zehn Jahre. Die traurige Wahrheit ist, dass man es gar nicht wissen will. Ein Samy Deluxe, der Songs wie „Mimimi“ rausbringt oder gerade erst „Aber“ von Eko Fresh produziert hat fragt diesen rechtslastigen Typen an, mit ihm zu performen? Ein Torch oder ein Denyo machen bei so was mit? Ein Megaloh stimmt zu, obwohl er sich doch sonst nicht scheut in Sachen Rassismus und Rechts die Fresse aufzureißen? Hip Hop, du hast ein Problem.

I used to love H.E.R.

 

Soweit keine Neuigkeit, die negativen Aspekte des Genres werden seit Jahr und Tag beleuchtet und auseinandergenommen, so wie bei jeder Mucke aus der Unterschicht üblich. Dabei hat Hip Hop neben allen positiven Geschichten auch schon immer negative Werte und Ereignisse mit sich rumgeschleppt. Hip Hop ist der hohen Textdichte im Beschreiben von Zuständen gut bis hervorragend, in der Analyse versagt er mit ziemlicher Sicherheit immer – sofern überhaupt eine versucht wird. Auch der Umgang war schon immer ein fragwürdiger. Afrika Bambaataa, Gründer und Führer der Zulu Nation, hat über Jahrzehnte Minderjährige missbraucht. Wurde er deshalb in der Szene geächtet? Hell no. Man wanzt sich an fundamentalistische Gruppierungen wie die Five Percenters und die Nation of Islam an? Kein Problem. Common darf sagen, dass es ihn stört wenn er ein schwarz-weißes Pärchen auf der Straße sieht? Egal. Frauen werden richtungsübergreifend eher nicht wirklich bis gar nicht als gleichgestellt betrachtet und zieren bis heute als Eye Candy so ziemlich jedes Video, in dem sie dann am besten auch nur als Fickobjekt berappt werden. Und so weiter und so fort.

Auch die deutsche Szene ist voll von untergenehmen Gestalten, denen man sowohl in der Szene als auch außerhalb wirklich zu viele Sachen durchgehen lässt. Nehmen wir nur mal KC Rebell mit seinem Track „Anhörung“. Darin präsentiert er volle Kanne ein konservatives bis reaktionäres Weltbild, welches sich auf Ehre und Patriarchat stützt, gewürzt mit Nationalismus und ähnlichen Zutaten. Rappen kann er zwar, aber wenn er diesen Track wirklich ernst meint – davon ist mangels ironischer Brechung auszugehen – dann ist er mit solchen Ansichten in der CSU gut aufgehoben. Generell „Ehre“, „Familie“ und „Männlichkeit“. Nahezu alle Releases sind von einer patriarchalen Weltsicht geprägt, man führe sich nur mal ganzen Liebesbekundungen an die jeweils eigene Mutter an, die Vorstellung der perfekten Freundin, die man vor der harten Welt da draußen beschützen muss und die Einteilung in heilige und Hure.

King of Wack

 

Das große Problem mit Antisemitismus wurde ja in den letzten Monaten schon sehr publik angerissen. Seien es nur ein Massiv, der munter antisemitische Verschwörungstheorien teilt, ein Bushido, der seit Ewigkeiten eine Karte ohne Israel als Twitterbild hat und auch nicht unbedingt solidarisches Umfeld bekannt war, sei es PA Sports, der keinen Antisemitismus im deutschen Rap erkennen kann, seien es Kollegah und Farid Bang, wobei vor allem Kolle in regelmäßigen Abständen ein geschlossen antisemitisches Weltbild offenbart. Und die Liste geht ewig weiter.

 

Auch die Jungs von Trailerpark sind keine kleinen Jungs mehr und sind auf Tour und privat wohl wirklich so drauf und unterwegs, wie es die Texte suggerieren. Nach allem was man hört ist das wirklich unterste Schublade und gerne sehr hart frauenverachtend. Auch hört man immer mal wieder gerüchteweise von der Vorliebe einer Rapper für besonders junge Groupies. Am bekanntesten dürfte der Vorwurf von Bushido gegen Kay One in seinem Disstrack sein. Konsequenzen deswegen? Fehlanzeige. Selbst in der Juice wurde das mal in einer Kolumne angerissen, die Vorliebe für Mädchen. Namen hat man aber nicht genannt, die Eier fehlen dann wieder. Money Boy haut ein Video raus, in dem er ein völlig druffes Mädel im Arm hat, sie begrabscht und dann ungefragt ins Netz stellt? Muss man bei Noisey was zu lesen, die Hip Hop-Medien bringen dazu nichts. Aber mit Sachen wie Konsens hat man es im Hip Hop ja generell eher nicht so.

Und so geht das alles immer munter weiter, wirklich kritische Stimmen aus dem Rap selber gibt es vergleichsweise wenig. Einige Acts scheißen natürlich drauf und der allgemeine Popularitätsanstieg von Hip Hop bringt dann auch mal die Antilopen Gang auf Platz 1 oder Waving the Guns in die Charts. Aber wirklich wird nicht drüber geredet: Wären die meisten Rapacts nicht mit Schimpfwörtern unterwegs, für die Straße am Start und/oder mit Migrationshintergrund, sie würden hervorragend in die Union passen, mit dem Frauenbild gerne auch mal in die AfD. Afrob hat ja sogar schon mal für die CDU Wahlkampf gemacht und Eko Fresh Merkel verteidigt. Würde man Cannabis legalisieren, es gäbe eigentlich keinen Grund nicht direkt zur Union zur gehen.

Blame the media

 

Einige Formate bemühen sich um einen etwas kritischeren Umgang. Die Juice wurde schon angesprochen, wobei die sich auch immer wieder nur mit Einzelbeiträgen bzw. Kolumnen zu Wort meldet und auch nicht wirklich komplett auspackt was man dort weiß. Die Community und die Geschäftsgrundlage sind dann wohl doch wichtiger. Auf rap.de müht man sich auch immer wieder, die Texte lassen manchmal aber an konkreten Fachwissen zu den kritisierten Themen missen. Auch Visa Vie bemüht sich immer wieder um Kritik, ebenso Falk Schacht und Marcus Staigeer. Es gibt auch andere Formate, aber die werden innerhalb der Szene kaum wahrgenommen. Ficko und Form sind hier zu nennen, werden aber kaum den üblichen Capital Bra-Fan erreichen.

 

Völlig versagen hingegen Seiten wie Hip Hop.de mit diesen elendig kelbigen Videos von und mit Rooz, bei denen einfach alles abgesegnet wird. Und diese ganzen Boulvardklitschen sollen hier erst gar nicht erwähnt werden. Tatsache ist, dass man nicht den Mut hat sich einzugestehen, dass Unity und Hip Hop-Community als Maßstäbe nicht funktionieren und viele Rapacts schlichtweg konservativ und manchmal auch reaktionär sind. Und dann wird dann eben eine Person wie Xavier Naidoo für einen Song auf die Bühne geholt, der gegen ihn selbst gerichtet ist. Konsequent ist was anderes und es wirklich eine persönliche Enttäuschung, dass die das alle mitgemacht haben. Vor allem von Megaloh und in Anbetracht von dessen Part. Neben dir steht da gerade eine Person, die mit Rechtsradikalen klüngelt, Rechtsradikalen Interviews gibt und rechte Verschwörungstheorien verbreitet! So radikal und krass man immer tut, so eine Kartoffel ist man dann im Umgang mit Leuten wie Naidoo. Auch bei den großen Hip Hop-Medien findet sich nicht ein kritisches Wort zu diesem Vorfall. Da versagt dann der szeneinterne Journalismus auf ganzer Länge. Daher: Schläge für Hip Hop.

Aufruf zum Protest gegen den Al Quds-Marsch am 09.06.

Samstag – 09. Juni 2018 – 12:00 – U-Bhf Wilmersdorfer Straße/Kantstraße

Am 09. Juni findet erneut der Al Quds-Marsch im Westen Berlins statt. Der Marsch geht zurück auf einen Aufruf des islamistischen, antisemitischen und frauenverachtenden Mullahregimes im Iran aus dem Jahr 1979. Seit Jahrzehnten gehen jährlich von irantreuen Organisationen gesteuert Personen auf die Straße. In Deutschland gibt es enge Verbindungen zur islamistischen Hisbollah, teilweise gab es die Auflage deren Fahnen nicht zu zeigen. Letztes Jahr zogen an die 1000 antisemitisch eingestellte Personen über den Kurfürstendamm, vorbei an der jüdischen Gemeinde dort. Auf einer Zwischenkundgebung am Breitscheidplatz wurde die wahnhafte Position vertreten, dass der Terrorist Anis Amri von den USA, Israel und dem Westen gesteuert worden und der Anschlag mit 17 Toten daher deren Schuld sei. Der klar islamistische Hintergrund wurde geleugnet. Teilgenommen haben unter anderem notorische Antisemiten wie Martin Lejeune oder Usama Zimmermann, diverse Islamisten waren zugegen, Personen kleideten sich im Stil von Hamasterroristen.

 

Berlins Bürgermeister Müller hatte eigentlich vor Monaten angekündigt den Al Quds-Marsch dieses Jahr zu untersagen. Warum dies nicht passiert ist schleierhaft, ein deutliches Signal gegen eine solche höchstantisemitische Veranstaltung wäre in diesen Zeiten dringend notwendig. In den letzten Monaten sind diverse antisemitische Verfälle publik geworden. Am bekanntesten dürfte der Angriff im Prenzlauer Berg sein, als eine Person mit Kippa auf offener Straße angegriffen wurde. Ende letzten Jahres wurde der Besitzer eines jüdischen Restaurants in Berlin minutenlang von einem Mann antisemitisch beleidigt. Beide Videos fanden weite Verbreitung in den sozialen Medien und führten zu öffentlichen Debatten. Die Ankündigung der USA ihre Botschaft von Tel Aviv in die israelische Hauptstadt West-Jerusalem zu verlegen resultierte in antisemitischen Demonstrationen, bei denen teilweise tausende Personen auf die Straße gingen. Dabei wurden auch die Flaggen der PFLP, der Hezbollah, des Irans, der Türkei und der Hamas gezeigt. An diesen Demonstrationen war auch die Neuköllner Gruppe Jugendwiderstand beteiligt. Unter anderem wurden jüdische Personen am Brandenburger Tor bei der Einweihung des Hanukkah-Leuchters beschimpft. Der Jugendwiderstand zeigt sich auch für mehrere Angriffe auf Personen mit Davidstern verantwortlich. Erst am vergangenen Samstag wurde Jugendliche für das Hören von israelischer Musik antisemitisch beleidigt und angegriffen, sie mussten teilweise im Krankenhaus versorgt werden.

 

Die Zahl der antisemitischen Vorfälle ist in den letzten Jahren wieder angestiegen und wie bereits geschrieben kommt es dabei auch zu körperlichen Angriffen auf jüdische Personen – oder solche, die als jüdisch oder auch nur solidarisch mit dem Staat Israel gesehen werden. Seit dem Holocaust hat sich der Antisemitismus hier in Deutschland von einem offenen Judenhass in eine codierte Version in Form der angeblichen Ablehnung von Israel und israelsolidarischen Personen gewandelt. Antisemitismus wird sehr häufig als Rassismus gegen Juden verstanden und mit diesem Trick meint man dann dem Label „Antisemitismus“ entgehen zu können. Dabei ist Antisemitismus im Gegensatz zum Rassismus eine wahnhafte und geschlossene Welterklärung. Diese kann auch rassistische Elemente enthalten. Vor allem unter den Nationalsozialisten mit ihrem Rassenwahn wurde die Vernichtung der jüdischen Rasse quasiwissenschaftlich zu begründen versucht. Antisemitismus beruht auf verschwörungstheoretischen Zuschreibungen auf „die Juden“. Klassische Elemente sind die Steuerung der Welt durch geheime Mächte, ein parasitäres und zersetzendes Verhalten, Geld- und Machtgier, Hinterlistigkeit, Verschlagenheit und das Vergiften der Gesellschaft. Der Staat Israel hat für viele Personen die gleichen Eigenschaften, die man im klassischen Antisemitismus den Juden zugeschrieben hat. Vieles von dem, was unter Israelkritik firmiert, ist klassischer Antisemitismus. Es werden einfach die Juden durch den Staat Israel ersetzt und das Ganze dann „Antizionismus“ genannt.

 

Aus antifaschistischer Sicht ist ein Protest gegen den Al Quds-Marsch zwingend notwendig. Antisemitismus ist nichts, was man tatenlos auf offener Straße durch Berlin ziehen lassen kann. Wohin Antisemitismus im schlimmstmöglichen Fall führen kann ist uns allen bekannt – die Shoa bzw. der Holocaust. Das alltägliche Leben für jüdische Personen in Deutschland ist immer noch von Diskriminierungen, Beleidigungen und Angriffen geprägt, ein Blick in die Liste dokumentierter Vorfälle der Recherchestelle Antisemitismus (https://report-antisemitism.de/#/public) verdeutlicht dies neben den schon genannten Ereignissen eindringlich. Speziell in Deutschland ist es eine historische Verantwortung sich gegen jede Form des Antisemitismus zu stellen – egal von wem er geäußert wird. Der Al Quds-Marsch selbst ist ein islamistischer Aufmarsch, der nicht nur antisemitisch ist. Da er direkte Verbindungen zum islamistischen Mullahregime des Irans aufweist, ist er frauenfeindlich, antiliberal und homophob. Alles sehr gute Gründe um dagegen auf die Straße zu gehen. Daher rufen wir zum Protest gegen den Al Quds-Marsch in Berlin am 9.6.2018 auf. Wir sehen uns auf der Straße.

 

Demobericht „Nazis mattsetzen“ – Erfurt 01.05.2018

Für den gestrigen Dienstag hatte sich die NPD in Erfurt angekündigt. Zum Tag der Arbeit wollte man an den nationalsozialistischen Vereinnahmungsversuch des klassisch linken Arbeitskampftages anknüpfen. 12 Uhr war offiziell als Startzeitpunkt angegeben. Der Gegenprotest sammelte sich früher, um 10 begann eine Demonstration des DGB, die dann gegen 11 zum offiziellen Gegenprotest dazustieß. Rund um die Naziroute waren angemeldete Kundgebungen platziert, somit gab es immer Anlaufpunkte im Zielgebiet.

Während die Gegendemo pünktlich an Hauptbahnhof ankam, gab es bei den Nazis Verspätungen. Das Problem: Es gab zu wenig Ordner und so musste Sebastian Schmidtke tatsächlich auf der Bühne nach Leuten ohne Vorstrafen fragen, andernfalls hätte die Demonstration nicht starten können. In der Zwischenzeit versuchten diverse Kleingruppen auf die Strecke zu kommen und diese zu blockieren, die überschaubare Straßenbreite und -anzahl entlang der Route ermöglichte es der Polizei jedoch, relativ problemfrei dies frühzeitig zu unterbinden.

Vom Gegenprotest lösten sich viele Personen und versuchten, über den Stadtpark auf die Route zu kommen. Die Polizei blockierte daraufhin den Protrest und kesselte ihn effektiv in Richtung der Nazis ab. Die abgeflossenen Gruppen wurden teilweise mit Pfefferspray und Knüppel angegriffen, es gab einige Verletzte. Diese mussten zum Teil ins Krankenhaus und auch die Polizei sah sich genötigt entgegen der sonst üblichen Kommunikation offiziell von Verletzten Demonstrierenden zu schreiben. Es wurde auch eine zivile Person verletzt.

Mit etwas Verzögerung konnte die NPD-Demo dann starten. Zu sehen gab es das übliche Spektrum aus JN, Kameradschaftsstrukturen und Parteikadern. Auch die Sektion Nordland aus Hamburg war wieder vertreten, ebenso ein paar autonome Nationalisten. Inhaltlich gab es auch keine großen Überraschungen, jedoch war es wieder erstaunlich wie offen man zu den eigenen Ansichten stand. So gab es mit „Antisemiten kann man nicht verbieten!“ und „Nie nie nie wieder Israel!“ ein ganz offenes Bekenntnis zum antisemitischen Vernichtungswahn. Auch die von der Identitären Bewegung popularisierte Parole „Jugend, Europa, Reconquista“ gab es in der Abwandlung „Jugend, Europa, Widerstand“ zu hören.

Der Gegenprotest durfte dann irgendwann zum Kundgebungsort am südlichen Ende der Naziroute, auch hier gab es einige Ausreiß- und Blockadeversuche, die Polizei konnte aber alle unterbinden. Den meisten Teil der Strecke konnten Nazis ohne Gegenprotest laufen, eine Blockade mit ca 20 Leuten wurden schnell geräumt. Zum Schluss schafften es noch einige Aktivist*innen auf die Nordseite des Bahnhofs, der Hauptteil des Gegenprotestes wurde aber auf der Südseite am direkten Gegenprotest gehindert. Insgesamt gab es zwei Ingewahrsamnahmen, die NPD konnte relativ ungestört die Route ablaufen.

Kommentar zur Doku über Antisemitismus im deutschen Hip Hop

Der WDR hat eine Dokumentation über Antisemitismus im deutschen Hip Hop produziert, welche am Mittwoch dem 28.03. ausgestrahlt wurde. Vorweg gleich eine Entwarnung: Es hätte schlimmer kommen können. Dokumentationen über Themen, bei denen man über viel Fachkenntnis verfügen muss und dann auch noch eine Subkultur mit spezifischen Codes beleuchtet kann ein ziemlicher Griff ins Klo werden. Dies ist hier nicht der Fall, auch wenn einige Kritikpunkte angebracht werden müssen. Die Dokumentation baut auf Interviews mit vielen Personen auf und greift sich zudem einige konkrete Tracks und Textbeispiele raus, an denen dann antisemitische Muster erklärt werden. Als Künstler sind PA Sports und Koljah von der Antilopengang vertreten, dazu kommen Journalisten wie Marc Leopoldseder, Jugendliche, Beschäftigte im Hip Hop-Buisness und Expert*innen zum Thema Antisemitismus. Unterschiedlichste Positionen und Ansätze sind also vertreten.

Der Hauptkritikpunkt ist ganz klar, dass keine kompakte Erklärung von Antisemitismus vorgenommen wird. Immer wieder werden einzelne Beispiele von zum Beispiel Kollegah genommen und antisemitische Muster an ihnen aufgezeigt. Nur fehlt dazu eine einleitende Definition von Antisemitismus. Denn Antisemitismus ist nicht einfach nur Rassismus gegen Juden, es ist nicht der Hass auf die jüdische Religion. Antisemitismus enthält rassistische Elemente, ist aber kein Rassismus. Antisemitismus ist eine Wahnvorstellung, die auch ohne Juden funktioniert. Hier wäre das prominente Beispiel Rockefeller zu nennen, um den sich eine Unmenge an antisemitischem Wahn entfachte, zuletzt wieder bei seinem Tod ersichtlich. Es fehlt ein bündige Aufzählung klassischer antisemitischer Stereotype und dann die einfache Feststellung, dass eine Aussage antisemitisch ist, wenn sie bestimmte Eigenschaften erfüllt.

So kann sich ein PA Sports dann auch immer wieder rechtfertigen und rausreden – und dabei dann auch noch antisemitische Stereotype als Rechtfertigung bringen. Ohne jeglichen Kommentar darf er behaupten, dass Juden die ganze Wirtschaft kontrollieren würden und unendlich reich wären. Hier erfolgt keine Gegenüberstellung oder Einordnung der Aussage, was ein klarer handwerklicher Fehler ist. Zudem stellt er dann auch noch die Option der Moslems als neue Juden dar. Was sich in dem Kontext schlicht als Lüge erweist, immerhin sind Staaten am arabischen Golf für ihren Ölreichtum bekannt. Es gibt diverse muslimische Superreiche und diese sind nicht das Ziel von Verschwörungswahn. Genrell zeugen die Aussagen von PA Sports von einem gefestigten antisemitischen Weltbild.

Weitere wichtige Punkte kommen zur Sprache, werden wie im Fall des israelischen Staates auch kurz mit einer Einordnung in den antisemitischen Kontext versehen. Wie der Staat Israel im deutschen Hip Hop mehrheitlich gesehen wird ist klar antisemitisch. Überraschend ist dies nicht, kommen doch viele Protagonisten aus einem arabischen Background, in dem offener Antisemitismus stärker auftritt als zum Beispiel in Deutschland. Zu wenig wird hingegen die verschwörungstheoretische Seite des Hip Hop beleuchtet. Zwar gibt es detailliertere Ausführungen zu Texten von Kollegah, ein prominenter Hinweis auf grassierende Wahntheorien im Rap fehlt allerdings. Diese sind meistens antisemitisch konnotiert.

Aber die Doku hat nur knapp 45 Minuten und dafür greift sie viele Themen ab und zeigt Problemfelder auf. Damit wird sie den gerade aktuellen Diskurs um Antisemitismus im Hip Hop neuen Diskussionsstoff liefern. Diese Auseinandersetzung ist zwingend notwendig, fallen doch diverse Rapper immer wieder mit kruden und teilweise gefährlichen Aussagen und Texten jenseits des Battlekontextes auf. So wird durch Personen wie KC Rebell ein ganz klar patriarchales Männlichkeitsbild vertreten, Kollegah übt Zinskritik und leugnet die Evolutionstheorie und auch Leute wie Kool Savas oder Prinz Pi sind in ihren politischen und gesellschaftskritischen Aussagen oft auf Abwegen.

 

https://www1.wdr.de/mediathek/video/sendungen/die-story/video-die-dunkle-seite-des-deutschen-rap-100.html

Gedenkdemo am 09.11.2017 in Berlin-Moabit + BDS am Potsdamer Platz

In Berlin-Moabit haben heute etwa 500 Menschen an einer antifaschistischen Gedenkdemo zum Jahrestag der Novemberpogrome teilgenommen. Nach eine Eröffnungskundgebung an der Gedenkstätte Levetzowstraße, wo eine der größten Synagogen Berlins stand, ging es über die Beusselstraße zu einer Zwischenkundgebung am ehemaligen Judenhaus in der Turmstraße 9 und von dort zum Endpunkt am ehemaligen Deportationsbahnhof Moabit, heute S-Bhf Westhafen.

Bei der Auftaktkundgebung wurde Klezmermusik dargeboten, es gab Redebeiträge von einem Holocaustüberlebenden und den VVN-DBA Berlin. Später hatte unter anderem die Gruppe Andere Zustände Ermöglichen einen Redebeitrag. Es wurde die Zerstörungswut der Novemberpogrome geschildert und anschaulich an den Kundgebungsorten dargelegt. Der Deportationsbahnhof war frei einsehbar und die zu Deportierenden wurden entweder per Laster gebracht oder zu Fuß über die Straße getrieben.

Die Demonstration wurde immer wieder von der Seite angepöbelt, für die Störungen zeigten sich palästinensische Nationalist*innen verantwortlich. In den Redebeiträgen wurde über den israelbezogenen Antisemitismus aufgeklärt, der sich leider in einigen linken Strömungen wiederfindet. Zudem wurde auf die aktuelle Gefährdung der Gesellschaft sowie des Andenkens und der Aufklärung über die NS-Verbrechen durch völkisch-resktionäre Gruppierungen, hauptsächlich der AfD, hingewiesen.

Weitere Bilder von PM Cheung

In Berlin gab es weitere Demonstrationen und Veranstaltungen zu den Novemberpogromen. So veranstaltete die Antifa Oranienburg eine Demonstration in Berlin-Orianenburg und in der Hufeisensiedlung in Britz wurde gegen die dortige Naziterrorserie und für die in den letzten Tagen gestohlenen Stolpersteine demonstriert. Der antisemitische BDS, der leider in einige linke Spektren anschlussfähig ist, hatte ab 15 Uhr am Potsdamer Platz eine Veranstaltung zur Delegitimierung Israels angemeldet. Am Jahrestag der Novemberpogrome. Unter dem Aufhänger des Mauerfalls wurde hier antisemitische Agitation versucht. Mehr als 20 Personen fanden sich aber nicht ein und es gab kaum Außenwirkung.